GOÄ Ein Fallbeispiel aus der Komplementärmedizin
Eine Abdingung wird erforderlich, wenn der in § 5 GOÄ festgelegte Gebührenrahmen überschritten werden soll oder eine Gebührenhöhe gewählt wird, die sich aus den Bemessungsfaktoren nach § 5 nicht ergeben würde. Eine Ärztin/ein Arzt darf bei einer Abdingung weder die Punktzahl der einzelnen Leistung noch den Punktwert verändert vereinbaren. Möglich ist es hingegen – ausgehend vom Einfachsatz – eine andere Honorarhöhe unter Berücksichtigung der Bestimmungen der §§ 5 und 5a zu bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen:
- Vor Behandlungsbeginn muss das Einvernehmen mit der Patientin/ dem Patienten hergestellt werden.
- Eine durch die GOÄ oder anderweitig festgelegte Höchstgrenze für eine Abdingung gibt es nicht. Bestimmungen der Berufsordnung der zuständigen Landesärztekammer sind aber zu beachten. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 (Muster-)Berufsordnung muss eine Honorarforderung „angemessen“ sein; bei Abschluss einer Honorarvereinbarung ist auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des/der Zahlungspflichtigen Rücksicht zu nehmen.
- Grundsätzlich ausgeschlossen ist eine Abdingung bei Gebühren nach den Abschnitten A, E, M und O sowie für die Nr. 437 im Abschnitt C VII, bei nicht „höchstpersönlich“ erbrachten Leistungen (§ 2 Abs. 3 und § 5 Abs. 5), Schwangerschaftsabbruch (§ 5a), Notfällen und der akuten Schmerzbehandlung.
Eine Vereinbarung lässt sich für sämtliche abdingbaren Gebühren der GOÄ treffen oder aber nur für einzelne Abschnitte oder Leistungen, wobei für diese eine in der Höhe variable Abdingung erfolgen kann.
Muster für eine Abdingungsvereinbarung | ||||
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Vereinbarung der Vergütungshöhe nach §2 GOÄ | Ort: | Datum: | ||
Für die in Aussicht genommene ärztliche Untersuchung/Behandlung bei Herrn/Frau | ||||
Name | Vorname | Kasse | ||
Anschrift | Geburtsdatum | Hauptversicherer | ||
werden abweichend von §5 GOÄ in ihrer zurzeit gültigen Fassung nach eingehender Erörterung der Behandlungsmaßnahmen für folgende Leistungen folgende Steigerungssätze vereinbart: | ||||
GOÄ-Position | Euro | Faktor | Erläuterungen | Summe Euro |
Nach § 5 Abs. 1, Satz 1 GOÄ bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr nach dem 1-Fachen bis 3,5-Fachen des Gebührensatzes bzw. bei den Leistungen der Kapitel A, E, O nach dem 1-Fachen bis 2,5-Fachen bzw. bei Leistungen des Kapitels M nach dem 1-Fachen bis 1,3-Fachen. Es wird darauf hingewiesen, dass eine Erstattung durch Erstattungsstellen jenseits dieser Steigerungssätze nicht vorgesehen ist. Der Zahlungspflichtige bestätigt, eine Ausfertigung dieser Honorarvereinbarung erhalten zu haben. | ||||
Personalien des Arztes | ||||
Name | Anschrift | Telefon | Telefax | |
Sprechzeiten | ||||
Unterschrift Arzt/Ärztin | Unterschrift Patient/Patientin |
Hinweis auf mögliche Belastung mit Differenzbetrag
Der Patientin und dem Patienten muss exakt der jeweilige Multiplikator je Leistung oder Leistungsgruppe bekannt gegeben und die Gebührenordnung oder deren infrage kommenden Abschnitte zur Einsicht vorgelegt werden. So kann sie oder er sich die Höhe der Zahlung insgesamt oder des Betrages, den die Versicherung nicht übernimmt, ausrechnen.
Erforderlich ist auch ein Hinweis, dass ggf. ein Differenzbetrag weder von der Beihilfe noch von der Privatkrankenkasse ersetzt wird und deshalb selbst bezahlt werden muss. Pauschalen sind nicht zulässig, es sei denn, sie ergeben sich aus dem zugrunde gelegten Multiplikator.
Wichtig ist auch, dass die Patientin oder der Patient über die Bedeutung und Auswirkungen der abweichenden Gebührenhöhe hinreichend aufgeklärt wird und ihnen genügend Zeit gelassen wird, darüber nachzudenken. Eine Honorarvereinbarung sollte deshalb nicht unmittelbar vor Leistungsbeginn getroffen werden.
Bei der Vereinbarung über einen höheren Multiplikator ist es – anders als bei der Honorarsteigerung im Rahmen des § 5 – nicht erforderlich, eine Begründung zu liefern. Es empfiehlt sich aber, dies als Service trotzdem zu tun, damit die Patientin oder der Patient die Chance auf eine vollständige Kostenerstattung erhält. Ein aus diesen Auflagen resultierender rechtskonformer Behandlungsvertrag könnte somit wie abgebildet aussehen.
Mögliche Rechnungsstellung im Fallbeispiel für eine erste Sitzung Kolonhydrotherapie
Leistung | GOÄ-Nr. | Multiplikator | Euro |
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Eingehende Anamneseerhebung | 30 | 3,81 | 200,00 |
Ganzkörperuntersuchung | 8 | 5,28 | 80,00 |
Rektale Untersuchung | 11 | 4,29 | 15,00 |
Kolonhydrotherapie, analog Nr. 533 GOÄ | A533 | 2,5 | 21,85 |
Fallbeispiel
Ein 35-jähriger Patient leidet seit vielen Jahren an einem Reizdarmsyndrom und möchte hierzu eine komplementärmedizinische Kolonhydrotherapie. Er hat gehört, dass die Praxis das mit bisher gutem Erfolg bei anderen Patienten angewendet hat. Der Patient wird über die Behandlung aufgeklärt. Ihm wird eine Honorarvereinbarung ausgehändigt, die er mit nach Hause nehmen soll, um sich zu überlegen, ob er die zugrunde liegende Liquidation anerkennt. Nach Vorlage des unterschriebenen Vertrages wird die Behandlung begonnen. Die Tabelle zeigt, wie bei einem entsprechend abgefassten Behandlungsvertrag eine Rechnungsstellung mit einem individuell kalkulierten Honorar für eine erste Sitzung aussehen könnte.
Bei der analogen Bewertung der Kolonhydrotherapie nach Nr. 533 handelt es sich um eine Empfehlung aus dem Analogverzeichnis der Bundesärztekammer, die auch mit den PKV-Kostenträgern und den Beihilfestellen vereinbart wurde. Da es sich bei der Nr. A 533 um eine Leistung aus dem Kapitel E der GOÄ handelt, ist eine Abdingung jedoch nicht möglich und nur ein Faktor bis zum 2,5-Fachen erlaubt. Der Mehraufwand wird deshalb über die Diagnostik und Beratung abgebildet.
Für weitere Sitzungen bietet sich die Nr. 1 GOÄ an
Bei weiteren Sitzungen könnte zunächst die Beratung nach Nr. 1 mit einem vereinbarten höheren Multiplikator neben der Nr. A533 in Rechnung gestellt werden, danach ggf. nur noch die Nr. 1, wenn der vereinbarte Faktor ein höheres Honorar als das der Nr. A 533 ergibt.