Nachbesetzung im MVZ KV Hamburg kämpft um zeitgemäße Regeln
Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg kämpft aktuell vor dem Bundessozialgericht dafür, dass bestimmte von Ärzten betriebene MVZ im Nachbesetzungsverfahren nicht unterschiedlich zu anderen behandelt werden. Zu diesem Zweck hat die KV sogar ihren eigenen Berufungsausschuss vor dem Sozialgericht Hamburg verklagt – erfolglos – und in der Folge Sprungrevision zum Bundessozialgericht eingelegt.
Anlass für die Klage: Der Ausschuss hatte die Bewerbung eines MVZ um eine humangenetische Zulassung mit der Begründung abgelehnt, ihre Gesellschafter seien zwar Ärzte, aber lediglich als angestellte Ärzte tätig. Stattdessen erhielt ein nach den sonstigen Auswahlkriterien unstreitig geringer qualifizierter Mitbewerber den Zuschlag.
Angestellt oder Vertragsarzt: Gesellschafterstatus ist gleich
Nicht zufällig hat die KV zu diesem irritierenden Mittel gegriffen, ihren Berufungsausschuss zu verklagen: Die Auseinandersetzung ist von großer Relevanz. Die Zahl der von Ärzten gegründeten MVZ wächst kontinuierlich und steht der Zahl der zugelassenen Krankenhaus-MVZ nicht nach. Die KBV bezifferte für Ende 2020 die Zahl der Ärzte-MVZ auf 1.707 Einheiten. Bei mehr als einem Drittel davon verzichten die Gründer zugunsten ihres eigenen medizinischen Versorgungszentrums auf ihre Zulassung und lassen sich dann dort auf einer genehmigten Arztstelle anstellen.
Der Berufungsausschuss der KV Hamburg will nun aber beim Wettbewerb um ausgeschriebene Kassenarztsitze eben diese Ärzte-MVZ, bei denen die Gründer auf ihre Zulassungen verzichtet haben, benachteiligen. Den Vorteil haben dann solche Ärzte-MVZ, bei denen die Mehrheit der dort jeweils tätigen Ärzte ihre Zulassung nicht auf ihr MVZ übertragen haben – dabei unterscheidet sich der Gesellschafterstatus der Ärzte in den unterschiedlichen MVZ in keinem Punkt.
Berufungsausschuss entscheidet nach dem Gesetz
Der Berufungsausschuss hat den Wortlaut des Gesetzes auf seiner Seite. Nach § 103 Abs. 4 c SGB V ist ein MVZ im Auswahlverfahren nachrangig, „bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind“. Das BSG differenziert klar zwischen der Rolle als Vertragsarzt, der in freier Praxis Unternehmer ist, und dem angestellten Arzt, der weisungsgebunden tätig wird. Bei Zulassungsfragen ist die Unterscheidung von Ärzte-MVZ, bei denen die Leistungserbringung der Gesellschafter auf Basis eines Anstellungsvertrages erfolgt, aber wenig sinnvoll: In beiden Arten von Ärzte-MVZ sind die Gesellschafter Fachärzte und keine institutionellen Anleger, die via Krankenhaus an der ambulanten Versorgung teilnehmen wollen.
Der Gesetzgeber sollte dringend klarstellen, dass keine Ungleichbehandlung zwischen verschiedenen Ärzte-MVZ beim Wettbewerb um Kassenarztzulassungen und letztlich um junge angestellte Ärzte stattfinden soll. Gerade jene Ärzte-MVZ, bei denen Ärzte u.a. zur Vorbereitung der Altersnachfolge durch angestellte Ärzte auf ihre Zulassungen verzichtet haben, sollten unterstützt werden. Oft wollen junge Ärzte nicht auf ihren Status als sozialversicherungspflichtige Angestellte verzichten, kommen jedoch mittelfristig als Mitgesellschafter einer Ärzte-MVZ-GmbH in Betracht. Benachteiligt man nun diese Modelle, behindert man die Nachfolgeplanung, die im TSVG vom Gesetzgeber bewusst angelegt wurde.
Das Verfahren ist aktuell anhängig. Das BSG rechnet mit einer Bearbeitungszeit von einem Jahr.
Medical-Tribune-Bericht