Neue Hausärzte anlocken KV Berlin erstattet Investitionskosten und macht eigene Praxen auf
Denken wir zurück an die Zeit nach 1989. Viele Ärzte der einstigen DDR wechselten in die Niederlassung. Etliche waren gestandene Mediziner im besten Alter – die jetzt bereits im Ruhestand sind oder demnächst in Rente gehen. So auch in den östlichen Außenbezirken der Hauptstadt. Gäbe es genügend Nachfolger wie in den Innenstadträumen, wäre das kein Problem. Aber so ist es nicht.
Keine Unterversorgung, aber rund 150 Hausärzte fehlen
Einst galt ganz Berlin als ein Planungsbereich. Fatalerweise konnte sich dementsprechend nahezu jeder Arzt dort niederlassen, wo er wollte. Stadtteile mit zahlungskräftiger Klientel wurden letztlich bevorzugt. Mit einem „Letter of Intent“, unterzeichnet 2013 von KV, Senatsverwaltung für Gesundheit und Krankenkassen, gebot man dem Einhalt, bis heute. Zwar gibt es nach wie vor den „Planungsbereich Berlin, Bundeshauptstadt“. Die Versorgungssteuerung erfolgt aber jetzt auf der Ebene von drei Planungsbereichen:
- (I) Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinickendorf, Pankow, Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Neukölln
- (II) Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg
- (III) Treptow-Köpenick
Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Berlin hat im April festgestellt, dass rein rechnerisch laut Bedarfsplanungs-Richtlinie für die Planungsbereiche II und III bei Hausärzten ein Versorgungsgrad von 85,5 % bzw. 80,7 % besteht.
Bis zu 40.000 Euro für eine Zweigpraxis
Das bedeutet, es gibt 86 bzw. 52,5 Niederlassungsmöglichkeiten. Das Problem allerdings ist: Es besteht bei Hausärzten bislang kein ausreichendes Interesse, am östlichen Stadtrand zu praktizieren.
Geld soll das ändern. Mit 21 Millionen Euro will die KV das Blatt wenden. Das Maßnahmenpaket wurde geschnürt, um die hausärztliche Versorgung in den Bezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick zu verbessern. Es sei „das umfangreichste Förderprogramm zur Verbesserung der Hausarztversorgung, das in Berlin jemals aufgelegt wurde“, schreibt der Vorstand. Gestartet wird das Förderprogramm im Januar 2022.
Das Geld kommt von der KV und von den Krankenkassen in Berlin. 1,4 Millionen Euro stehen pro Jahr zur Verfügung. Profitieren können Ärzte, die sich neu niederlassen bzw. eine Praxis übernehmen wollen, von Kostenerstattungen bis zu 60.000 Euro. Es werden auch Zweigpraxen mit bis zu 40.000 Euro gefördert sowie Praxen mit weitergebildeten angestellten Ärzten mit maximal 30.000 Euro.
Die KV will auch Eigeneinrichtungen betreiben, in denen angestellte Ärzte arbeiten können – mit der Option der späteren Übernahme. Das sei ein Novum in der Geschichte der KV Berlin, betont der Vorstand. Die erste Eröffnung ist für die zweite Jahreshälfte 2022 geplant. Betreiber der Eigeneinrichtungen wird die zu gründende KV Praxis Berlin GmbH.
Weitere Fördermaßnahmen sind: Übernahme der Kosten für die Qualifizierung von MFA zur NäPa. Für einmonatige Famulaturen in Hausarztpraxen wird das gezahlte Taschengeld von maximal 165 Euro erstattet.
Stipendium soll Interesse beim Nachwuchs wecken
Ferner werden pro Jahr an je fünf Medizinstudierende aus Berlin und Brandenburg Drei-Jahres-Stipendien in Höhe von monatlich 500 Euro vergeben. Die Stipendiaten müssen dafür später in einem von der KV ausgewiesenen Fördergebiet für mindestens drei Jahre vertragsärztlich tätig werden.
Medical-Tribune-Bericht