DiGA Herzinsuffizienz in der Hausarztpraxis

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

DiGAs können v.a. bei der Prävention von Herzinsuffizienzen eine wichtige Rolle spielen. DiGAs können v.a. bei der Prävention von Herzinsuffizienzen eine wichtige Rolle spielen. © tadamichi – stock.adobe.com

Unbehandelter Bluthochdruck und atherosklerotische Veränderungen sind die häufigsten Ursachen einer Herzinsuffizienz. Engmaschige Verlaufskontrollen und frühe therapeutische Maßnahmen können die Erkrankung aber deutlich entschärfen. Dabei sollte man auch an eine elektronische Unterstützung denken.  

In Deutschland leiden schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen unter einer Herzinsuffizienz – Tendenz steigend. Weil das Herz nicht mehr in der Lage ist, den Körper ausreichend mit Blut und lebenswichtigem Sauerstoff zu versorgen, resultieren Symptome wie Luftnot bei Belastung oder stark geschwollene Beine. Ein Fortschreiten ist durch einen schubartigen Verlauf mit wiederkehrenden Dekompensationen, Krankenhausbehandlungen und hohen Folgekosten für das Gesundheitswesen verbunden.

Diagnostik in der Hausarztpraxis

Hausärztin und Hausarzt können bereits durch einfache klinische Untersuchungsverfahren wie Inspektion, Palpation und Auskultation die Verdachtsdiagnose einer Herzinsuffizienz erhärten. Richtungsweisend sind erhöhter Jugularvenendruck (Füllungszustand bei 45° Oberkörperhochlagerung und leicht rekliniertem Kopf), positiver hepatojugulärer Reflux, Hepatomegalie, verlagerter (und verbreiterter) Herzspitzenstoß, vorhandener 3. Herzton, pulmonale Rasselgeräusche, die auch nach Husten fortbestehen, Tachykardie (Herzfrequenz > 90–100/Min.), irregulärer Puls, Tachypnoe (> 20/Min.), periphere Ödeme (Knöchel, Unterschenkel, bei bettlägerigen Patienten auch sakral – ausgeprägt als Anasarka, Pleuraerguss, Aszites, Gewichtszunahme).

Ergänzt werden kann die Diagnostik durch geeignete Laborparameter (wie z.B. NT-Pro-BNP), eine Ultraschall-Untersuchung, elektrografische Ableitungen und in Einzelfällen eine Computertomografie bzw. Magnetresonanztomografie oder eine Herzkatheteruntersuchung.

Die Herzinsuffizienz lässt sich grob unterteilen in eine kompensierte Form, die nur unter Belastung Beschwerden verursacht, und eine dekompensierte Form, die sich bereits bei körperlicher Ruhe bemerkbar macht. Die Einteilung des klinischen Schwergrads ist mithilfe der 4 NYHA-Stadien möglich:

  • Stadium I: diagnostizierte Herzkrankheit ohne Symptome und ohne Einschränkung der Belastbarkeit.
  • Stadium II: leichte Einschränkung der Belastbarkeit. Keine Symptome in Ruhe, sondern erst bei stärkerer Belastung.
  • Stadium III: starke Einschränkung der Belastbarkeit. Keine Symptome in Ruhe, jedoch bereits bei leichter Belastung.
  • Stadium IV: persistierende Symptomatik auch in Ruhe.

Wie wird Herzinsuffizienz therapiert?

Wegen der hohen Versorgungsrelevanz wurde das Kapitel zur medikamentösen Therapie der Herzinsuffizienz vorab als Version 4 der Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) veröffentlicht. Die neuen Empfehlungen zur Therapie der Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Ejektionsfraktion (HFrEF) tragen den Entwicklungen neuer Arzneimittel der vergangenen Jahre Rechnung. Empfohlen wird nicht mehr alternativlos eine Stufentherapie auf Basis von RAS-Inhibitoren und Betablockern, sondern auch eine initiale Vierfachkombination mit zusätzlich einem SGLT2-Inhibitor und Spironolacton oder Eplerenon. Dabei steht mit den SGLT2-Inhibitoren erstmals eine Wirkstoffgruppe mit nachgewiesenem prognoseverbesserndem Effekt zur Verfügung. Als neuer Wirkstoff kommt Vericiguat hinzu.

Ein Fallbeispiel

Ein 73-jähriger Patient ist seit vielen Jahren wegen einer Hypertonie und eines Diabetes mellitus Typ 2 in der Praxis in Behandlung. Nach einem Myokardinfarkt vor fünf Jahren besteht eine Herzinsuffizienz im Stadium NYHA II. Nach kardialer Dekompensation kommt er aus dem Krankenhaus zurück. Das Krankenhaus empfiehlt im vorläufigen Arztbrief die Anbindung an ein Telemedizinzentrum (TMZ) zur engmaschigen Verlaufskontrolle, um weitere Dekompensationen zu vermeiden. Das Vorgehen wird mit dem Patienten besprochen.

Abrechnung erster Kontakt im Quartal
EBM Legende Euro GOÄ
03004 Versichertenpauschale 55. bis 75. Lebensjahr 17,01 7

03020

03040

Hygienepauschale

Hausärztliche Grundvergütung

0,23

15,86

 
03220 Chronikerpauschale 114,94 3
03230 Problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist 14,71 3
03325

Telemonitoring bei Herzinsuffizienz:

Indikationsstellung zur Überwachung des Patienten, je 5 Minuten, höchstens 3-mal im Krankheitsfall

Obligater Leistungsinhalt:

Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt

Aufklärung und Beratung zur Teilnahme am Telemonitoring bei Herzinsuffizienz

7,47 A 33

Die GOP 03325 kann auch zum Ansatz gebracht werden, wenn nach Indikationsstellung noch kein TMZ zur Verfügung steht. Ist eine solche Anbindung möglich, kommt die GOP 03326 (Zusatzpauschale für die Betreuung eines Patienten im Rahmen des Telemonitorings bei Herzinsuffizienz) für den Austausch mit dem TMZ zum Ansatz. Nach GOÄ ist dann der von der Bundesärztekammer empfohlene analoge Ansatz der Nr. A 60 möglich. Die Nr. A 33 GOÄ stellt ebenfalls eine Empfehlung der BÄK dar und kann als Analogleistung ggf. mit der Nr. 3 GOÄ kombiniert werden.

Da im vorliegenden Fall kurzfristig kein Kontakt mit einem TMZ organisiert werden kann, erhält der Patient eine Verordnung für die DiGA ProHerz mit der Maßgabe, sich mit den dort aufgezeichneten Daten regelmäßig in der Praxis vorzustellen.

Abrechnung zweiter Kontakt im Quartal

EBM Legende Euro GOÄ
03221 Chronikerpauschale 24,60 15
03230 Problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist 14,71 1
86700 Pauschale für Leistungen im Zusammenhang mit der Anwendung der DiGA „ProHerz“, zweimal im Krankheitsfall 7,12 A 76

Die Herzinsuffizienz gilt als Paradebeispiel für eine Erkrankung, bei der sich mit einer mehrstufigen und vernetzten medizinischen Betreuung die besten Erfolge erzielen lassen. Eine solche Betreuungsmöglichkeit stellen das bereits seit 2022 etablierte Telemonitoring bei Herzinsuffizienz und/oder digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), wie z.B. die neu in das BfArM-Verzeichnis aufgenommene DiGA ProHerz, dar.

Beim Telemonitoring handelt es sich um ein datengestütztes, zeitnahes Management, das grundsätzlich in Zusammenarbeit zwischen einem primär behandelnden Arzt (PBA), z.B. einem Hausarzt bzw. einer Hausärztin, und einem ärztlichen telemedizinischen Zentrum (TMZ) durchgeführt wird. Teilnehmen sollen Patienten mit einer Herzinsuffizienz nach dem NYHA-II- oder NYHA-III-Stadium mit einer Ejektionsfraktion < 40 %, die entweder Träger eines implantierten kardialen Aggregates (ICD, CRT-P, CRT-D) sind oder im zurückliegenden Jahr wegen kardialer Dekompensation stationär behandelt wurden. 

Im letztgenannten Fall kommen zur Überwachung externe Messgeräte, die mindestens das Körpergewicht, die elektrische Herzaktion, den Blutdruck und Informationen zum allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten erfassen, zum Einsatz. Bei der DiGA ProHerz werden vom Patienten gemessene Vitalwerte (Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Puls, Temperatur, Gewicht) in mobilen Endgeräten (Smartphone, Tablet) erfasst und automatisiert analysiert.

In beiden Fällen haben Hausarzt bzw. Hausärztin die Möglichkeit, im Austausch mit dem Patienten bzw. dem telemedizinschen Zentrum  Verschlechterungen im Krankheitsverlauf rechtzeitig zu erkennen und Dekompensationen zu vermeiden. Gegebenenfalls kann auch eine Fachärztin bzw. ein Facharzt hinzugezogen werden. 

Die DiGA ProHerz wurde bisher nur vorläufig in das Verzeichnis des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgenommen. Da der Bewertungsausschuss außerdem einen zusätzlichen medizinischen Nutzen bescheinigt hat, kann die Verordnung und Betreuung des Patienten nach der Pseudonummer 86700 angesetzt werden. 

Quelle: Medical-Tribune-Bericht