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Zwischen Toxizität, lokaler Kontrolle und Rezidivrate abwägen

Abhängig von Risikofaktoren erleidet jede:r Dritte nach der radikalen Prostatektomie innerhalb von fünf Jahren ein PSA-Rezidiv, schilderte Prof. Dr. Florian Würschmidt aus Hamburg. Im Falle einer Oligometastasierung mit Lymphknotenbefall stehen Mediziner:innen verschiedene Optionen offen:
- Androgendeprivation (ADT)
- Lymphknotendissektion
- ADT + elektive Lymphknotenbestrahlung (ENRT)
- ADT + IF-RT*
- ADT + SBRT** PET-positiver Lymphknoten
- ENRT oder SBRT ohne antihormonelle Behandlung
„Einheitliche Therapieempfehlungen dazu gibt es nicht“, betonte der Experte. So bleibt völlig offen, wann Ärzt:innen elektiv ausgewählte Lymphknotenregionen bestrahlen sollten und wann eine gezielte Radiatio der Metastasen zu bevorzugen ist.
Einseitig bestrahlen?
Betreffen die Metastasen streng die Lymphknoten einer Körperhälfte, scheint eine ipsilaterale Salvage-Bestrahlung auszureichen. In einer retrospektiven Analyse von 50 Patient:innen, die ausschließlich eine IMRT* der ipsilateralen Lymphwege (45 Gy) sowie einen SIB (56,25 Gy) erhielten, traten keine Rezidive im kontralateralen pelvinen Lymphabfluss auf. Nach fünf Jahren lebten noch 86 % von ihnen. 36 % bleiben weiter krankheitsfrei und 49 % hatten zumindest keine Fernmetastasen.
* intensitätsmodulierte Radiotherapie
Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile. Eine elektive Bestrahlung mit 45–50 Gy samt einem Boost auf 65–66 Gy für die PET-positiven Lymphknoten erzielt eine lokale Kontrollrate von 79,9–90 %, etwas niedriger als mit stereotaktischen Verfahren. Dafür beträgt das progressionsfreie Überleben nach ein bis drei Jahren noch 52–96 %, da die Strahlung auch unbekannte Mikrometastasen erreicht. Toxizitäten vom Grad 2 oder höher entwickeln akut 6–19 % und verzögert 2–26 %, laut dem Kollegen durchaus „akzeptabel“.
Keine schweren Nebenwirkungen
Grundsätzlich dauert diese Form der Radiotherapie insgesamt länger. „Wenn Sie elektiv ultrahypofraktioniert bestrahlen können, ist dieses Argument eigentlich schon wieder von Tisch“, relativierte Prof. Würschmidt. In der Phase-2-Studie HOPE mit 80 Teilnehmenden sowie einer retrospektiven Analyse 60 Erkrankter erhielten diese neben der ADT 5x5 Gy ultrahypofraktioniert, unterstützt durch Brachytherapie bzw. SIB***. Die Behandelten schienen das Vorgehen gut zu vertragen. Es gab keine Nebenwirkungen vom Grad 4 oder 5 und tendenziell weniger Darmbeschwerden, einzig die Rate von Toxizitäten im Urogenitaltrakt war temporär erhöht.
SBRT | Elektive Lymphknotenbestrahlung | |
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Vorteile |
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Nachteile |
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Eine SBRT (20–50 Gy, meist 1–5 Fraktionen) geht wiederum mit kürzeren Behandlungsdauern einher und lässt sich bei Bedarf wiederholen. Als „relevanten Vorteil“ der Stereotaxie sieht der Strahlentherapeut die geringere Rate an Toxizitäten. Diese treten Studien zufolge bei nur 3–12 % der Behandelten auf und übersteigen den Schweregrad 2 nicht.
Einer besonders hohen lokalen Kontrollrate (78–99 % über ein bis drei Jahre) stellte der Experte die ungünstigere Langzeitprognose gegenüber: „Das progressionsfreie und metastasenfreie Überleben ist in diesem Fall wahrscheinlich geringer.“ Das Zwei-Jahres-PFS liegt nur bei 30–63 %, der Median beträgt je nach Untersuchung 21–24 Monate. Er gab zu bedenken, dass mindestens 40 % der beobachteten Rezidive in angrenzenden Lymphknotenregionen auftreten.
„Wir haben bislang die Stereotaxie nicht genutzt, da die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres Rezidiv in angrenzenden Lymphknotenstationen doch relativ hoch ist“, berichtete Prof. Würschmidt aus seiner eigenen Behandlungspraxis. Bezüglich der Frage, wann er persönlich zusätzlich zur Radiatio eine Androgendeprivation anordnen würde, verwies der Referent auf bekannte Risikofaktoren, vor allem die PSA-Verdopplungszeit.
* Involved-field-Radiotherapie
** Stereotactic Body Radiation Therapy
*** Simultan-integrierter Boost
Quelle:
Würschmidt F. 30. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie; Vortrag „Strahlentherapie bei der Behandlung des oligometastasierten Prostatakarzinoms: Stereotaxie versus Templatebestrahlung bei Lymphknotenmetastasen“
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