„Corona-GOÄ“ erweitert – diese Alternative zur Hygienepauschale gibt es jetzt
Begrenzt bis zum 31. Juli 2020 haben sich die Bundesärztekammer, der PKV-Verband und die Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder (sog. Beihilfestellen) auf einen Rechnungsaufschlag für die besonderen Hygienemaßnahmen während der COVID-19-Pandemie geeinigt.
In weiteren Ausführungsbestimmungen wurde die Spannbreite bei der Rechnungsstellung nun erweitert. Die Beschlüsse vom 7. Mai wurden den Berufsverbänden am 8. Mai durch die Bundesärztekammer bekannt gegeben. Am 14. Mai 2020 folgte eine Erläuterung der BÄK zu einigen noch offenen Fragen.
Als eine Art Pauschale für den besonderen Hygieneaufwand in den Praxen während der COVID-19-Pandemie kann die Nr. 245 GOÄ analog zum 2,3-fachen Satz gegenüber den genannten Kostenträgern berechnet werden. Inwieweit dies auch bei „Sondertarifen“ wie z.B. dem der Bundesbahnbeamtenkrankenkasse (KVB I-III) oder der Postbeamtenkrankenkasse B möglich ist, bleibt offen.
In allen anderen Fällen kommt dieser „Hygienezuschlag“ mit 14,75 Euro zum Tragen, auch wenn es sich um keine Patienten handelt, bei denen eine Infektion oder der Verdacht auf eine Infektion mit dem COVID-19-Erreger besteht. Eine Steigerung über den 2,3-fachen Faktor ist nicht möglich und die Pauschale ist auch nur berechnungsfähig, wenn es zu einem „unmittelbaren persönlichen ärztlichen Kontakt“ mit dem Patienten kommt.
Wird der Zuschlag analog nach Nr. 245 GOÄ berechnet, dürfen die weiteren abgerechneten Leistungen nicht mit der Begründung „Besonderer Hygieneaufwand“ gesteigert werden. Eine Steigerung von Leistungen aus anderen Gründen ist hingegen neben dem Ansatz der Nr. 245 analog statthaft. Klärungsbedürftig blieb, ob eine Art Wahlrecht besteht, wenn der Hygieneaufwand individuell über den so mit der Nr. A245 gesetzten Standard hinausgeht.
A245 oder höheren Faktor ansetzen? | |||
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Ein 64-jähriger Privatpatient kommt in die Praxis und berichtet, dass er seit mehreren Tagen einen trockenen Husten ohne erhöhte Temperatur und Geschmacksstörungen hat. In dem Haus, wo er lebt, sei vor einigen Tagen ein Bewohner positiv auf COVID-19 getestet worden. Der Patient wird in einem Zimmer separiert und ihm nach Anlegen von Schutzkleidung ein Rachen-/Nasenabstrich entnommen. Der Raum wird anschließend umfangreich desinfiziert und zwei Tage nicht benutzt. | |||
GOÄ | Legende | Euro bei Faktor 2,3 | Euro bei Faktor 3,5* |
3 | Eingehende Beratung (> 10 Minuten) | 20,10 | 30,59 |
8 | Ganzkörperstatus | 34,85 | 53,03 |
A245 | Erhöhte Hygienemaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie analog Nr. 245 GOÄ | 14,75 | |
Summe | 69,70 | 83,62 | |
* Begründung: Besondere, über die Norm hinausgehende Hygienemaßnahmen bei Verdacht auf COVID-19-Infektion |
Immerhin würde z.B. beim Ansatz der Nrn. 1 und 7 mit dem Multiplikator 3,5 und z.B. der Begründung „Besonderer Hygieneaufwand bei Verdacht auf COVID-19-Infektion im Rahmen der RKI-Kriterien“ ein Honorar von 48,97 Euro und damit ein Mehrerlös von 2,04 Euro im Vergleich zu der Abrechnungsfolge 1 und 7 mit dem 2,3-fachen Satz und dem Zuschlag von 14,75 Euro für die Ziffer A245 entstehen.
Bei Steigerung des Faktors gilt keine Pauschalbegründung
Diesbezüglich hat die nachgeschobene Erläuterung der BÄK für Klarheit gesorgt. Dort wird festgestellt: „Wenn nicht Nr. 245 GOÄ analog berechnet wird und ein erhöhter Hygieneaufwand durch Steigerung der erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt wird, ist die Steigerung für jede einzelne Leistung verständlich und nachvollziehbar zu begründen. Keine Pauschalbegründung!“
Konkret bedeutet dies einerseits, dass mit der Abrechnung der Nr. A245 pauschal dem Mehraufwand für „erhöhte Hygienemaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie“ Rechnung getragen wird und damit keine Rechnungsbeanstandungen durch die PKV und die Beihilfestellen möglich sind.
Bei der Post B-Krankenkasse muss man berücksichtigen, dass der Multiplikator bei 1,9 festgeschrieben ist (technische Leistungen 1,5-fach, Labor 1,15-fach), ohne dass der rechnungsstellende Arzt daran gebunden ist. Bei der Krankenversicherung der Bundesbahnbeamten hingegen liegt der Faktor verbindlich bei 2,2 (technische Leistungen 1,8-fach, Labor 1,15-fach) und beim Standard-/Basistarif bei 1,8 (technische Leistungen 1,38-fach, Labor 1,16-fach).
Die Möglichkeit der Steigerung über diese Schwellensätze hinaus ist somit nur mit besonderer Begründung (Post B) oder überhaupt nicht möglich, sodass es ratsam ist, auch hier dem Vorschlag der BÄK zu folgen und die Nr. A245 zum jeweiligen Schwellensatz anzusetzen.
Für Leichenschau kann A245 nicht angesetzt werden
Eine weitere Klarstellung liefert die BÄK zur Leichenschau. Da die Voraussetzung für den Ansatz der Nr. A245 ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt und nach der Diktion der BÄK eine Leiche kein Patient ist, wird die Ansatzmöglichkeit dort ausgeschlossen. Ein erhöhter (Zeit-)Aufwand bei besonderen Todesumständen, z.B. auch wegen des Hygienestandards, könne eventuell aber nach Nr. 102 berechnet werden. Dabei kommt allerdings vermutlich zu tragen, dass dieser Leistungsansatz nur bei einer fremden Leiche möglich ist.
Fazit
Medical-Tribune-Bericht