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Zwei Studien zu Behandlungsstrategien in der Diskussion

Die Behandlung rheumatischer Erkrankungen ist ein wahrer Balanceakt. Zum einen muss die Erkrankung effektiv gebremst werden, zum anderen limitiert eine weite Palette an unerwünschten Wirkungen die Therapie. Aus diesem Dilemma sollen insbesondere zwei Strategien helfen.
Beim Therapeutischen Drug Monitoring (TDM) unter Biologikatherapie misst man sowohl deren Serumspiegel als auch die durch Infliximab & Co. häufig induzierten Antikörper (ADA) und passt die Dosierung des Biologikums entsprechend an. Bisher konnte dieser Ansatz nicht überzeugen.
TDM besserte Remissionsrate nicht signifikant
Nun wurde das TDM erneut unter die Lupe genommen, und zwar von einer Arbeitsgruppe um Dr. Silje Watterdal Syversen von der Division of Rheumatology and Research am Diakonhjemmet Hospital in Oslo. Sie schloss in die NOR-DRUM-Studie 411 Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), Psoriasisarthritis, M. Bechterew, Psoriasis oder chronisch-entzündlicher Darmerkrankung ein. Die eine Hälfte startete die Behandlung mit Infliximab standardmäßig, die andere nach TDM. Primärer Endpunkt war die klinische Remission nach 30 Wochen. Ihn erreichten 50,5 % der TDM-Patienten und 53 % der herkömmlich Behandelten. Der Unterschied war statistisch nicht signifikant.
Für die Norweger ein klares Ergebnis: Der routinemäßige Einsatz des TDM bei der Induktionstherapie mit Infliximab bessert die Remissionsrate nicht. Doch ganz so klar ist die Sache nicht, kommentieren Dr. Jeffrey Curtis von der University of Alabama, Birmingham, und Kollegen. Es gibt verschiedene Erklärungen, warum das TDM in dieser Studie nicht besser abschnitt als das Standardprozedere. Zum einen variieren Metabolismus, optimale Wirkspiegel und die Bildung störender Antikörper ganz erheblich, und zwar sowohl zwischen den verschiedenen Krankheitsbildern als auch interindividuell. Zudem sind bei all den Krankheitsbildern die Remissionen verschieden definiert, und womöglich reagieren diese unterschiedlich auf die Dosisanpassungen unter TDM. Außerdem weiß man nicht, ob die publizierten therapeutischen Wirkspiegel von Infliximab für alle Patienten galten. Last but not least unterschieden sich in dieser Studie die Sensitivitäten der ADA-Bestimmungsmethoden erheblich.
Auf jeden Fall aber unterstreicht NOR-DRUM, dass sich in einer gemischten Krankheitsgruppe TDM in einer initialen Induktionstherapie nicht eignet, bestätigen die Kommentatoren ihre norwegischen Kollegen. Bestimmte Gruppen könnten ihrer Meinung nach aber durchaus vom TDM profitieren. Dazu gehören RA-Patienten, Patienten, die keine immunsuppressive Begleitmedikation erhalten oder gegen andere monoklonale Antikörper ADAs entwickelt haben sowie diejenigen, deren Response im Therapieverlauf absinkt. Zudem fokussierte die norwegische Studie auf die Induktionstherapie. Ganz anders könnten die Ergebnisse aussehen, wenn man TDM in der Erhaltungstherapie mit Infliximab prüfen würde.
Auch die Ergebnisse der zweiten, ebenfalls aus Norwegen stammende Untersuchung (ARCTIC REWIND) sehen die Editorialisten weniger negativ als deren leitende Autorin Dr. Siri Lillegraven von der gleichen Abteilung wie Dr. Syversen und ihre Kollegen.
Mehr Schübe bei halber Dosis
Geprüft wurde, wie sich bei 160 RA-Patienten in Remission (und ohne Biologikatherapie) eine Dosisreduktion konventioneller synthetischer DMARDs auswirkt. Die Hälfte der Teilnehmer blieb auf gleichbleibender Dosis, die anderen erhielten die Hälfte. Primärer Endpunkt war ein Krankheitsschub innerhalb von zwölf Monaten.
Im Gegensatz zum Kollektiv mit stabiler Dosierung entwickelten die Patienten unter reduzierter Medikation signifikant mehr Schübe (19 vs. 5 rsp. 25 % vs. 6 %). Als Grenze für Nichtunterlegenheit definierten die Autoren eine 20%ige Differenz, die nicht erreicht wurde. Die sekundären Endpunkte wie Ultraschallergebnisse, Fatigue oder Funktion unterschieden sich in beiden Formationen nicht. Klarer Fall auch für diese Forscher: Die Ergebnisse unterstützen eine Behandlung mit halbierter Dosis nicht.
Schübe unter Dosisreduktion fielen eher mild aus
Hier lohnt aber ebenfalls ein zweiter Blick, schreiben die amerikanischen Kommentatoren. Immerhin blieben 75 % der Patienten unter halber Dosis in Remission. Und die Schübe, die sie erlitten, waren relativ mild, durch Steigerung der Dosis ließ sich eine Remission schnell wieder induzieren. Unerwünschte Wirkungen betrafen weniger Teilnehmer in der Reduktionsgruppe (n= 54 vs. 75).
ARCTIC REWIND unterstützt damit sicher keine generelle Dosissenkung bei RA-Patienten in Remission, folgern die Experten. Die Daten helfen aber dabei, wenn diese aus diversen Gründen erwogen wird, beispielsweise aufgrund von Nebenwirkungen. Denn sie zeigen, dass eine Dosisreduktion bei einigen Patienten problemlos möglich ist. Und wenn dann doch ein Schub auftritt, kann durch Anpassung der Medikation der „Schaden“ schnell behoben werden.
Quellen:
1. Curtis JR et al, JAMA 2021;325: 1727-1728; DOI: 10.1001/jama.2021.2740
2. Syversen SW et al. A.a.O.; 1744-1754; DOI: 10.1001/jama.2021.4172
3. Lillegraven S et al. A.a.O.; 1755-1764; DOI: 10.1001/jama.2021.4542
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