Neuer GOÄ-Entwurf Zuwendungsintensive Leistungen verheißen höheres Honorar

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Privatrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Der Rabatt für die PKV nagt an der Kalkulation des „robusten“ Einfachsatzes. Der Rabatt für die PKV nagt an der Kalkulation des „robusten“ Einfachsatzes. © ARMMY PICCA – stock.adobe.com

Die fachärztliche Kritik an den Preisen in der GOÄ-Version, wie sie zwischen BÄK und PKV vereinbart wurde, ist noch nicht verstummt. Das ist verständlich, wenn man sich die technischen Leistungen anschaut. Allerdings würden die Hausärztinnen und -ärzte bei dieser Novellierung gewinnen.

Die Gesprächsleistungen sind in der neuen GOÄ nahezu durchgehend besser bewertet als bisher. Es sind auch keine großen Unterschiede zwischen dem Bewertungsvorschlag der BÄK und der Einigung mit der PKV zu erkennen.

Bei den Untersuchungen und Besuchen mussten aber offensichtlich Zugeständnisse an die Kostenträger gemacht werden. Hier sind zwar Steigerungen vorhanden, sie unterscheiden sich in einigen Fällen aber fundamental vom Entwurf der BÄK. Der normale Hausbesuch wurde nur leicht besser bewertet und bei den Mitbesuchen ist es zu einer erheblichen Reduktion gekommen (Tab. 1).

Tabelle 1: Untersuchungs- und Besuchsleistungen (Auszüge) in der von BÄK und PKV vereinbarten GOÄ-Version
GOÄ-Leistung (soweit vergleichbar)GOÄ-Nr. aktueller Preis (€) Preis BÄK-Entwurf (€)Preis nach BÄK/PKV (€)
Symptombezogene klinische Erstuntersuchung, einmal im Behandlungsfall510,7217,6414,36
Symptombezogene klinische Folgeuntersuchung, einmal pro Sitzung510,7212,8512,08
 
Vollständige körperliche Untersuchung mindestens eines der folgenden Organsysteme:    
alle Augenabschnitte, der gesamte HNO-Bereich, das stomatognathe System, die Nieren und ableitenden Harnwege (bei Männern auch ggf. einschließlich der männlichen Geschlechtsorgane) oder Untersuchung zur Erhebung eines vollständigen Gefäßstatus613,4121,9518,53
das gesamte Hautorgan, die Stütz- und Bewegungsorgane, alle Brustorgane, die Mammae, alle Bauchorgane, der gesamte weibliche Genitaltrakt (ggf. einschließlich Nieren und ableitender Harnwege)721,4629,2625,44
Untersuchung zur Erhebung des Ganzkörperstatus834,8560,6751,30
Digitaluntersuchung des Mastdarms und/oder der Prostata118,0515,4514,61
Neurologische Untersuchung von mindestens drei Untersuchungsbereichen, wie z. B. Hirnnerven, Motorik, Sensibilität, Reflexe, vegetatives Nervensystem, Koordination, extrapyramidales System, hirnversorgende Gefäße80026,1531,2429,46

Psychiatrische, psychotherapeutische oder psychosomatische Untersuchung
 

  • unter 15 Minuten
  •  je vollendete 15 Minuten, bis zu 4 x je Sitzung

801

 

 

 

33,51

 

 

 

 

15,26
39,99

 

11,98
37,56

Besuch eines Patienten5042,9055,2445,00
Besuch eines weiteren Patienten in derselben Wohnung oder auf derselben Pflegestation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang5133,5118,4118,41
Zuschlag zu einem Besuch oder Mitbesuch für die palliativmedizinische Betreuung des Patienten, einmal im Behandlungsfall  73,6573,65
Zuschlag für dringend angeforderte Besuche aus der laufenden Sprechstunde und unverzüglich erfolgte AusführungE9,3340,0025,00
Zuschlag für zwischen 20 und 22 Uhr oder 6 und 8 Uhr erbrachte LeistungenF15,1540,0020,00
Zuschlag für zwischen 22 und 6 Uhr erbrachte LeistungenG26,2360,0040,00
Zuschlag für an Samstagen, Sonn- oder Feiertagen, Silvester oder Heiligabend erbrachte Leistungen, ggf. neben Zuschlag zwischen 20 und 6 UhrH19,8240,0025,00

Quelle: Eigene Erhebungen, Angaben ohne Gewähr

Bei den Verbänden wurden Leistungen zusammengelegt

Besonders bei den Unzeitzuschlägen driften die ursprünglichen Vorschläge der BÄK und der von der PKV akzeptierte Preis deutlich auseinander. Das könnte das Ergebnis eines Kompromisses sein. Denn die heutige Leistung nach Nr. 52 (Aufsuchen eines Patienten in häuslicher Umgebung durch qualifizierte Mitarbeiter ohne Anwesenheit des Arztes) soll von 8,53 auf 34,20 Euro angehoben werden; sogar Kilometergeld kann berechnet werden. Es mag deshalb sein, dass man dem Hausärztemangel Rechnung tragen und mehr Leistungen delegationsfähig machen will.

Bei den Verbänden wurden Leistungen zusammengelegt; bisher strittige Ansatzmöglichkeiten beim Kompressionsverband sind nach dem Legendentext nicht mehr möglich. Der normale Verband enthält nun das Aufbringen von Externa (bisher Nr. 209) und der Kompressionsverband geht nur noch über mehr als ein großes oder kleines Gelenk bzw. am Unterschenkel bei venösen Erkrankungen. Auch bei gerätetechnischen Leistungen kann man das beobachten. Das Ruhe-EKG umfasst jetzt das Vektorkardiogramm und bei der Lungenfunktion ist es die Flussvolumenkurve.

Erfreulich ist die Anhebung der Bewertung bei der Injektion und insbesondere der medikamentösen Infiltrationsbehandlung. Die Neuraltherapie dürfte unter diesem Aspekt eine Renaissance feiern (Tab. 2).

Tabelle 2: Sonderleistungen (Auszüge) in der von BÄK und PKV vereinbarten GOÄ-Version
GOÄ-Leistung (soweit vergleichbar)GOÄ-Nr. aktueller Preis (€) Preis BÄK-Entwurf (€)Preis nach BÄK/PKV (€)
Verband (ausgenommen Schnell- und Sprühverbände, Pflaster, Augen-, Ohrenklappen oder Dreiecktücher), ggf. einschließlich Entfernen von altem Verbandsmaterial und Aufbringen von Externa und Wundauflagen – nicht neben einer operativen Leistung (auch Ätzung, Fremdkörperentfernung), Punktion, Infusion, Transfusion oder Injektion2006,0311,739,00
Kompressionsverband, z. B. nach Bisgaard, Braun-Falco, Fischer, Gibney, Pütter, Sigg., am Unterschenkel bei Ulcus cruris bzw. chronisch venöser Insuffizienz20412,7422,0418,77

Semirigider Verband (z. B. mit Zinkleim oder Stärkebinden) individuell angefertigt

  • an großen Gelenken (Schulter-, Ellbogen-, Hand-, Hüft-, Knie- oder Sprunggelenk), einmal je Gelenk
  • zur Entlastung von weichteiligen Strukturen, wie z. B. Sehnenspiegel, Haut-, Unterhautgewebe, einmal je Körperregion
  • an kleinen Gelenken

207

 

 

 

 

 

13,41

 

 

 

 

 

18,67

 

 

 

 

 

16,14

 

 

 

 

 

Blutentnahme mittels Spritze, Kanüle oder Katheter aus der Vene2504,197,265,29
Injektion, subkutan, submukös, intrakutan oder intramuskulär2525,3610,919,41
Intrakutane Reiztherapie (Quaddelbehandlung), je Sitzung2668,0515,4513,48

Medikamentöse Infiltrationsbehandlung 

  • im Bereich einer Körperregion
  • im Bereich mehrerer Körperregionen
267
268
8,05
10,72
20,57
33,71
18,21
29,98
Elektrokardiografische Untersuchung mit mindestens zwölf Ableitungen in Ruhe, ggf. einschließlich Vektorkardiografie, je Sitzung65126,5530,8329,00
Ruhespirografische Untersuchung mit fortlaufend registrierenden Methoden, einschließlich grafischer Registrierung, Flussvolumenkurve, einmal je Sitzung605
605a
25,40
14,69

40,27

 

36,39

 

Quelle: Eigene Erhebungen, Angaben ohne Gewähr

Die Bewertung der in hausärztlichen Praxen üblichen technischen Leistungen wie EKG und Lungenfunktion ist dagegen eine Enttäuschung. Den Grund für den Ärger der fachärztlichen Berufsverbände über die Preise für technische Leistungen kann man hier ahnen.

Fazit: Würde die GOÄ-Reform so umgesetzt, könnte man die Hausärztinnen und -ärzte zwar zu den Gewinnern zählen. Insgesamt ist das Ergebnis aber enttäuschend. EBM und GOÄ gleichen sich preislich an. Der Multiplikator wurde durch einen „robusten“ Einfachsatz ersetzt. Robust soll er sein, weil die Leistungen betriebswirtschaftlich kalkuliert wurden. Nachdem man der PKV einen Rabatt geben musste, stimmt das aber nicht mehr. Zweifel an dem neuen Entwurf sind nachvollziehbar. Eine Alternative wäre: Es bei der Aktualisierung der Leistungslegenden belassen, den Punktwert um den von der Politik zugelassenen Prozentsatz erhöhen, die Faktorsteigerung und die analoge Bewertung nicht abschaffen. Das würde den hausärztlichen Gewinn sichern und den Fachärztinnen und -ärzten nicht schaden.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht