Extrabudgetäre Posten Honorar ohne Deckel für Vorsorge, Formulare, Pflegeheim und Telemedizin

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Extrabudgetäre Vergütungen sollten auch für das Jahr 2024 im Blick behalten werden. Extrabudgetäre Vergütungen sollten auch für das Jahr 2024 im Blick behalten werden. © contrastwerkstatt – stock.adobe.com

Der Bundesgesundheitsminister hat den Hausärzten die Entbudgetierung der EBM-Leistungen ver­sprochen. Etliche Gebührenordnungspositionen sind allerdings schon von der Honorardeckelung ausgenommen.

Wichtige haus­ärztliche EBM-Leistungen, die 2024 extrabudgetär vergütet werden, listet Tabelle 1 auf. Betriebswirtschaftlich gesehen nehmen die Vorsorgeleistungen hier die Spitzenposition ein. Doch leider lässt die Häufigkeit der Inanspruchnahme solcher Leistungen in der Bevölkerung zu wünschen übrig. Laut Statista gaben 2023 rund 34 Mio. Bundesbürger an, regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen, 25,8 Mio. tun es „gelegentlich“ und 10,8 Mio. „nie“. Das stellt für die Praxen eine nicht unbedeutende Honorarreserve dar. 

Tab. 1: Extrabudgetär vergütete Leistungen

Leistungsbereich

Gebührenordnungsposition

„Blockbuster“

Prävention Abschnitte II 1.7.2, 1.7.3 EBM

Beratung zur Organ- und Gewebespende

01731 bis 01734, 01737, 01740, 01745 bis 01748, 32880 bis 32882

01480

Kooperation und Koordination Abschnitt IV 37.2

37100, 37102, 37105, 37113, 37120

Ambulante Operationen Abschnitte IV 31.1 und 31.4 EBM: prä- bzw. postoperative Leistungen

31010 bis 31013 und 31600

„Digitale“ Leistungen

Leistungen im Zusammenhang mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA)

01471 bis 01476

Videosprechstunde und Videofallkonferenz

01442, 01450, 40128 und 40129

Notfalldatenmanagement, Videokonsilium

01640 bis 01642, 01670 bis 01672

Unterstützung im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte

01431, 01647

Telemonitoring bei Herzinsuffizienz

03325, 03326, 04325, 04326

Formularleistungen

Medikationsplan, Verordnung von medizinischer Rehabilitation

01670, 03222, 04222, 01611

Krankenhausbegleitung

01615

Verordnung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung

01425, 01426

spezialisierte geriatrische Diagnostik

30980, 30988

Quelle: Beschluss des Bewertungsausschusses (664. Sitzung, 9. August 2023)

Aber auch der medizinische Aspekt spielt natürlich eine Rolle. Der Gesundheitsminister will die Präventionsangebote in der GKV fördern. Was er diesbezüglich vorhat, ist bisher nur vage bekannt, z.B. ein Ausweiten der Analyse von Risikofaktoren aufs Kindes- oder Jugendlichenalter. Der Herausforderung zu mehr Vorsorge sollten sich Haus­ärzte aber schon jetzt stellen. Mit einem optimierten Terminmanagement können berechtigte Versicherte für passende Leistungen rekrutiert werden. Altersabhängig geht es hierbei um:

  • die Gesundheitsvorsorgeunter­suchung ab dem 18. Lebensjahr,

  • die Krebsvorsorgeuntersuchung bei Männern ab dem 45. Lj., 

  • das Hautkrebs- und das Hepatitisscreening ab dem 35. Lj., 

  • die Beratung zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms ab dem 50. Lebensjahr und 

  • die Beratung zum Ultraschallscreening auf Bauchaortenaneurysmen bei Männern ab dem 65. Lebensjahr.

Welche Leistungen unter Berücksichtigung des Alters und der vorgeschriebenen Untersuchungs- und Beratungsanlässe sogar in einer Sitzung berechnungsfähig sind, zeigt Tabelle 2. Dort ist auch die Beratung zur Organ- und Gewebespende berücksichtigt, die ab dem 14. Lebensjahr alle zwei Jahre exklusiv nur von Hausärzten erbracht und berechnet werden kann. Die Leistung stellt zwar formal keine Prävention dar, lässt sich aber gut in die Vorsorgezyklen einordnen.

Hausärztliche Präventionsleistungen, die – je nach Alter und Geschlecht des Patienten – in einer Sitzung berechnungsfähig sind

GOP

Legende

Alter

Abstand

Euro

01480

Beratung über Organ- und Gewebespenden

ab 14

alle 2 Jahre

7,76

01732

Gesundheitsvorsorgeuntersuchung

18-34

einmalig

38,90

ab 35

alle 3 Jahre

01734

Hepatitisscreening

ab 35

einmalig

 

01745

Hautkrebsscreening

ab 35

alle 2 Jahre

30,19

01746

24,94

01731

Krebsvorsorge beim Mann

ab 45

jährlich

17,18

01737

Ausgabe und Weiterleiten eines Stuhlprobenentnahmesystems (iFOBT)

ab 50

jährlich bzw. alle 2 Jahre

6,80

01740

Beratung zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms

ab 50

einmalig

13,84

01747

Beratung zum Ultraschallscreening auf Bauchaortenaneurysmen

ab 65

einmalig

9,79

01748

Sonografische Untersuchung auf Bauchaortenaneurysmen

14,80

Quelle: EBM

Operative Leistungen sind kein originäres Betätigungsfeld für Haus­ärzte. Der EBM weist ihnen aber grundsätzlich die präoperative Dia­gnostik zu und auf (Rück-)Überweisung des Operateurs auch die postoperative Behandlung. Die Abrechnung dieser Leistungen als Fall ist sogar neben den sonstigen kurativen Behandlungsanlässen möglich.

Das Augenmerk mehr auf die Telemedizin richten

Akzeptanzschwierigkeiten haben die Leistungen im EBM, die digital zur Anwendung kommen, etwa bei  Apps auf Rezept oder die Video­sprechstunde, das Telekonsil und das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz. Hierfür sind vermutlich die bisher nicht grundsätzlich verpflichtend ins Praxisverwaltungssystem einzuführenden TI-Elemente als ursächlich anzusehen. Da diese seit Januar 2024 aber durchgehend und unter Sanktionsandrohung Einzug in die Praxen gehalten haben, sollte sich das Augenmerk auch dorthin wenden.

Mittels der Telematikinfrastruktur sind solche Leistungen relativ einfach und teilweise sogar im Delegationsverfahren zu erbringen.

Nicht alltäglich sind extrabudgetär vergütete Leistungen, die mit dem Ausfüllen von Formularen oder dem Anfertigen von Attesten verbunden sind. Im „Wald der Bürokratie“ sind sie allerdings „Bäume“, bei denen zumindest von einem leis­tungsgerechten Honorar gesprochen werden kann. Das Feststellen der medizinischen Notwendigkeit einer Mitaufnahme einer Begleitperson im Vorfeld einer nicht geplanten Krankenhausbehandlung wird zwar nur mit 3,58 Euro vergütet, kann aber mit einem einmalig selbst erstellten Musterformular bei Bedarf schnell erledigt werden. Bei der Verordnung medizinischer Rehabilitation auf dem Vordruck Mus­ter 61 ist der Aufwand zwar etwas größer, das Honorar von 37,59 Euro trägt dem aber Rechnung. Da solche Anträge bei Patienten ab dem 70. Lj. von den Kassen „automatisch“ genehmigt werden müssen, ist außerdem mit keinem zusätzlichen Aufwand durch Nachfragen der Kasse zu rechnen.

Über Einstiegshürden beim Dienst im Pflegeheim reden

Betriebswirtschaftlich gesehen sollten die Leistungen des Abschnitts IV 37.2 und 37.3 gleich nach der Prävention kommen. Die dort angesiedelten Leistungen stellen den Ausnahmefall dar, dass man bei Hausbesuchen in einem Pflegeheim von einem Honorar ausgehen kann, das zumindest in die Nähe der Angemessenheit kommt. Obgleich die Zahl an Pflegeheimbewohnern zunimmt, führen die Leistungen bisher eher ein Mauerblümchendasein. Ob das an dem anfangs notwendigen bürokratischen Aufwand liegt, wenn Praxen einen von der KV anerkannten Versorgungsvertrag mit einem Pflegeheim abschließen wollen, ist zu diskutieren und sollte Anlass zu weiteren Überlegungen bei der Entbürokratisierung sein.

Medical-Tribune-Bericht