In der Warteschleife hängen geblieben Setzt die nächste Regierung die Reformen beim Honorar um?
Die Ausgaben von GKV und PKV für die Versorgung ihrer Versicherten sind 2024 weiter gestiegen. Die Beiträge folgen dieser Entwicklung. Doch was heißt das für die Umsätze der Niedergelassenen? Hier ein paar Schlaglichter auf honorarpolitische Maßnahmen, die allerdings zum Teil in eine Warteposition verschoben wurden.
Hybrid-DRG
Die Verordnung des BMG über eine spezielle sektorengleiche Vergütung mit Hybrid-DRG ist seit dem 1. Januar 2024 in Kraft. KBV und Kassen haben sich auf das Prozedere geeinigt: Die Abrechnung erfolgt direkt mit der zuständigen Krankenkasse.
Hausärztliche Praxen sind bei prä- und postoperativen Leistungen betroffen. Als Übergangsregelung für deren Abrechnung sollen zwischen KBV und GKV-Spitzenverband die notwendigen Anpassungen des EBM verhandelt werden. Hier scheint sich allerdings eine Dauerbaustelle zu entwickeln. Dem Bewertungsausschuss fiel erst nachträglich auf, dass in der dritten Bestimmung zum Abschnitt 31.1.1 EBM festgelegt ist, dass die präoperativen Untersuchungen außerhalb jener Einrichtung erfolgen müssen, in der operiert wird. Eine Änderung ist vorgesehen: Bei der Abgrenzung der Leistungen nach 31.1 zur Hybrid-DRG soll es nicht mehr auf den Ort der Leistungserbringung ankommen. Vorgesehen ist, dass eine Hausärztin oder ein Hausarzt nach Inkrafttreten der Neuregelung die Gebührenordnungspositionen 31010 bis 31013 auch dann abrechnen kann, wenn sie zu einem MVZ gehören, in dem eine weitere Fachgruppe Leistungen gemäß Hybrid-DRG-Verordnung durchführt und berechnet.
Orientierungspunktwert
Während die Krankenhausärzte 2024 ihrer Forderung nach 7 % höheren Gehältern durch Streik Nachdruck verliehen haben, konnte sich die KBV mit den Kassen nur auf einen Anstieg des Orientierungspunktwerts (OPW) um 3,85 % einigen. Darin sollen auch die höheren Gehaltskosten für MFA berücksichtig sein. Der häufig propagierte kalkulatorische Vergleich des vertragsärztlichen Honorars mit einem Oberarztgehalt ist damit Historie. Was wirklich an der Basis ankommt, hängt von den „Umständen“ ab.
Das vertragsärztliche Honorar wird durch zwei Vorgaben gesteuert: durch die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) und die daraus resultierende Honorarverteilung, z.B. per Regelleistungsvolumens des einzelnen Arztes, sowie durch das Standardbewertungssystem (STABS) der KBV, das als Grundlage für die Bewertung der einzelnen EBM-Leistungen in Euro dient. Allerdings haben die Honorarverteilungsregelungen nicht den Eurowert im EBM als Basis, sondern die MGV. Und die wird jedes Jahr neu berechnet, in Abhängigkeit davon, wie sich Morbidität und Alterung (Demografie) der Bevölkerung entwickeln.
Im STABS wird das EBM-Honorar in Euro aus einem Praxiskostenanteil (TL) und einem Arztlohn auf der Grundlage eines Oberarztgehaltes (AL) berechnet und durch eine Veränderung des OPW jährlich angepasst. Nur hier wirkt sich das Plus von 3,85 % für 2025 aus. Diese Anhebung des OPW bringt aber wenig, wenn nicht in gleicher Weise auch die MGV steigt. Im Bundesdurchschnitt wurde vom Institut des Bewertungsausschusses für 2025 eine Demografierate von 0,01 % und eine diagnosebezogene Veränderungsrate von 0,28 % errechnet. In der Regel wird in den KVen der regionale Mittelwert daraus zugrunde gelegt. Wie oder ob die geplante Honorarerhöhung über den OPW ankommt, hängt von diesen Werten ab.
Wirklich „freuen“ können sich über den (bescheidenen) Honorarzuwachs nur Fachgruppen, die viele Leistungen extrabudgetär erbringen, weil dort die 3,85 % auch ankommen. Hinzu kommen Fachgruppen, die ihr Honorar entbudgetiert erhalten, wie die Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, demnächst aber leider nicht – wie vom Bundesgesundheitsminister eigentlich geplant – die Hausärztinnen und -ärzte.
GVSG und die Entbudgetierung des hausärztlichen Honorars
SPD und Grüne wollen auch ohne eigene Parlamentsmehrheit aus ihrer Sicht wichtige Gesetzesvorhaben, die bereits im Parlament beraten wurden, vor einem wahrscheinlichen Regierungswechsel beschließen lassen. Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) mit den Regelungen zur Entbudgetierung des hausärztlichen Honorars gehört nicht zu dieser Wunschliste. Geht man davon aus, dass dieses Gesetzesvorhaben erst nach der Neuwahl des Parlaments wieder aufgegriffen wird, und berücksichtigt man die drei Monate, die der Bewertungsausschuss Zeit hat, um Dinge im EBM umzusetzen, wird es – wenn überhaupt – wohl frühestens Mitte 2026, bis die Hoffnung der Hausärztinnen und -ärzte erfüllt wird. Die Förderung der Hausärztinnen und -ärzte ist bei der CDU bisher nicht hochrangig angesiedelt. Sollte es wieder eine „Große Koalition“ geben und der bisherige Gesundheitsminister Einfluss behalten, könnte es sein, dass sein „Baby“ noch das Licht der Welt erblickt.
Die neue GOÄ
Ähnlich ist die Lage bezüglich einer neuen GOÄ. Prof. Dr. Karl Lauterbach hat eine Novellierung davon abhängig gemacht, dass ihm ein zwischen BÄK und PKV vereinbarter Entwurf vorgelegt wird. Den gibt es zwar. Wegen der innerärztlichen Widerstände, insbesondere aus fachärztlichen Berufsverbänden, erscheint eine Lösung nicht vor dem Deutschen Ärztetag im Mai 2025 denkbar.
Zudem muss noch ein Gutachten zu den voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen ausgearbeitet werden. Sofern dieses von der neuen Regierung akzeptiert wird, scheint der Weg für einen Beschluss zwischen Ende 2026 und Mitte 2027 frei zu sein.
Die CDU hatte in der laufenden Legislaturperiode ein Inkrafttreten der neuen GOÄ beantragt, aber keine Mehrheit gefunden. Das könnte sich mit einer CDU-geführten Regierung ändern, aber vermutlich nur dann, wenn der neue Gesundheitsminister nicht der alte ist.
Nicht förderlich, aber auch nicht unberechtigt ist das „Geschrei“ um die Preise in dem mit der PKV vereinbarten GOÄ-Entwurf. Bei den vorgesehenen hausärztlichen Untersuchungs- und Besuchsleistungen fällt auf, dass zwar Steigerungen vorgesehen sind, diese bleiben aber in einigen Fällen fundamental hinter dem Konzept der BÄK und damit der Kalkulationsgrundlage zurück.
Der normale Hausbesuch würde nur leicht besser bewertet. Bei den Unzeitzuschlägen triften die Vorschläge von BÄK und PKV beim akzeptierten Preis deutlich auseinander. Die Leistung nach Nr. 52, also der Einsatz des Praxispersonals soll allerdings von 8,53 auf 34,20 Euro deutlich angehoben werden. Sogar Kilometergeld und alle delegierbaren Leistungen könnten daneben zusätzlich berechnet werden.
Neue DMP, z. B. Adipositas
Der G-BA produziert hier zwar regelmäßig neue DMP-Richtlinien. 2024 wurde z. B. ein solches Programm für Adipositas beschlossen. Die Verträge zwischen den KVen und den Kassen lassen aber auf sich warten.
Mit dem Gesundes-Herz-Gesetz wollte Prof. Lauterbach die Kassen verpflichten, künftig ihren Versicherten vom G-BA beschlossene DMP auch anzubieten, indem schneller als bisher Verträge mit den Leistungserbringern vereinbart werden. Zusätzlich wäre dem G-BA zur Auflage gemacht worden, Anforderungen an ein DMP für behandlungsbedürftige Versicherte mit einem hohen Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu beschließen. Leider ist die Umsetzung dieser sinnvollen Regelungen der politischen Entwicklung zum Opfer gefallen.
Medical-Tribune-Bericht