Tape-Verbände abrechnen Unterschiede zwischen EBM und GOÄ sind beachtenswert

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Privatrechnung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Tapes können helfen, Gelenke mobil zu halten und Heilungsprozesse zu fördern. Wie wird abgerechnet? Tapes können helfen, Gelenke mobil zu halten und Heilungsprozesse zu fördern. Wie wird abgerechnet? © ronstik – stock.adobe.com

In der Sportmedizin gehören Tape-Verbände zum Standard. Und auch bei Verletzungen oder degenerativen Veränderungen werden sie eingesetzt. Aber Achtung: Nach EBM ist die Berechnung nur bei Notfällen, nach GOÄ grundsätzlich möglich. Was Sie sonst noch wissen müssen.

Ein Tape-Verband unterstützt die Funktion von Bändern, Muskeln und Sehnen. Zur Abrechnung der so den Heilungsprozess unterstützenden Leistung steht im EBM die Gebührenordnungsposition (GOP) 02350 zur Verfügung. Die Materialien bei Verbänden der GOP 02350 dürfen nicht weiter verwendbar sein. 

GOP 02350 ist eine Notfallleistung des EBM

EBM

Legende

Punkte/Euro

02350

Fixierender Verband mit Einschluss mindestens eines großen Gelenkes unter Verwendung unelastischer, individuell anmodellierbarer, nicht weiter verwendbarer Materialien

144/16,55

Die GOP 02350 ist nicht berechnungsfähig

  • neben den GOP 02300 bis 02302, 02310 bis 02313, 10340 bis 10342, 27332 und 30214,

  • am Behandlungstag neben den GOP 31614 bis 31621,

  • im Behandlungsfall neben den GOP 07310, 07311, 07330, 07340, 10330, 18310, 18311, 18330, 18340 und 34291,

  • im Zeitraum von 21 Tagen nach Erbringung einer Leistung des Abschnitts 31.2 neben den GOP 31600 und 31614 bis 31621.

Quellen: EBM

Materialien, die zum Einsatz kommen sind z.B. Gips, Kunststoff, Tape, nicht aber Zinkleim, dem die geforderte Eigenschaft „fixierend“ fehlt. Auch die Anwendung von Orthesen, die nicht anmodellierbar sind, kann nicht über diese GOP berechnet werden. Das Wiederanlegen einer Gipsschiene hingegen ist nach GOP 02350 berechnungsfähig, wenn dabei mindestens ein großes Gelenk fixiert wird. 

Materialkosten können geltend gemacht werden

Gemäß Anhang 1 des EBM ist die GOP 02350 Bestandteil der Versichertenpauschalen der Abschnitte 3 und 4 und kann somit nicht neben den GOP 03000/04000 bzw. 03030/04030 berechnet werden. Hinzu kommt, dass diese GOP auch nicht in der Präambel dieser beiden EBM-Abschnitte aufgeführt ist und deshalb grundsätzlich bei Hausärzten im „Normalbetrieb“ ausgeschlossen ist. Allerdings können die Materialkosten z.B. für Tape-Verbände entsprechend Nr. I 7.3 der Allgemeinen Bestimmungen gesondert z.B. auf Rezept oder als Sprechstundenbedarf geltend gemacht werden. Das gilt auch, wenn anstelle von Gips synthetische Stützverbandsysteme verwendet werden. 

Ein Ansatz ist hingegen für Hausärzte im organisierten Bereitschaftsdienst möglich. Als große Gelenke gelten dabei Schulter-, Ellenbogen-, Hand-, Knie-, Fußgelenk jeweils als anatomisch-funktionelle Einheit. Eine Unterteilung etwa des Fußgelenkes in Teilgelenke wie das obere und untere Sprunggelenk ist jedoch nicht möglich (s. Urteil SG Stuttgart, S 10 Ka 4014/99 vom 28. Juni 2000).

Fallbeispiel: Ein 18-Jähriger  stürzt bei einem Fußballspiel am Sonntagnachmittag und zieht sich eine Schürfwunde am rechten Unterschenkel und eine Distorsion des linken Sprunggelenkes zu. Tetanusschutz ist vorhanden. Die offene Wunde wird durch einen Salbenverband abgedeckt und am Sprunggelenk ein Tapeverband angelegt. Zur weiteren Behandlung soll er sich am Montag bei seinem Hausarzt vorstellen. Die Abrechnung der erbrachten Leistungen ist in der Tabelle unten dargestellt.

Die Behandlung der Schürfwunde könnte nach der GOP 02300 (68 Punkte) berechnet werden. Diese Position ist allerdings neben der GOP 02350 ausgeschlossen, sodass der deutlich höher bewerteten GOP 02350 (144 Punkte) der Vorzug gegeben werden kann.

Bei Privatpatienten sieht das anders aus. Hier kann ein Tape-Verband eines kleinen Gelenks nach der GOÄ-Nummer 206 abgerechnet werden (2,3-facher Satz, 9,38 Euro) und die GOÄ-Nummer 207 steht für den Tape-Verband eines großen Gelenks oder den Zinkleimverband zur Verfügung (2,3-facher Satz, 13,41 Euro). 

Wird ein Tape-Verband angelegt, der kein Gelenk umfasst (z.B. der Wade), kann hierfür Nr. 201 GOÄ abgerechnet werden. In allen Fällen kommen die Kosten für das Material hinzu. Und da in beiden Fällen in der Legende von einem Gelenk die Rede ist, können die Nrn. 206 und/oder 207 auch mehrfach in einer Sitzung berechnet werden. 

Es gibt in der GOÄ keine Ausschlüsse neben den Nrn. 206/207 wie im EBM. Im Fallbeispiel könnte deshalb zusätzlich zur Nr. 207 auch die Nr. 2006 (Behandlung einer Wunde, die nicht primär heilt oder Entzündungserscheinungen oder Eiterungen aufweist – auch Abtragung von Nekrosen an einer Wunde, 8,44 Euro bei 2,3-fachem Satz) zzgl. der Nr. 200 zum Ansatz kommen.

Fallbeispiel: Offene Wunde und Distorsion im Notdienst

 

EBM

Legende

Punkte/Euro

GOÄ

01212

Notfallpauschale II im organisierten Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser bei Inanspruchnahme zwischen 19.00 und 7.00 Uhr des Folgetages, ganztägig an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und am 24.12. und 31.12.

203/23,33

1+5

02350

Anlage eines Tapeverbandes am linken Sprunggelenk

144/16,55

207

 

Versorgung Schürfwunde rechter Unterschenkel

 

206

200

Quellen: EBM, GOÄ

Tapeverband eines kleinen Gelenks als IGeL möglich?

Da als kleine Gelenke die Finger- und Zehengelenke gelten, stellt sich die Frage, wie eine Berechnung dieser Leistung bei GKV-Patienten aussehen könnte. Im Anhang 1 des EBM ist nur die GOP 002350 z.B. als Tapeverband Bestandteil der GOP 03000 oder 03030, wenn mindestens ein großes Gelenk eingeschlossen ist. Kleine Gelenke kommen somit im EBM als GOP nicht vor. Da ein solcher Verband kleiner Gelenke aber als Bestandteil der Versicherten- und der fachärztlichen Grundpauschalen bzw. als in anderen GOP enthalten im Anhang VI.1 des EBM aufgeführt wird, darf die Leistungen einem GKV-Versicherten nicht als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) angeboten werden.

Medical-Tribune-Bericht