„Gebühr zahlt Empfänger“ Portopauschalen abgesenkt, eArztbriefpauschale kostenlos – was geht?
Ein Element der „Zwangsdigitalisierung“ der Praxen hat bislang zu wenig Aufmerksamkeit erregt. Denn bisher konnten Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen – freiwillig – aus ihrem Praxisverwaltungssystem elektronische Arztbriefe versenden und empfangen. Um diese Entwicklung in Richtung Digitalisierung weiter zu forcieren, wurden als „Druckmittel“ die Portopauschalen abgesenkt und ausgleichende Pauschalen nach den Pseudonummern 86900/86901 zzgl. eines Förderzuschlags nach der GOP 01660 geschaffen. Das Problem? Das ist jetzt alles wieder weg.
Zum Hintergrund: Praxen müssen nach aktueller Gesetzeslage ab Anfang 2024 eArztbriefe mindestens empfangen können. Für den Versand und Empfang der eArztbriefe hat der Gesetzgeber besondere Sicherheitsanforderungen gestellt: Die Praxen müssen KIM (Kommunikation im Medizinwesen) einsetzen, der unter anderem auch für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genutzt wird. Das ist mit einem finanziellen Aufwand verbunden, der durch die TI-Pauschalen nicht vollständig abgedeckt wird.
Zudem müssen die eArztbriefe elektronisch signiert werden. Dafür ist ein elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) notwendig. Wer sich darauf nicht vorbereitet, muss ab März 2024 mit einer Kürzung der TI-Pauschale rechnen.
Portopauschalen wurden noch mal weiter gesenkt
Zum 1. Oktober 2023 wurden die Portopauschalen nach den GOP 40110/40111 erneut und jetzt massiv abgesenkt: Lag der Höchstwert in der Fachgruppe Innere Medizin, SP Hämatologie/Onkologie bis 31.09.2023 noch bei 203,82 Euro, wird er ab 1.10.2023 nur noch 50,74 Euro betragen.
Pauschalen für elektronischen Versand / Förderpauschale | ||
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EBM | Legende | Euro |
86900 | Elektronischer Versand von Briefen | 0,28 |
86901 | Elektronischer Empfang von Arztbriefen | 0,27 |
01660 | Zuschlag zur eArztbrief-Versandpauschale nach Nr. 86900 zur Förderung der Versendung elektronischer Briefe | 0,11 |
01647 | Zusatzpauschale zu den Grundpauschalen des Kapitels 13 im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte, einmal in Behandlungsfall | 1,72 |
Als Ersatz für diese nun stark abgesenkten Portopauschalen, die auch den Faxversand beinhalten und die Kosten für durch Kassen angeforderte Berichte abdecken sollen, wurden Pauschalen für den elektronischen Versand und Empfang sowie eine Förderpauschale für den Versand beschlossen (siehe Tabelle). Die Pauschalen 86900 und 86901 haben einen gemeinsamen Höchstwert von 23,40 Euro je Quartal und Arzt. Die „Förder-GOP“ ist seit dem 1. Juli 2023 ausgelaufen. Überraschend wurde aber auch die Abrechnung der Pseudonummern 86900 und 86901 gestrichen.
eArztbrief: Versand und Empfang auf Praxiskosten
Dazu hat die KBV am 27. Oktober 2023 kommuniziert, dass das Bundesgesundheitsministerium die Finanzierung der Technikkosten für die Telematikinfrastruktur zum 1. Juli 2023 neu geregelt hat und dass damit die Vergütungsregelung für die Übermittlung von eArztbriefen zum 30. Juni 2023 entfallen. Und weiter: „Den Versand und Empfang können Praxen deshalb derzeit nicht abrechnen. Die KBV setzt sich aktuell dafür ein, dass dies zukünftig wieder möglich wird.“
Fazit: Arztbriefe könnte man künftig den Patient:innen direkt mitgeben, will man mit der Portopauschale auskommen. Denkbar wäre auch ein Übertrag auf die Versichertenkarte, der immerhin mit der GOP 01647 (Zusatzpauschale zu den Versichertenpauschalen und den Grundpauschalen im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte, 1,72 Euro, einmal im Behandlungsfall, siehe Tabelle) berechnet werden kann. Bei Berichtanforderungen von Krankenkassen sollte man aber konsequent sein und das Couvert mit dem Aufdruck „Gebühr zahlt Empfänger“ versehen. Außer: Es ist ein Freiumschlag beigefügt.
Medical-Tribune-Bericht