Gesundheitsministerium spricht sich für IT aus
Zu den Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bezüglich der Weiterentwicklung des E-Health-Gesetzes gehört solch eine Vereinheitlichung allerdings nicht. Eine „Deutschlandakte“ werde es nicht geben, sagte Dr. Gottfried Ludewig, Leiter Digitalisierung und Innovation im Bundesgesundheitsministerium (BMG). Schließlich würden alle beteiligten Seiten bereits an der Ausgestaltung der Vorgaben arbeiten und die Digitalisierung vorantreiben.
Dennoch gibt es politischen Nachholbedarf. Dafür ist es ein neues Digitalgesetz geplant. In sechs bis zwölf Monaten soll der Referentenentwurf vorliegen. Angesprochen auf Spekulationen zum Aus der Telematik-Infrastruktur (TI) stellte Dr. Ludewig klar: Das Ministerium will, dass die TI ausgerollt und angeschlossen wird: „Was wir aber auch wollen, ist, dass das Netz von Versicherten und Patienten genutzt wird.“
Ein Kartenlesegerät, eine elektronische Gesundheitskarte, eine sechsstellige Pin und ein Zugang über Windows 95 entspreche jedoch nicht mehr den Ansprüchen des Jahres 2018. „Wir werden alternative Authentifizierungsverfahren als gesetzlichen Auftrag definieren.“ Und das schon vor dem Digitalgesetz. Man solle auch mit mobilen Endgeräten auf die Akten zugreifen können.
eGK ist nur noch eine von mehreren Zugangslösungen
Die elektronische Gesundheitskarte hält Dr. Ludewig nur noch für jene Patienten für erforderlich, die nicht über Smartphone, PC oder Tablet verfügen. „Wir wollen beide Wege zulassen, wir wollen eine Vielfalt an Lösungen“, sagte er.
Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des KBV-Vorstands, betonte, dass es nur einen strukturierten, standardisierten Datensatz geben dürfe, auf dem alle Akten, also auch die der Krankenkassen (eGA), aufsetzen. Die Akteure müssten sich verpflichten, diesen grundlegenden Standard zu nutzen. Der Arzt müsse wissen, welche Daten er in welchem Format zur Verfügung zu stellen habe, damit der Datenaustausch zwischen den Akten bzw. Praxen funktioniere. Das Recht zur Richtlinienkompetenz für die Inhalte fordert die KBV vom Gesetzgeber für sich ein. Grundvoraussetzung für eine vernünftige ePA sei die elektronische Arztakte.
Martin Litsch, Vorsitzender des AOK-Bundesverbandes, bekräftigte die Notwendigkeit des „einheitlichen Datensatzes“, international gebe es hierfür Standards, die man nutzen könne. Bestimme allerdings die KBV über die Inhalte, führe das zu einer „unglaublichen Einschränkung“ für jene, die Akten anbieten wollen. Man müsse deshalb auch an Geschäftsmodelle denken. Litsch stellt sich vor, dass die Bundesnetzagentur inhaltliche Standards festlegt – gültig für alle Beteiligten, auch für Entwickler von Geräten und Software.
„Wir werden einen guten Weg finden“, erklärte BMG-Vertreter Dr. Ludewig versöhnlich. Die Semantik sei allerdings erst die zweite Ausbaustufe. Zuerst müssten bis zum 31. Dezember die technischen Voraussetzungen vorliegen.
Zufrieden zeigte er sich deshalb darüber, dass sich Kassenärztliche Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband über die Finanzierung des TI-Anschlusses geeinigt haben. Ein zweiter Konnektor stehe in Kürze bereit und auch der Vertrag mit den Apotheken sei vor dem Abschluss.
Die Krankenkassen stehen mit ihren Gesundheitsakten bereits in den Startlöchern. Heike Nowotnik, Geschäftsführerin IT-Steuerung beim AOK-Bundesverband, berichtete über das Projekt „Digitales Gesundheitsnetzwerk“ in Mecklenburg-Vorpommern. Daten aus der ePA werden per Link übernommen. Die Suche nach einem Dienstleister läuft; 2018 wird die Akte noch nicht verfügbar sein.
Der Dienstleister Bitmarck® bereitet für 90 Kassen – DAK, Innungs- und Betriebskrankenkassen – eine „Elektronische Gesundheitsplattform“ vor. Partner ist das Unternehmen Vivy, das eine gleichnamige App zur Verwaltung von Gesundheitsdaten betreibt. Breitenwirkung soll das Angebot ab September entwickeln, sagte der Vorsitzende der Bitmarck-Geschäftsführung, Andreas Strausfeld. Der Zugriff auf die ePa erfolgt über ein Patientenfach.
Wildwuchs durch Reduktion der Aktentypen vermeiden
Grundsätzlich befürwortet auch Strausfeld, dass sich das Ministerium die Komplexität des Systems ansehen und die Menge an Aktentypen reduzieren sollte, um Wildwuchs zu vermeiden. Bei der Entwicklung der Standards könnte der Digitalausschuss des Bundesversicherungsamtes einbezogen werden.
Klaus Rupp Fachbereichsleiter Versorgungsmanagement der Techniker Krankenkasse, berichtete über den „TK-Safe“. Sozialdaten, Daten der Leistungserbringer, Daten aus Apps und Wearables werden darin gespeichert. Auch hier ist der Versicherte Herr über die Informationen. Die TK-App ermöglicht ihm den Zugang. App und Gesundheitsakte werden von IBM bereitgestellt. „Wir hoffen, 2018 online gehen zu können“, so Rupp.
Patientenakten – vorerst Ablage für pdf und Faxe
Geäußert wurde von Diskutanten die Befürchtung, dass sich bis zur Klärung der einheitlichen Datengrundstruktur Patientenakten vor allem mit Dokumenten im Pdf- und Fax-Format füllen, da dies bisher der Standard für Leistungserbringer ist, um zu dokumentieren bzw. auszutauschen.