MVZ-Zunahme Inhaberbezogene Praxen auf dem Rückzug
Das System der inhaberbezogenen Praxen ist flexibel und extrem leistungsstark, betonte Caroline Roos, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV Hamburg (KVH), auf dem 3. Hamburger Versorgungsforschungstag. Doch es befinde sich auf dem Rückzug. Ob aus Versehen, gewollt oder als historische Notwendigkeit, Gesellschaft und Politik müssten sich im Klaren darüber sein, welche Auswirkungen das für die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit sich bringe. Und man müsse auch darüber sprechen, ob das Vordringen investorengeführter Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) zu Veränderungen in der Selbstverwaltung führe. „Gibt es sie dann noch?“ Die Anteile der Selbstständigen in den Gremien würden vielleicht immer kleiner.
Politik reagiert nicht deutlich genug auf die Entwicklung
Roos spricht von zwiespältigen Reaktionen hinsichtlich des Einstiegs von Investoren in die Versorgung. Sie sieht nicht, dass die Politik für die Niedergelassenen konsequent Partei ergreift. „Politikerinnen und Politikern war klar, dass die Kommerzialisierung der Versorgung auch negative Auswirkungen hat.“ 2012 sei zwar der Kreis der MVZ-Gesellschafter auf Vertragsärzte, Krankenhäuser und bestimmte gemeinnützige Trägerorganisation eingeschränkt worden. Es gebe aber Schlupflöcher, um Geld aus dem Solidarsystem abzuziehen bzw. die Gewinnmaximierung zu nutzen. Und es gebe bei MVZ einen deutlichen Trend, weitere Arztsitze an sich zu ziehen.
Prof. Dr. Marcus Siebolds, Katholische Hochschule NRW, Fachbereich Gesundheitswesen, zeigte sich skeptisch, ob es mit den Statuten einer Körperschaft vereinbar ist, Geld an private Versorger zu verteilen. Rechtlich sei das nicht geklärt. Die Mutlosigkeit, das zu klären, irritiere ihn. „Es muss irgendwann eine Grenze geben, was die Gemeinwesenbindung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Erosion verträgt. Also entweder will der Staat eine Körperschaft oder er will sie nicht.“ Prof. Siebolds spricht von einer Doppelarchitektur der KV und Grundwidersprüchen im SGB V.
Rund 3.500 MVZ gibt es inzwischen. Das MVZ-Panel des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) verdeutlicht Motive und andere Hintergründe. Es gehe den Inhabern vor allem um Rentabilität und Wirtschaftlichkeit, so Markus Leibner, Zi-Fachbereichsleiter Ökonomie. Im Fokus stünden deshalb eher zentrale Orte, weniger strukturschwache Gebiete.
- die Vielfalt der Rechtsformen und der Trägerschaft,
- die Möglichkeit, angestellte Ärzte in gewünschter Zahl zu beschäftigen,
- die Option, die Ausschreibung und damit den Aufkauf von Arztsitzen zu vermeiden.
Quelle: 3. Versorgungsforschungstag – KV Hamburg