Haftungsrisiko Aufbewahrungsfristen von Patientendaten einhalten

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Isabel Aulehla

Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Patientenakten für mindestens zehn Jahre nach Behandlungsabschluss aufzubewahren. Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Patientenakten für mindestens zehn Jahre nach Behandlungsabschluss aufzubewahren. © Manuel – stock.adobe.com

Ein schwer kranker Patient behauptet nach einigen Jahren, sein Arzt habe die Diagnose zu spät gestellt. Es kommt zum Haftungsprozess – die Patientenakte ist aber schon lange vernichtet. Wer Szenarien wie dieses vermeiden möchte, sollte Aufbewahrungsfristen einhalten.

In vielen Praxen gibt es irgendwo noch ein Regal, das sich unter der Last alter Dokumente biegt. Es finden sich dort beispielsweise papierne Patientenakten, Gutachten für Krankenkassen und Arztbriefe. Aufräumen ist angesagt. Die Frage ist nur: Was darf weg? Schließlich kann nie ganz ausgeschlossen werden, dass ein Patient noch Jahre nach seiner Behandlung einen medizinischen Fehler unterstellt und klagt. 

Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Patientenakten für mindestens zehn Jahre nach Behandlungsabschluss aufzubewahren. So regeln es das Bürgerliche Gesetzbuch und die Berufsordnung. Komme es bei einer Behandlung jedoch zu Komplikationen, sollten die Unterlagen deutlich länger aufbewahrt werden, rät die KV Baden-Württemberg. Denn erst nach 30 Jahren enden Schadensersatzansprüche bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit. Für die Dokumentation bestimmter Behandlungen gilt ohnehin diese Dauer, etwa bei Strahlentherapien. AU-Scheine und Überweisungen dürfen hingegen schon recht schnell wieder vernichtet werden, nach nur einem Jahr.
 

Welche Dokumente müssen wie lange archiviert werden?

Unterlagen

Aufbewahrungsfrist

AU-Scheine und Überweisungen

1 Jahr

Betäubungsmittel (BTM-Karteikarten und -Rezeptdurchschriften sowie Betäubungsmittelbücher) 

3 Jahre

Gesundheitsuntersuchungen  (Teil B des Berichtsvordrucks nach der Untersuchung

5 Jahre

Laborqualitätssicherung (Kontrollkarten, Ringversuchszertifikate)

5 Jahre

Arztbriefe (eigene und fremde)

10 Jahre

Ärztliche Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde, z.B.: Sonografie, Langzeit-EKG, Lungenfunktionsdiagnostik, ambulantes Operieren

10 Jahre

Disease-Management-Programme (Personenbezogene Daten)

10 Jahre

Gutachten über Patienten für Krankenkassen, Versicherungen oder 
Berufsgenossenschaften

10 Jahre

Röntgen-/Strahlendiagnostik (Aufzeichnungen, Filme nach der letzten Untersuchung, auch mittels radioaktiven und ionisierenden Strahlen)

10 Jahre (bei Minderjährigen bis Vollendung des 28. Lebensjahrs)

D-Arzt-Verfahren (Behandlungsunterlagen und Röntgenbilder) 

15 Jahre

Berufsgenossenschaftliches Verletzungsverfahren

20 Jahre

Röntgen-/Strahlenbehandlung (Aufzeichnungen, Berechnungen)

30 Jahre

Quelle: KV Rheinland-Pfalz

 

Lagerung

Bei der Archivierung alter Patientenakten sind natürlich Schweigepflicht und Datenschutzbestimmungen einzuhalten. Daraus ergeben sich Anforderungen für die Aufbewahrung: Falls noch Patientenakten in Papierform vorliegen, gehören diese hinter verschlossene Tür. Der jeweilige Raum darf für Unbefugte nicht ohne Aufsicht zugänglich sein. Ist dies nicht gewährleistet, können die Unterlagen alternativ bei anderen Praxen in „gehörige Obhut“ gegeben werden. Sie sind dann von einem Arzt geschützt, der ebenfalls der Schweigepflicht unterliegt. Wer diesen Weg wählt, sollte allerdings einen Verwahrungsvertrag schließen, erklärt die rheinland-pfälzische Initiative „Mit Sicherheit gut behandelt“, hinter der KV, Landesärztekammer und Landesdatenschutzbehörde stehen. Die verwahrenden Mediziner sind nicht berechtigt, die Dokumente selbst einzusehen. Patienten müssen zudem weiterhin Zugang zu den sie betreffenden Unterlagen haben, da ihnen auf Wunsch die Einsicht zusteht.

Einsichtsrecht in die Akte

Das Gesetz schreibt vor, dass Praxen ihren Patienten auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige,  sie betreffende Patientenakte zu gewähren haben. Ausnahmen sind nur möglich, wenn therapeutische Gründe oder erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Eine Ablehnung ist zu begründen. Patienten können auch Kopien fordern, Mediziner dürfen die anfallenden Kosten dann in Rechnung stellen.

Um Platz zu sparen, scannen viele Praxen Papierformulare ein – beispielsweise Arztbriefe oder Aufklärungsbögen. Allerdings kommt einem Scan vor Gericht nicht unbedingt der Beweiswert eines Originals zu. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erklärt daher in einer Richtlinie, wie rechtssichere Scans anzufertigen sind.

Erfolgt die Dokumentation digital, muss sichergestellt sein, dass die Daten nur von Befugten erfasst, gelesen oder gelöscht werden können. Die jeweilige Software muss zudem nachträgliche Änderungen der Patientenakte sichtbar machen und auch die ursprüngliche Version des Eintrags erhalten. Andernfalls genügt die Dokumentation den gesetzlichen Anforderungen nicht – die Leistung­en können vor Gericht als nicht erbracht gelten. 

Schreddern und Löschen

Sollen Gesundheitsdaten vernichtet werden, sind bestimmte Sicherheitskriterien zu beachten. Gemäß DIN 66399 bewegen sich Patientendaten auf der fünften von sieben Sicherheitsstufen (P-5). Beim Schreddern dürfen daher nur Streifen von max. 2 mm Breite übrig bleiben. Spätestens, wenn es um die Vernichtung digitaler Daten geht, kann es sinnvoll sein, einen Dienstleister damit zu betrauen. Laut Datenschutzgrundverordnung ist dabei ein Auftragsverarbeitungsvertrag zu schließen. Ein einfaches Löschen der Dateien am PC genügt jedenfalls keineswegs, betont das BSI. Auch nach Leerung des „Papierkorbs“ befinden sich die Akten noch auf der Festplatte, sie sind bloß schwerer erreichbar. Erst durch ein Überschreiben lassen sich die Daten endgültig löschen. Dies gelingt beispielsweise mithilfe spezieller Software.

Medical-Tribune-Bericht