Booster im Pflegeheim Impfungen beim Hausbesuch richtig abrechnen

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Bei einem Versorgungsvertrag mit dem Heim sind die Karten anders gemischt. (Agenturfoto) Bei einem Versorgungsvertrag mit dem Heim sind die Karten anders gemischt. (Agenturfoto) © Geber86/gettyimages

Laut STIKO sollen insbesondere ältere Menschen eine COVID-Auffrischungsimpfung erhalten. Das erfordert teils auch Hausbesuche, etwa im Pflegeheim. Dann gilt es, einen guten Umgang mit dem Honorar zu finden.

Der Hausbesuch zum Zweck einer COVID-Impfung kann nach der aktuellen Coronavirus-Impfverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit mit den Nrn. 88323 (Besuch im Rahmen einer Impfung) und 88324 (Besuch einer weiteren Person in derselben sozialen Gemeinschaft oder Einrichtung) berechnet werden.

Verfolgt der Hausbesuch nicht ausschließlich das Ziel einer solchen Impfung, sondern werden auch andere, kurative Leistungen erbracht, kommt alternativ die EBM-Abrechnung nach den GOP 01410 (Besuch eines Kranken, wegen der Erkrankung ausgeführt) und 01413 (Besuch eines weiteren Kranken in derselben sozialen Gemeinschaft) in Betracht. Grundsätzlich sind die EBM-Positionen schlechter bewertet und kommen deshalb für die Abrechnung eines Impfbesuches eigentlich nicht in Betracht. Es gibt aber Ausnahmen!

Ein Fallbeispiel: Monika E. ist 78 Jahre alt und wurde kürzlich in einem Pflegeheim untergebracht. Die Ständige Impfkommission beim RKI empfiehlt bei Menschen ab dem 60. Lebensjahr und besonders gesundheitlich gefährdeten bzw. exponierten Personengruppen nach abgeschlossener COVID-19-Grund­immunisierung und erfolgter erster Auffrischimpfung eine zweite Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff. Deswegen soll Frau E. eine weitere Boosterung erhalten. Die Impfung erfolgt beim Hausbesuch, da die Patientin wegen einer Herzinsuffizienz NYHA II und einer schweren Gon­arthrose beidseitig nur noch begrenzt beweglich ist.

Würde ein solcher Hausbesuch ausschließlich wegen einer ­COVID-19-Impfung stattfinden, könnten nur die Nrn. 88323 und 88324 berechnet werden. Bei diesem Besuch finden wegen der chronischen Erkrankungen aber auch Kontrolluntersuchungen statt. Besteht mit dem Pflegeheim ein Versorgungsvertrag gemäß Anlage 27 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte kann die EBM-Abrechnung doch überlegen sein. Kommt bei dem Besuch nämlich ein kurativer Anlass hinzu, besteht ein Wahlrecht zwischen den Nummern der Corona-Impfverordnung und den entsprechenden Leistungen des EBM. In der Tabelle 1 sind die beiden Berechnungsmöglichkeiten gegenübergestellt.

Erster oder zweiter Patienten-Kontakt im Quartal?

Die „COVID-Hausbesuchsziffer“ ist mit 35 Euro at als die EBM-Abrechnung mit 23,88 Euro zzgl. km-Pauschale. Besteht mit dem Pflegeheim ein Versorgungsvertrag sticht dagegen die EBM-Abrechnung.

Tabelle 1: Abrechnungsoptionen beim COVID-19-Impfbesuch

Nummer

Legende

Euro

88323

Besuch zwecks Impfung nach Coronavirus-Impfverordnung

35,00

oder:

01410

Besuch zwecks Impfung

23,88

 

km-Pauschale (Beispiel KV Bayerns)

4,42

ggf. 37102

Zuschlag zur Nr. 01410 für den Besuch eines Patienten in einem Pflegeheim, mit dem ein Kooperationsvertrag nach § 119b SGB V besteht

14,08

weitere Postitionen in beiden Fällen:

88331K

Impfung mit mRNA (BioNTech) im Pflegeheim

28,00

88350

Ausstellen eines Impfzertifikats

6,00

Bei Besuch weiterer Personen in derselben sozialen Gemeinschaft oder ­Einrichtung:

88324

Besuch einer weiteren Person zwecks Impfung nach Coronavirus-Impfverordnung

15,00

oder:

01413

Besuch einer weiteren Person

11,94

37102

Zuschlag zur Nr. 01413

14,08

bzw. 37113

Zuschlag zur Nr. 01413 für den Besuch eines Patienten in einem Pflegeheim, mit dem ein Kooperationsvertrag nach § 119b SGB V besteht

11,94

weitere Postitionen in beiden Fällen:

88331K

Impfung mit mRNA (BioNTech) im Pflegeheim

28,00

88350

Ausstellen eines Impfzertifikats

6,00

Quelle: EBM und Coronavirus-Impfverordnung des BMG

Die in Tabelle 1 gezeigte Version nach EBM ist mit 42,38 Euro den 35 Euro aber nur dann überlegen, wenn es sich um den ersten Kontakt im Quartal handelt, da die EBM-Nr. 37102 nur einmal im Behandlungsfall berechnungsfähig ist. In diesem Fall kämen zusätzlich die altersspezifische Versichertenpauschale und der Chronikerzuschlag I nach Nr. 03220 EBM zum Ansatz.

Würde es sich bei dem Kontakt hingegen um eine spätere Inanspruchnahme im Quartal handeln, käme die Nr. 37102 nicht zum Tragen; die Abrechnungsnummer 88323 wäre mit 35 Euro gegenüber der GOP 01410 plus Wegepauschale trotz des Versorgungsvertrages die bessere Bewertung.

EBM-Variante glänzt eher bei Mitbesuch-Impfung

Ähnlich stellt sich die Lage dar, wenn in selber Sitzung in dem Pflegeheim weitere Personen geimpft und kurativ versorgt werden. Auch hier wäre zwar die Abrechnung nach Nr. 88324 mit 15 Euro der Abrechnung der GOP 01413 (11,94 Euro) überlegen. Im Fall eines Versorgungsvertrages mit dem Pflegeheim ändert sich aber die Ausgangslage – jedoch anders als beim „Hauptbesuch“ nach GOP 01410.

Bei den Mitbesuchen ist beim Vorliegen eines Versorgungsvertrages die Abrechnungsfolge nach EBM gegenüber den 15 Euro nach der Corona-Impfverordnung deutlich im Vorteil. Das bleibt auch so, wenn die GOP 37102 wegen eines späteren Besuchs im Quartal nicht zum Ansatz kommt, weil die GOP 37113 bei jedem Besuch nach Nr. 01413 berechnet werden kann. Die EBM-Variante bringt somit auch beim späteren Besuch im Quartal ein höheres Gesamthonorar von 23,88 Euro als die Abrechnung der Nr. 88324 (15 Euro).

Zu beachten ist ferner: Das ab dem Oktober 2022 gültige Infektionsschutzgesetz sieht neue Auflagen für die Bevölkerung vor. Neben einer FFP-2-Maskenpflicht in bestimmten Bereichen ist der Nachweis einer vollständigen Impfung ggf. als Ersatz für die Maskenpflicht vorgesehen. Das Gesetz definiert Personen als „vollständig geimpft“, wenn sie

  • drei Impfungen erhalten haben, wobei die drittte Dosis mindestens drei Monate nach der zweiten Dosis verabreicht worden sein muss,
  • eine Infektion, bestätigt durch einen Antikörpertest, durchgemacht haben und danach zweimal geimpft wurden,
  • eine Impfung erhalten haben, danach eine durch einen PCR-Test belegte Coronainfektion hatten und danach eine zweite Impfung erhielten,
  • zwei Impfungen und danach eine Coronainfektion – belegt durch einen PCR-Test, der mindestens 28 Tage zurückliegt – hatten.

Die Impfausweise werden in diesem Zusammenhang wieder an Bedeutung gewinnen und deshalb vermehrt dazu führen, dass an Praxen der Wunsch nach einem, ggf. sogar nachträglich ausgestellten Zertifikat herangetragen wird. Tabelle 2 fasst die hier berechnungsfähigen Positionen zusammen.

Tabelle 2: Abrechnung von Zertifikaten

Nummer

Legende

Euro

88350

Zertifikat für Patienten, die in eigener Praxis geimpft wurden

6,00

88351

Zertifikat für Patienten, die in eigener Praxis geimpft wurden, erstellt mithilfe des PVS-Systems

2,00

88352

Ausstellen eines Impfzertifikats (Erstimpfung), wenn diese nicht in der Praxis erfolgte

6,00

88353

Ausstellen eines Impfzertifikats für die Zweitimpfung, wenn die nicht in der Praxis erfolgte, aber dort die Erst­impfung vorgenommen wurde

6,00

88355

Vergütung für das nachträgliche Ausstellen einer ­Impfdokumentation

2,00

88370

Ausstellen eines COVID-19-Genesenenzertifikats

6,00

88371

Ausstellen eines COVID-19-Genesenenzertifikats ­mithilfe des PVS-Systems

2,00

Quelle: EBM und Coronavirus-Impfverordnung des BMG

Medical-Tribune-Bericht