Zulassungsentzug: Internist schickte fünf Jahre keine Quartalsabrechnungen

Niederlassung und Kooperation Autor: Anouschka Wasner

Für Abrechnungen hatte der Mediziner keine Zeit – er hatte Wichtigeres zu tun. Für Abrechnungen hatte der Mediziner keine Zeit – er hatte Wichtigeres zu tun. © mrmohock – stock.adobe.com

Rund zwanzig Quartale hatte ein Internist verstreichen lassen, ohne seiner KV Abrechnungen zu schicken. Vor dem Zulassungsausschuss begründete er, warum er außer für die Patientenversorgung zu nichts anderem Zeit hatte. Mit dieser Logik zog er bis vor das Bundessozialgericht.

Seit 2010 hatte ein Internist keine bzw. keine vollständigen Abrechnungen mehr bei der KV vorgelegt. Im August 2014 fragte die Bezirksstelle der KV dann nach: Ob er seine ärztliche Tätigkeit jetzt wieder aufnimmt? Oder ob er vielleicht seine vertragsärztliche Zulassung abgeben möchte?

Der Arzt, Jahrgang 1950, antwortete: Er habe seine ärztliche Tätigkeit ja gar nicht unterbrochen. Sein Bruder sei lebensbedrohlich erkrankt und habe intensiver Betreuung bedurft. Nur indem er auf alle administrativen Tätigkeiten in der Praxis verzichtete, habe er als einziger Verwandter sich neben dem Praxisbetrieb um seinen Bruder kümmern können. Für die Quartalsabrechnungen hat es also nicht gereicht.

Beweise für seine Tätigkeit gäbe es genug, erklärte der Kollege. Es lägen ja zahlreiche Dokumente dazu vor: Rezepte, Überweisungen, Krankenhauseinweisungen, AU-Bescheinigungen, Abrechnungen aus dem Notdienst.

Nichtausübung der Tätigkeit heißt Zulassungsentzug

Nachdem sich der Gesundheitszustand seines Bruders 2012 gebessert hatte, musste der Internist dann aber feststellen, dass seine Praxis-EDV keine Quartale überspringen kann. Er konnte also auch im Folgenden keine aktuellen Abrechnungen bei der KV einreichen, erklärte er.

Die KV wies den Kollegen dann im August 2014, nach etlichen versäumten Quartalsabrechnungen, darauf hin, dass er als Vertragsarzt mindestens 20 Stunden wöchentlich in der Sprechstunde sein muss. Eine Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit kann dazu führen, dass die Zulassung entzogen werde.

Der Einwand des Arztes, dass er die Praxis durchaus durchgehend besetzt halte, besänftigte den Zulassungsausschuss nicht: Im April 2015 entzog er dem Facharzt für innere Medizin die Zulassung, weil dieser keine validen Nachweise seiner vertragsärztlichen Tätigkeit vorgelegt hatte.

Zwar konnte der Arzt glaubhaft machen, dass er in den letzten Jahren eine „irgendwie geartete vertragsärztliche Tätigkeit“ ausgeübt hat, so das Gericht. Seine Pflichten als Vertragsarzt hat er aber trotzdem gröblich vernachlässigt, da es dabei nicht nur um das Verhältnis zu den Patienten geht, sondern auch um das Einhalten von Gesetzen oder Rechtsnormen, die die Versorgung sichern sollen. Im konkreten Fall verstieß der Arzt gegen die Vereinbarungen über die Abrechnung mit der KV – zumal er im selben Zeitraum die Liquidation für Privatpatienten vorgenommen hatte.

Der Arzt urteilte naturgemäß weniger streng über sein Verhalten. Die KV hätte ihn erst über Disziplinarmaßnahmen zur Ordnung rufen sollen. Außerdem habe er doch durch sein pflichtwidriges Verhalten das zu verteilende Honorarvolumen der anderen Vertragsärzte erhöht. Ihm sei es in diesen Jahren darum gegangen, seine älteren Kassenpatienten weiter zu betreuen. Letztendlich würde er seine Zulassung aus altruistischen Gründen verteidigen.

Die kostenlose Behandlung habe dem Arzt nicht nur einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschafft, beharrte die KV. Sie verwehre auch den Einblick in seine Tätigkeit. Der sei aber notwendig, und zwar mit Blick auf den Sicherstellungsauftrag, die Bedarfsplanung und den Honorarverteilungsmaßstab.

Krankheit eines Angehörigen ist keine Entschuldigung

Auch die Krankheit des Bruders war für die KV kein Argument im konkreten Zusammenhang: Wenn es um die Voraussetzungen eines Zulassungsentzugs geht, seien persönliche Lebensumstände ohne Bedeutung.

Der Gang vors Sozialgericht und sogar bis vor das Bundessozialgericht haben dem Arzt nicht geholfen: Die Justiz stützte die Ansicht der KV. Die Zulassung bleibt entzogen.

Quelle: BSG-Urteil vom 11.3.2021, B 6 KA 41/20 B

Medical-Tribune-Bericht