Notfall-App: Von Infarkt bis Männerschnupfen

e-Health , Apps und Internet Autor: Cornelia Kolbeck

116117 – so könnte die neue App der KBV aussehen. 116117 – so könnte die neue App der KBV aussehen. © iStock.com/gece33

Die Notfallversorgung ist die teuerste Form der medizinischen Versorgung in Deutschland. Viele Patienten nutzen sie. Nicht immer ist das nötig. Der Gang in die Praxis reicht oft aus. Die KBV geht deshalb in die Offensive.

An erster Stelle steht dabei das breitere Bekanntmachen der Telefonnummer des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 mit einer großen Plakataktion. Für die noch in diesem Jahr startende Kampagne ist ein Budget von zehn Mio. Euro eingeplant.

Zudem soll das 116117-Servicecenter zur Steuerungszentrale ausgebaut werden. Rund um die Uhr soll diese dann verfügbar werden, neben Praxis- und Fahrdienst. Vor allem geht es um die qualifizierte Ersteinschätzung der Patientensituation (Triage) mit Zuweisung an die adäquate Versorgungsebene. Die Ersteinschätzungssoftware hierfür ist bereits in Arbeit. Ebenfalls möglich werden soll optional die ärztliche Videosprechstunde (Fernbehandlung). Verankert ist alles in den Eckpunkten zur Weiterentwicklung der ambulanten Notfallversorgung. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hatte sich bereits 2017 dahin gehend geäußert.

Ärztliche Hilfe jetzt, heute oder bald? Bitte wählen Sie!

Weiterhin ist als Ergänzung der KBV-Webseite 116117info.de eine Notfall-App in Arbeit, die helfen soll, den Patienten in die richtige Versorgungsebene zu lotsen. Ein Prototyp wurde kürzlich Journalisten vorgestellt. Der Patient kann demnach wählen, ob er ärztliche Hilfe „sofort“, „heute“ oder „bald“ benötigt. Beim Klick auf „sofort“ wird der Notruf zur 112 vorbereitet und nach nochmaliger Rückfrage und Bestätigung auch eingeleitet. Alternativ wird dem Patienten die Möglichkeit angeboten, den ärztlichen Bereitschaftsdienst anzurufen.

Die Option, 116117 zu wählen, wird auch angezeigt, wenn der Bedarf „heute“ angeklickt wird. Der Patient sieht die nächsten Bereitschaftsdienstpraxen – sofern er seinen Standort freigibt. Er sieht zudem die Öffnungszeiten der Praxen und per Routenplaner den Weg zum Arzt. Eine Auswahl zwischen Fachgebieten ist möglich. Braucht der Patient „bald“ einen Arzt, wird er zur Ärztesuche der jeweiligen KV weitergeleitet.

Für die Zukunft kann sich die KBV als weiteren Service vorstellen, dass App-Nutzer Praxen direkt nach freien Terminen auswählen können. Technisch ist das bereits möglich, allerdings hakt es beim Terminmanagement. Der KBV-Chef Dr. Andreas Gassen kennt das aus eigener Praxis: Bei Dritt­anbietern gemachte Termi­ne seien nicht im Praxisverwaltungssystem gelandet.

Gesetzlich müsse zudem auch noch den Vertragsärzten ermöglicht werden, eine sog. No-Show-Gebühr zu erheben, ergänzte KBV-Vorstandsvize Dr. Stephan Hofmeister. Das heißt, kommt der Patient trotz online gebuchtem Termin nicht in die Praxis, muss er eine Entschädigung zahlen.

„Außerdem sollen Bereitschaftsdienstpraxen nach unserer Ansicht auch die Option bekommen, tags­über tätig zu werden“, erklärte Dr. Branko Trebar, Abteilungsleiter Versorgungsstruktur der KBV. Derzeit sehe das Gesetz auch dieses noch nicht vor.