Vertragsärzte in der Coronapandemie: Wieder mühsam um jeden Cent feilschen
Zu Beginn der bei Youtube live übertragenen Sitzung der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärzte und -psychotherapeuten machte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen deutlich, mit welch großem Einsatz die Niedergelassenen kurzfristig zum Schutzwall für die Krankenhäuser in der Coronapandemie wurden. Ihr Engagement habe es möglich gemacht, „die Pandemie in geordneten Bahnen zu begleiten und den stationären Sektor vor einer über das Maß des Notwendigen hinausgehenden Inanspruchnahme mit Patienten zu schützen“.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn würde die Rolle der Niedergelassenen auch richtig einschätzen, so Dr. Gassen, weshalb er im März den geforderten Schutzschirm zuerkannt habe, der in dieser Form einmalig sei. Auch die Idee, dass der Schutzschirm das Recht auf Kurzarbeitergeld für Praxismitarbeitende per se ausschließen sollte, habe er schnell korrigiert.
Der KBV-Chef mahnte aber auch, dass Deutschland in der Pandemie zwar vergleichsweise glimpflich davongekommen sei, aber weiterhin gewappnet sein müsse. Das ambulante System dürfe deshalb nicht kaputtgespart werden.
Von Partnerschaft und konstruktiver Zusammenarbeit mit dem GKV-Spitzenverband sei nicht mehr viel zu spüren, kritisierte Vize Dr. Stefan Hofmeister. Die Praxen müssten mit den Krankenkassen bzw. dem Spitzenverband wieder „mühsam um jeden Cent feilschen“.
Offensichtlich werde hier mit zweierlei Maß gemessen, sagte Dr. Hofmeister mit Verweis auf das drei Mrd. Euro umfassende Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket der Bundesregierung, in dem das KV-System und die vertragsärztlichen und -psychotherapeutischen Praxen mit keiner Silbe erwähnt seien. Und im Bewertungsausschuss würden lange überfällige hausärztliche Honorar- und Strukturthemen ohne konstruktives Gegenangebot entweder auf die lange Bank geschoben oder es würden fragwürdige Beschlüsse gefasst, wie zur Vergütungsabsenkung bei Labortests. „Die Ärzte werden wieder als die ‚Sparschweine der gesetzlichen Krankenversicherung‘ entdeckt“, so der KBV-Vize.
Praxen dürfen durch TI-Ausfall keine Kosten entstehen!
Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat jüngst ohne Zustimmung der KBV beschlossen, die Vergütung der SARS-CoV-2-Infektionstests von 59 Euro auf 39,40 Euro abzusenken. Ein „Schlag ins Gesicht der deutschen Labormediziner“, nannte es in der VV-Sitzung der Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Laborärzte, Dr. Andreas Bobrowski. Die KBV prüft bereits eine Klage gegen den Beschluss.
„Der Alltag hat uns wieder“, brachte es die VV-Vorsitzende Dr. Petra Reis-Berkowicz auf den Punkt. Sie zeigte sich wie viele andere Kollegen verärgert über den massiven Ausfall in der Telematik-Infrastruktur. Die zuständige Gematik wurde heftig dafür kritisiert, viel zu spät reagiert zu haben. In einer Resolution fordert die VV letztlich „eine klare verursacherbezogene Schadensersatzregelung“. Praxen dürfen durch einen Ausfall der zentralen Infrastruktur keinerlei Kosten entstehen.
Quelle: KBV-Vertreterversammlung