
Aktenvermerk Penicillinallergie neu abklären!

Ein Patient mit einer Penicillinallergie lässt sich häufig nicht mehr optimal antibakteriell therapieren oder entwickelt unter Alternativantibiotika Komplikationen, schreiben Experten des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach Sichtung von Literatur und Leitlinien. So zeigen z.B. Penicillinallergische eine um ca. 14 % erhöhte Prävalenzrate für eine MRSA-Infektion.
Außerdem muss bei Verordnung von Alternativantibiotika mit deutlich mehr Nebenwirkungen und Rehospitalisierungen gerechnet werden – eine Studie ergab ein adjustiertes Risiko von immerhin 3,18. Für (angebliche) Betalaktamallergiker, die dennoch damit behandelt wurden, war die Rate hingegen nicht erhöht.
Zusätzlich steht der Verdacht im Raum, dass die Verordnung von Cephalosporinen und/oder Fluorchinolonen die Häufigkeit von Clostridium-difficile-Infektionen erhöht. Und nicht zuletzt gibt es schwere Verläufe wie z.B. eine Bakteriämie mit Staphylococcus aureus, bei denen Ersatzantibiotika im Vergleich zu Penicillinen weniger gut greifen.
Das alles sind triftige Argumente, den Krankenaktenvermerk „Penicillinallergie“ kritisch zu hinterfragen. Nicht selten steckt hinter dem Eintrag lediglich eine anamnestische Auskunft des Patienten aus früheren Zeiten. Dass dabei nicht immer akkurat diagnostiziert wird, weiß jeder Kollege.
So muss bei Exanthemen in der Kindheit, die im Zusammenhang mit einer Penicillineinnahme aufgetreten sind, immer auch an die Differenzialdiagnose Virusexanthem gedacht werden. Und bei der im Jugendalter typischen infektiösen Mononukleose können nach Ampicillin oder Amoxicillin Exantheme auftreten. Dahinter steckt manchmal dann tatsächlich eine IgE-vermittelte Penicillinallergie oder -unverträglichkeit, in der Regel ist dies aber nicht der Fall und die Antibiotika werden später problemlos vertragen.
Weiterhin ist kritisch zu hinterfragen, ob sich die Allergie gegen alle Penicilline richtet oder nur gegen Derivate der 6-Aminopenicillansäure mit sensibilisierenden Seitenketten, wie sie z.B. bei Amoxicillin oder Ampicillin vorkommen. Meist sind es nämlich die Seitenketten, die die IgE-mediierten Soforttypreaktionen hervorrufen. Kreuzreaktionen mit Cephalosporinen der zweiten oder dritten Generation, die die gleichen Seitenketten tragen, sind laut neueren Studien allerdings selten. Auch in diesen Fällen wäre eine konkrete Testung wünschenswert, um den Patienten im Bedarfsfall optimal antibiotisch versorgen zu können.
Hauttests haben negativen prädiktiven Wert von 97–99 %
Die allergologische Abklärung umfasst neben der Anamnese die Hauttestung und die Bestimmung des spezifischen IgE sowie ggf. die Provokation. Bereits die Hauttests sind mit einem negativen prädiktiven Wert von 97–99 % sowie einer 70%igen Sensitivität und einer 97%igen Spezifität gut für die Allergiedokumentation geeignet, die Testungen gelten als sicher.
Ein Restrisiko, dass Personen mit negativem Hauttest trotzdem auf ein Penicillin reagieren, bleibt allerdings. In den meisten Studien liegt es zwischen 0 und 3 %, in einer Untersuchung reagierten 11 % der Hauttestnegativen – Raten, die jedoch auch in der Allgemeinbevölkerung zu finden sind. In maximaler Ausprägung kann es also auch in diesen Fällen zu einer Anaphylaxie kommen. Daher immer dran denken: Bei allergischen Beschwerden das Präparat sofort absetzen und symptomadäquat z.B. mit Antihistaminika, Kortikoiden oder Adrenalin behandeln.
Quelle: Sachs B et al. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 2018; 372: 4-9
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).