Abrechnung nach EBM Optionen neben den Pauschalen
Beispiel 1: Tests bei Demenzverdacht – Nr. 03242 vs. Nr. 03360
Wenn ein älterer Patient über zunehmenden Gedächtnisverlust klagt, ist meist das Kurzzeitgedächtnis betroffen. Trotzdem sollte man eine demenzielle Entwicklung ausschließen. Bei Patienten ab dem 70. Lebensjahr kann man bei solchen Symptomen als diagnostische Maßnahme das hausärztlich-geriatrische Basisassessment nach Nr. 03360 EBM durchführen und abrechnen. Das ist aber nur zweimal im Krankheitsfall (also innerhalb von vier Quartalen) möglich.
Werden in diesem Zeitraum weitere Testungen notwendig oder ist der Patient noch keine 70 Jahre alt, steht als Abrechnungsalternative die Nr. 03242 (Testverfahren bei Demenzverdacht, 2,59 Euro) zur Verfügung. Die Leistung kann bis zu dreimal im Behandlungsfall (Quartal) angesetzt werden.
Tab. 1: Leistungen bei Demenzverdacht | ||
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EBM | Legende | Euro |
03242 | Beurteilung von Hirnleistungsstörungen mittels standardisierter Testverfahren bei Patienten mit Demenzverdacht (z.B. SKT, MMST, TFDD), je Test, bis zu dreimal im Behandlungsfall | 2,59 |
GOÄ | Legende | Euro (1 x) |
B55 | projektive Testverfahren (z.B. Rorschach-Test, TAT) mit schriftlicher Aufzeichnung, insgesamt | 42,08 |
B56 | standardisierte Intelligenz- und Entwicklungstests (Staffeltests oder HAWIE(K), IST/Amthauer, Bühler-Hetzer, Binet-Simon, Kramer) mit schriftlicher Aufzeichnung, insgesamt | 21,04 |
B57 | orientierende Testuntersuchungen (z.B. Fragebogentest nach Eysenck, MPQ oder MPI, Raven-Test, Sceno-Test, Wartegg-Zeichentest, Haus-Baum-Mensch, mit Ausnahme des sog. Lüscher-Tests), insgesamt | 6,76 |
Die Nr. 03242 darf von jedem Arzt aus dem hausärztlichen Bereich abgerechnet werden, eine Genehmigung der KV ist nicht erforderlich. Voraussetzung ist nur die Diagnose „Demenzverdacht“, es gibt keine Altersvorgabe.
In der GOÄ gibt es je nach Art des Tests die korrespondierenden Nrn. 855 bis 857. Als sog. technische Leistungen (Kapitel A der GOÄ) dürfen sie nur mit dem reduzierten Gebührenrahmen (1,8- bzw. 2,5-fach) berechnet werden. Beim bei Demenzverdacht sinnvollen sog. Uhrentest (MMST) kann z.B. die GOÄ-Nr. 857 zum Ansatz kommen. Finden mehrere Tests in derselben Sitzung statt, können die einzelnen GOÄ-Nrn. nicht mehrfach abgerechnet werden. Der Mehraufwand ist aber durch eine Faktorsteigerung (bis 2,5) darstellbar. Eine parallele Berechnung der Leistungen nach den Nrn. 855 bis 857 wiederum ist in derselben Sitzung möglich. Da diese GOÄ-Leistungen zum Abschnitt C bis O gehören, können sie nur einmal im Behandlungsfall (BHF) mit den GOÄ-Nrn. 1 und 5 kombiniert werden.
WICHTIG: Alle Testungen können in beiden Gebührenordnungen an eine qualifizierte MFA delegiert werden. Die Auswertung hingegen ist eine ärztliche Leistung.
Beispiel 2: Versichertenpauschale bei unvorhergesehener Inanspruchnahme
Im Hausarztkapitel des EBM gibt es die Nr. 03030 als Versichertenpauschale bei einer unvorhergesehenen Inanspruchnahme. Sie ist deutlich schlechter bewertet als die Versichertenpauschale nach Nr. 03000. Wann ist sie also auszuwählen?
Die Antwort liefert die zweite Anmerkung zu den Nrn. 03030/04030: Erfolgt im Behandlungsfall lediglich eine Inanspruchnahme durch den Patienten unvorhergesehen (…), so ist anstelle der Nrn. 03000/04000 die Pauschale 03030 bzw. 04030 zu berechnen. Diese muss also dann angesetzt werden, wenn es im Quartal zu keinem geplanten Arzt-Patientenkontakt (APK) kommt, sondern der Patient ausschließlich unvorhergesehen und außerhalb der Sprechstundenzeiten in die Praxis kommt oder besucht wird.
Tab. 2: Unvorhergesehene Inanspruchnahme nach EBM | ||
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EBM | Legende | Euro |
03030/04030 | Versichertenpauschale bei unvorhergesehener Inanspruchnahme zwischen 19 und 7 Uhr, an Sams-, Sonn- und gesetzlichen Feiertagen, am 24.12. und 31.12. bei persönlichem APK, höchstens zweimal im Behandlungsfall. Obligat: persönlicher APK bei Leistungen der Nrn. 01100, 01101, 01411, 01412 oder 01415 | 8,67 |
01100 | Unvorhergesehene Inanspruchnahme
| 22,08 |
WICHTIG: Honorartechnisch könnte dies relevant sein, wenn ein Patient im Behandlungsfall keinen „regulären“ APK hat, es aber zweimal eine unvorhergesehene Inanspruchnahme gibt, da die Nrn. 03040 und 04040 dann auch zweimal berechnet werden können. Aktuell ergibt dies ein Honorar von 17,34 Euro. Übertroffen wird dieser Wert nur mit den Versichertenpauschalen bei einem Kind bis zum 4. Geburtstag oder einem Patienten, der über 75 Jahre alt ist. Hinzu kommt, dass in solchen Fällen z.B. auch die Leistungen nach den Nrn. 01100 bzw. 01101 oder Hausbesuche nach den Nrn. 01411, 01412 oder 01415 berechnungsfähig sind. Alle genannten Leistungen haben übrigens keine Zeitvorgaben für die Plausibilitätsprüfung.
Beispiel 3: Leistungen im Pflegeheim
Bei der Behandlung von Patienten im Alters- oder Pflegeheim sorgen spezifische Positionen und ein erweitertes Abrechnungsspektrum für eine Einzelleistungsvergütung, die zum Teil sogar außerhalb des Regelleistungsvolumens (RLV) angesiedelt ist. Dazu ein Fallbeispiel: Frau B. ist 81 Jahre alt. Sie leidet an einem leichten, gut eingestellten Hypertonus und einem oral behandelten Typ-2-Diabetes. Sie hat einen Pflegegrad und wohnt in einem Altenheim. Sie ist noch mobil genug, um regelmäßig in die Praxis zu kommen. Zuletzt sind bei ihr allerdings kognitive Einschränkungen aufgetreten.
Tab. 3: Fallbeispiel – Leistungen beim Erstkontakt im Quartal | |||
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EBM | Legende | Euro | Bemerkung |
030005 | Versichertenpauschale ab Beginn des 76. Lebensjahres, einmal im Behandlungsfall | 22,53 |
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032230 | Zuschlag zur Versichertenpauschale bei Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung, einmal im Behandlungsfall | 14,65 | Zuschlag zur Versichertenpauschale bei Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung, einmal im Behandlungsfall |
04460 | Hausärztlich-geriatrisches Basisassessment bei Patienten ab dem 70. Lebensjahr und mindestens einer geriatrischen Erkrankung | 12,73 | Zweimal im Krankheitsfall (= vier Quartale) möglich |
37100 | Zuschlag zur Versichertenpauschale für Patienten in stationärer Pflegeeinrichtung, einmal im Behandlungsfall | 14,08 | Berechnungsfähig, wenn ein Kooperationsvertrag nach § 119b SGB V mit dem Heim besteht |
32035 | Glukosebestimmung | 1,60 | Nur bei Bestimmung in der Praxis berechnungsfähig |
03230 | Problemorientiertes ärztliches Gespräch, je 10 Minuten | 14,42 | Unterliegt einem Budget von 64 Punkten/Fall, bezogen auf alle Fälle |
Die Patientin kommt zur Verlaufskontrolle nach vier Wochen erneut in die Praxis und klagt über häufige Schwindelzustände. Die körperliche Untersuchung ergibt den Verdacht auf einen Lagerungsschwindel. Die Bedeutung dieser Störung wird mit der Patientin erörtert. Im Rahmen des Versorgungsvertrages mit dem Heim erfolgt eine telefonische Rücksprache mit dem betreuenden Neurologen des Pflegeheims.
Tab. 4: Fallbeispiel – Leistungen bei der Verlaufkontrolle | |||
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EBM | Legende | Euro | Bemerkung |
03221 | Zuschlag zur Nr. 03220 für die intensive Behandlung und Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung, einmal im Behandlungsfall | 4,51 | Erfordert mindestens zwei persönliche Arzt-Patienten-Kontakte |
03362 | Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex, einmal im Behandlungsfall bei mindestens zwei persönlichen Arzt-Patienten-Kontakten | 14,65 | Kann nur berechnet werden, wenn ein Assessment nach Nr. 03360 oder 30980 vorliegt, das nicht älter als ein Jahr ist |
37120 | Fallkonferenz mit dem Neurologen | 9,69 | Nur berechnungsfähig, wenn ein Versorgungsvertrag nach § 119b SGB V mit dem Heim besteht |
32025 | Glukosebestimmung im Blut | 1,60 | Nur bei Bestimmung in Praxis berechnungsfähig |
03230 | Problemorientiertes ärztliches Gespräch, je 10 Minuten | 14,42 | Unterliegt einem Budget von 64 Punkten/Fall |
WICHTIG: Ist ein Patient immobil und kann nicht mehr in die Praxis kommen, fällt anstelle der Nr. 37100 EBM einmal im Quartal die Nr. 37102 als Zuschlag zu den Nrn. 01410 oder 01413 an. Im Fall der Mitbesuchsbehandlung nach Nr. 01413 kann zusätzlich bei jedem Besuch die Nr. 37113 (Zuschlag zur Nr. 01413 für den Besuch eines Patienten in einem Pflegeheim) hinzugefügt werden. Auch in diesen Fällen ist ein Versorgungsvertrag die Voraussetzung für die Abrechnung.
Alle Leistungen des Abschnitts IV.37 EBM werden extrabudgetär vergütet und sind nicht mit Zeitvorgaben im Rahmen der Plausibilitätsprüfung verknüpft.
Medical-Tribune-Bericht