Extrabudgetäre Posten Honorar ohne Deckel für Vorsorge, Formulare, Pflegeheim und Telemedizin
Wichtige hausärztliche EBM-Leistungen, die 2024 extrabudgetär vergütet werden, listet Tabelle 1 auf. Betriebswirtschaftlich gesehen nehmen die Vorsorgeleistungen hier die Spitzenposition ein. Doch leider lässt die Häufigkeit der Inanspruchnahme solcher Leistungen in der Bevölkerung zu wünschen übrig. Laut Statista gaben 2023 rund 34 Mio. Bundesbürger an, regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen, 25,8 Mio. tun es „gelegentlich“ und 10,8 Mio. „nie“. Das stellt für die Praxen eine nicht unbedeutende Honorarreserve dar.
Tab. 1: Extrabudgetär vergütete Leistungen | |
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Leistungsbereich | Gebührenordnungsposition |
„Blockbuster“ | |
Prävention Abschnitte II 1.7.2, 1.7.3 EBM Beratung zur Organ- und Gewebespende | 01731 bis 01734, 01737, 01740, 01745 bis 01748, 32880 bis 32882 01480 |
Kooperation und Koordination Abschnitt IV 37.2 | 37100, 37102, 37105, 37113, 37120 |
Ambulante Operationen Abschnitte IV 31.1 und 31.4 EBM: prä- bzw. postoperative Leistungen | 31010 bis 31013 und 31600 |
„Digitale“ Leistungen | |
Leistungen im Zusammenhang mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) | 01471 bis 01476 |
Videosprechstunde und Videofallkonferenz | 01442, 01450, 40128 und 40129 |
Notfalldatenmanagement, Videokonsilium | 01640 bis 01642, 01670 bis 01672 |
Unterstützung im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte | 01431, 01647 |
Telemonitoring bei Herzinsuffizienz | 03325, 03326, 04325, 04326 |
Formularleistungen | |
Medikationsplan, Verordnung von medizinischer Rehabilitation | 01670, 03222, 04222, 01611 |
Krankenhausbegleitung | 01615 |
Verordnung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung | 01425, 01426 |
spezialisierte geriatrische Diagnostik | 30980, 30988 |
Quelle: Beschluss des Bewertungsausschusses (664. Sitzung, 9. August 2023) |
Aber auch der medizinische Aspekt spielt natürlich eine Rolle. Der Gesundheitsminister will die Präventionsangebote in der GKV fördern. Was er diesbezüglich vorhat, ist bisher nur vage bekannt, z.B. ein Ausweiten der Analyse von Risikofaktoren aufs Kindes- oder Jugendlichenalter. Der Herausforderung zu mehr Vorsorge sollten sich Hausärzte aber schon jetzt stellen. Mit einem optimierten Terminmanagement können berechtigte Versicherte für passende Leistungen rekrutiert werden. Altersabhängig geht es hierbei um:
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die Gesundheitsvorsorgeuntersuchung ab dem 18. Lebensjahr,
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die Krebsvorsorgeuntersuchung bei Männern ab dem 45. Lj.,
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das Hautkrebs- und das Hepatitisscreening ab dem 35. Lj.,
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die Beratung zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms ab dem 50. Lebensjahr und
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die Beratung zum Ultraschallscreening auf Bauchaortenaneurysmen bei Männern ab dem 65. Lebensjahr.
Welche Leistungen unter Berücksichtigung des Alters und der vorgeschriebenen Untersuchungs- und Beratungsanlässe sogar in einer Sitzung berechnungsfähig sind, zeigt Tabelle 2. Dort ist auch die Beratung zur Organ- und Gewebespende berücksichtigt, die ab dem 14. Lebensjahr alle zwei Jahre exklusiv nur von Hausärzten erbracht und berechnet werden kann. Die Leistung stellt zwar formal keine Prävention dar, lässt sich aber gut in die Vorsorgezyklen einordnen.
Hausärztliche Präventionsleistungen, die – je nach Alter und Geschlecht des Patienten – in einer Sitzung berechnungsfähig sind | ||||
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GOP | Legende | Alter | Abstand | Euro |
01480 | Beratung über Organ- und Gewebespenden | ab 14 | alle 2 Jahre | 7,76 |
01732 | Gesundheitsvorsorgeuntersuchung | 18-34 | einmalig | 38,90 |
ab 35 | alle 3 Jahre | |||
01734 | Hepatitisscreening | ab 35 | einmalig |
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01745 | Hautkrebsscreening | ab 35 | alle 2 Jahre | 30,19 |
01746 | 24,94 | |||
01731 | Krebsvorsorge beim Mann | ab 45 | jährlich | 17,18 |
01737 | Ausgabe und Weiterleiten eines Stuhlprobenentnahmesystems (iFOBT) | ab 50 | jährlich bzw. alle 2 Jahre | 6,80 |
01740 | Beratung zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms | ab 50 | einmalig | 13,84 |
01747 | Beratung zum Ultraschallscreening auf Bauchaortenaneurysmen | ab 65 | einmalig | 9,79 |
01748 | Sonografische Untersuchung auf Bauchaortenaneurysmen | 14,80 | ||
Quelle: EBM |
Operative Leistungen sind kein originäres Betätigungsfeld für Hausärzte. Der EBM weist ihnen aber grundsätzlich die präoperative Diagnostik zu und auf (Rück-)Überweisung des Operateurs auch die postoperative Behandlung. Die Abrechnung dieser Leistungen als Fall ist sogar neben den sonstigen kurativen Behandlungsanlässen möglich.
Das Augenmerk mehr auf die Telemedizin richten
Akzeptanzschwierigkeiten haben die Leistungen im EBM, die digital zur Anwendung kommen, etwa bei Apps auf Rezept oder die Videosprechstunde, das Telekonsil und das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz. Hierfür sind vermutlich die bisher nicht grundsätzlich verpflichtend ins Praxisverwaltungssystem einzuführenden TI-Elemente als ursächlich anzusehen. Da diese seit Januar 2024 aber durchgehend und unter Sanktionsandrohung Einzug in die Praxen gehalten haben, sollte sich das Augenmerk auch dorthin wenden.
Mittels der Telematikinfrastruktur sind solche Leistungen relativ einfach und teilweise sogar im Delegationsverfahren zu erbringen.
Nicht alltäglich sind extrabudgetär vergütete Leistungen, die mit dem Ausfüllen von Formularen oder dem Anfertigen von Attesten verbunden sind. Im „Wald der Bürokratie“ sind sie allerdings „Bäume“, bei denen zumindest von einem leistungsgerechten Honorar gesprochen werden kann. Das Feststellen der medizinischen Notwendigkeit einer Mitaufnahme einer Begleitperson im Vorfeld einer nicht geplanten Krankenhausbehandlung wird zwar nur mit 3,58 Euro vergütet, kann aber mit einem einmalig selbst erstellten Musterformular bei Bedarf schnell erledigt werden. Bei der Verordnung medizinischer Rehabilitation auf dem Vordruck Muster 61 ist der Aufwand zwar etwas größer, das Honorar von 37,59 Euro trägt dem aber Rechnung. Da solche Anträge bei Patienten ab dem 70. Lj. von den Kassen „automatisch“ genehmigt werden müssen, ist außerdem mit keinem zusätzlichen Aufwand durch Nachfragen der Kasse zu rechnen.
Über Einstiegshürden beim Dienst im Pflegeheim reden
Betriebswirtschaftlich gesehen sollten die Leistungen des Abschnitts IV 37.2 und 37.3 gleich nach der Prävention kommen. Die dort angesiedelten Leistungen stellen den Ausnahmefall dar, dass man bei Hausbesuchen in einem Pflegeheim von einem Honorar ausgehen kann, das zumindest in die Nähe der Angemessenheit kommt. Obgleich die Zahl an Pflegeheimbewohnern zunimmt, führen die Leistungen bisher eher ein Mauerblümchendasein. Ob das an dem anfangs notwendigen bürokratischen Aufwand liegt, wenn Praxen einen von der KV anerkannten Versorgungsvertrag mit einem Pflegeheim abschließen wollen, ist zu diskutieren und sollte Anlass zu weiteren Überlegungen bei der Entbürokratisierung sein.
Medical-Tribune-Bericht