Tipps zur Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit
Sehr häufig treffen Anfragen zum Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit ein. Zusätzlich soll ein Bericht für den MDK beigefügt werden. Achten Sie darauf, dass dem Schreiben ein Freiumschlag der Kasse für die Rückantwort beiliegt, rät Hausarzt Ruben Bernau aus Hambergen Kollegen. Zusätzlich sollte die Kasse einen weiteren Umschlag für den MDK beigelegt haben, in dem angeforderte Befunde, Diagnosen etc. extra eingesteckt werden können. Denn gegenüber den Kassenmitarbeitern gilt bekanntlich die Schweigepflicht.
Anfragen der Kassen nur mit Freiumschlag beantworten
Bei Anfragen der Kassen nach Muster 41, 50, 51, 52, 53 muss grundsätzlich ein Freiumschlag beiliegen. Wenn nicht, kann der Arzt die Anfrage getrost wegwerfen, sagt Hausarzt Bernau und rät: „Fragen Sie die Kassen, ob sie der Praxis Freiumschläge zur Verfügung stellen.“ Das hat auch wirtschaftliche Hintergründe: Schließlich muss ansonsten die Praxis den Briefumschlag bezahlen, die MFA muss den Umschlag adressieren (MFA-Arbeitszeit) und das Porto ist im EBM nicht an die Höhe der aktuellen Kosten angepasst.
Wenn die Kommunikation mit der Kasse nicht gut klappt, rät Bernau dazu, den MDK-Kollegen zu kontaktieren und um Unterstützung zu bitten. Die MDKler sind in der Regel sehr nett und freundlich und – so Bernau – es ist gut, sich persönlich zu kennen.
„Bitte bleiben Sie standhaft und beantworten Sie Kassenanfragen ohne Freirückumschlag nicht“, appelliert Allgemeinarzt Timo Schumacher aus Schwanewede an die Kollegen im Workshop „Freude mit Formularen“ beim 31. Seminarkongress Norddeutscher Hausärzte. Spätestens nach einem Jahr sind die erforderlichen Umschläge immer mit dabei. Manchmal, so Schumacher, wechselt das Personal bei der Kasse und dann muss man wieder konsequent bleiben. Aber im Großen und Ganzen klappt das.
Im Übrigen gilt: Wenn Kassen Vordrucke um zusätzliche Fragen ergänzen oder diese verändern, darf der Arzt die Beantwortung ablehnen bzw. es gibt wieder Arbeit für den Schredder.
Was Ärzte grundsätzlich bei der Arbeitsunfähigkeit (AU) beachten müssen, ist in der Richtlinie zur Arbeitsunfähigkeit festgeschrieben. Diese Regeln in der Praxis umzusetzen, ist nicht immer einfach. Dazu stellen die Kollegen Bernau und Schumacher folgende Beispielfälle vor:
Beispiel 1: Ein Patient kommt am Montag in die Praxis und möchte aufgrund einer Durchfallerkrankung eine AU rückwirkend zum Donnerstag letzter Woche. Ihm war es nicht möglich, in die Praxis zu kommen. Was sagen Sie?
Vorgehen: Patienten mitteilen, dass sie in solchen Fällen in der Praxis anrufen sollen. Durch das Telefonat ist ein persönlicher Kontakt zustande gekommen.
Eine rückwirkende AU ist in der Regel nicht möglich. bzw. nur für zwei Kalendertage (nicht Werktage!) und nur mit Begründung erlaubt. Ansonsten ist ein Attest möglich, dass der Patient selbst bezahlen muss und ist eine Untersuchung/Kontrolle erforderlich. Rufen neue Patienten an, die nicht in die Praxis kommen können, kann der Arzt einen Rückruf oder einen Hausbesuch anbieten.
Beispiel 2: Ein Patient kommt am Montag zu Ihnen und bittet Sie nach einem Skiunfall und folgender Op. um eine rückwirkende AU. Anhand des Original-Entlassungsbriefs der Klinik erfahren Sie, dass der Patient am letzten Freitag entlassen wurde. Er war erst nach Sprechstundenende zu Hause und konnte nicht mehr zu Ihnen kommen.
Vorgehen: Das Rückdatieren einer AU ist nach einer Op. möglich. Schließlich liegt der Entlassungsbericht vor. Auf der AU sollte dann bei „Festgestellt am“ der Montag oder der Aufnahmetag im Krankenhaus eingetragen werden.
Beispiel 3: Eine Patientin bittet Sie um eine AU für ein Vorstellungsgespräch (oder eine Vorsorgekoloskopie) am heutigen Tag. Was tun Sie?
Vorgehen: Eine AU wegen eines Vorstellungsgesprächs ist nicht erlaubt. In diesem Zusammenhang weist Schumacher darauf hin, dass Krankenkassen regelmäßig Testpatienten zu Ärzten schicken und das sind nicht unbedingt fremde Patienten! Wenn es um eine Vorsorgekoloskopie bzw. eine Untersuchung geht, wegen der der Patient an diesem Tag nicht arbeiten kann, darf der Arzt eine AU mit der Begründung z B. Krebsfrüherkennung plus ICD-Nummer ausstellen.
Beispiel 4: Ein Patient fragt Sie, ob er zu seinem Krankengeldauszahlungsschein eine AU für den Arbeitgeber benötigt.
Vorgehen: Auch wenn der Arbeitgeber hier Schwierigkeiten macht – eine AU ist nicht erforderlich.
Beispiel 5: MFA fragt Sie im Auftrag eines Patienten. Er habe akuten Durchfall und könne unmöglich in die Praxis kommen. Er benötigt eine AU für heute. Der Nachbar würde diese abholen. Was tun Sie?
Vorgehen: Die Abholung durch einen Nachbarn oder fremde Personen – das geht nicht, sagt Bernau. Ansonsten Vorgehen wie in Fall 1.
Beispiel 6: Patient bittet Sie nach einer zahnärztlichen Behandlung, eine AU auszustellen. Der Zahnarzt habe sich geweigert, eine AU auszustellen.
Vorgehen: Zahnärzte dürfen ebenfalls AUs ausstellen, sagt Schumacher. Die AU sollte also der Zahnarzt ausstellen, Hausärzte dürfen das aber auch.
Wenn Mütter oder Väter eine AU verlangen, weil ihr Kind (unter 12 Jahre) krank und niemand zur Betreuung vorhanden ist, bitte keine ausstellen, sagt Bernau. Eltern haben einen gesetzlichen Anspruch von jeweils zehn Tagen im Jahr, an denen sie bei ihrem kranken Kind verweilen dürfen. Bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage. Bei zwei Kindern verdoppeln sich die Tage, bei mehr als zwei Kindern gibt es eine Obergrenze von 25 Tagen pro Elternteil oder 50 Tagen bei Alleinerziehenden. Die ärztliche Bescheinigung für das Krankengeld Kind ist das Muster 21.
Patient muss arbeiten, wenn er sich arbeitsfähig fühlt
Wenn sich Patienten bereits vor dem Ende der AU wieder fit fühlen, fordern sie mitunter vom Arzt eine „Gesundschreibung“. So etwas gibt es nicht, weist Hausarzt Bernau hin. Schließlich kann ein Arzt nicht genau sagen, wie lange ein Patient krank ist. Sobald der Arbeitnehmer der Ansicht ist, dass er wieder arbeitsfähig ist, muss er auch wieder arbeiten gehen. Geht’s auf der Arbeit dann doch nicht, handelt es sich um einen „Arbeitsversuch“ und die AU wirkt weiter. Ein Arbeitgeber ist sogar dazu verpflichtet, seinen Arbeitnehmer wieder nach Hause zu schicken, wenn er bemerkt, dass dieser (weiterhin) krank ist.
Eine AU dürfen nur Versicherte mit dem Mitgliedsstatus 1 erhalten. Einen Rentner, z.B. mit einem Mini-Job, arbeitsunfähig zu schreiben, ist nicht erlaubt, sagt Kollege Bernau. Formal richtig wäre, ein Attest auszustellen und dieses unentgeltlich anzubieten. Das kostenlose Bescheinigen kann der Arzt mit „sozialer Indikation“ begründen.