So profitieren Hausärzte doch noch von der EBM-Reform 2020
Ab April dieses Jahres ändert sich die Bewertung vieler EBM-Leistungen. Im haus-ärztlichen Bereich kommt es zu Abwertungen bei den Grund- und Versichertenpauschalen sowie medizintechnischen Leistungen bei gleichzeitiger Anhebung des Honorars bei zuwendungsintensiven Leistungen der „Sprechenden Medizin“ – mehr oder weniger ein Nullsummenspiel. Ganz unabhängig davon wurden aber auch Regelungen getroffen, die im hausärztlichen Bereich zu Honorarverbesserungen führen können – wenn man deren strategische Ausrichtung erkennt und umsetzt.
So wird ab dem 1. April 2020 eine Lücke geschlossen, die bisher in der Versorgung außerhalb der Sprechzeiten und des Notdienstes bestand: Die Leistung nach Nr. 01102 (Inanspruchnahme des Vertragsarztes an Samstagen), die bislang nur zwischen 7 und 14 Uhr berechnungsfähig ist, kann mit dem neuen EBM für Kontakte zwischen 7 und 19 Uhr erfolgen. Das ist eine längst überfällige Erweiterung, da sich der Zeitraum jetzt nahtlos an den der Nrn. 01100 und 01101 zwischen 19 und 7 Uhr anschließt.
Direkte Kontakte lassen weitere Leistungen zu
Wichtig ist die weiterhin bestehende Abgrenzung der Nr. 01102 zu den Nrn. 01100/01101. Während bei den zuletzt genannten die Initiative vom Patienten ausgehen muss – er sich also direkt oder telefonisch an den Arzt/die Ärztin wendet –, gilt diese Voraussetzung nicht für die Nr. 01102. Hier kann die Initiative vom Arzt/der Ärztin ausgehen. Werden also künftig am Samstag zwischen 7 Uhr und 19 Uhr Sprechstunden oder eine telefonische Erreichbarkeit angeboten, kann bei jedem Kontakt die Nr. 01102 (11,10 Euro) berechnet werden. Handelt es sich dabei um direkte Arzt-Patienten-Kontakte (APK) sind möglicherweise sogar andere Leistungen zusätzlich berechnungsfähig.
Ein Ausschluss besteht lediglich neben den Nrn. 01100, 01101, den Leistungen im organisierten Bereitschaftsdienst (Nrn. 01205, 01207, 01210, 01212, 01214, 01216, 01218), den Besuchsleistungen (Nrn. 01410 bis 01412, 01415, 01418), den Substitutionsleistungen (Nrn. 01949 bis 01951), den Palliativziffern (Nrn. 03373, 04373, 37306), den spezialpädiatrischen Leistungen (Nrn. 04564 bis 04566, 04572, 04573) sowie den Dialyseleistungen (Nrn. 13610 bis 13612 und 13620 bis 13622).
Bewusst nicht definiert wurde damit aber ein Ausschluss bei der Besuchsleistung Nr. 01413 und den dazugehörigen Palliativleistungen sowie den geriatrischen Ziffern und den Chronikerleistungen Nrn. 03220/03221.
Bei der Besuchsleistung ist lediglich zu beachten, dass sie nur dann mit der Nr. 01102 berechnungsfähig ist, wenn die Inanspruchnahme in Wohnheimen bzw. Einrichtungen bzw. Pflege- oder Altenheimen auf besondere Anforderung erfolgt. Eine Berechnung wäre deshalb z.B. möglich, wenn vom Pflegeheim am Tag zuvor nicht dringliche, aber medizinisch notwendige Besuche bei mehreren Patienten angefordert wurden. Hier könnte ab dem zweiten Fall bei jedem weiteren Patienten neben der Nr. 01413 die Nr. 01102 zum Ansatz kommen (beim ersten Fall würde der Besuch nach Nr. 01410 zzgl. KM-Pauschale berechnet werden) – zumal die Leistung keine Zeitvorgabe hat, sie also bei der Plausibilitätsprüfung nach Zeitvorgaben nicht einbezogen wird, und man nicht Gefahr läuft, für die Mehrarbeit „bestraft“ zu werden.
Auch die Änderung bei den geriatrischen Leistungen nach den Nrn. 03360 (Hausärztlich-geriatrisches Basisassessment) und 03362 (Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex) sind honorartechnisch beachtenswert. Die Leistung nach Nr. 03360 wurde nämlich um 9 Punkte (0,99 Euro) abgewertet, die nach Nr. 03362 um 15 Punkte (1,65 Euro) aufgewertet.
Die Leistung nach Nr. 03362 kann in jedem Quartal einmalig berechnet werden und führt ab April 2020 zu einer Fallwerterhöhung bei geriatrischen Patienten um 19,12 Euro, wenn die in der Legende angegebenen Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört auch, dass ein Assessment nach Nr. 03360 erbracht wurde, dessen Ergebnis nicht länger als vier Quartale zurückliegt. Es liegt deshalb nahe, diese Assessmentleistung, die grundsätzlich zweimal innerhalb von vier Quartalen berechnet werden kann, nur noch einmal zum Ansatz zu bringen. Der dabei ersparte Zeitaufwand kann anderen zuwendungsintensiven Leistungen zugutekommen.
Änderungen, die über eine Neubewertung hinausgehen | |||
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EBM-Nr. | Legende | Euro | Bemerkung |
01102 | Inanspruchnahme des Vertragsarztes an Samstagen | 11,10 | Jetzt im Zeitraum zwischen 7 Uhr und 19 Uhr berechnungsfähig |
03360 | Hausärztlich-geriatrisches Basisassessment | 12,42 (alt: 13,40) | Einmaliger Ansatz der Nr. 03360 EBM innerhalb von vier Quartalen ermöglicht Ansatz der Nr. 03362 EBM in jedem Quartal |
03362 | Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex | 19,12 (alt: 17,47) | |
01745 | Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs | 19,12 (alt: 17,47) | Zweijahreszeitraum bei Hautkrebsscreening bleibt, bei Check-up auf drei Jahre erhöht |
01746 | Zuschlag zur Gebührenordnungsposition 01732 für die Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs | 22,96 (alt: 18,68) |
Hautkrebsscreening wurde um 39 Punkte angehoben
Deutlich aufgewertet, nämlich um 39 Punkte (4,28 Euro), wurde das Hautkrebsscreening nach den Nrn. 01745 (Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs) und 01746 (Zuschlag zur Nr. 01732 für die Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs). Begründet wird diese Bewertungsanhebung mit der Aufnahme der Dermatoskopie in den fakultativen Bereich der Leistungslegende. Das wiederum bedeutet, dass sich für Hausärzte, die kein Dermatoskop einsetzen, nichts ändert, die Leistung kann unverändert angesetzt werden.
Beachten sollte man allerdings die Verlängerung des Untersuchungszeitraumes beim Check-up zum 1. Oktober 2019 auf drei Jahre. Vom Arbeitsablauf her gesehen war es bis dato sinnvoll, das Hautkrebsscreening zusammen mit dem Check-up nach Nr. 01732 und damit nach Nr. 01746 zum Ansatz zu bringen. Da das Zeitintervall von zwei Jahren für das Hautkrebsscreening aber unverändert geblieben ist, empfiehlt es sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht, Check-up und Hautkrebsscreening künftig getrennt anzubieten.
Im Endergebnis resultiert dabei ein jeweils extrabudgetäres Honorar von 27,80 Euro für das Hautkrebsscreening und ganzen 35,82 Euro für den Check-up. Der wurde übrigens mit 0,66 Euro ebenfalls leicht höher bewertet.
Medical-Tribune-Bericht