Notruf 112 bleibt vorerst kostenfrei Vorübergehende Einigung bei Kosten für Rettungseinsätze in Brandenburg

Praxismanagement , Geld und Steuern Autor: Angela Monecke

Wer in Teltow-Fläming oder Märkisch-Oderland die 112 wählte, musste seit Januar mit einer Gebühr rechnen Wer in Teltow-Fläming oder Märkisch-Oderland die 112 wählte, musste seit Januar mit einer Gebühr rechnen © Tobias Seeliger - stock.adobe.com

Die Brandenburger sind entsetzt, die Politik ist sauer: Die Ankündigung einiger Landkreise, Rettungsdienstgebühren anteilig den Patientinnen und Patienten in Rechnung zu stellen, sorgt für viel Empörung. Bei einem Spitzengespräch zwischen Landkreisen und Kassen wurde nun eine Vereinbarung getroffen – quasi als letzte Rettung.

Wer in Teltow-Fläming oder Märkisch-Oderland die 112 wählte, musste seit Januar mit einer Gebühr rechnen, statt sich auf die schnelle Hilfe im Notfall getrost verlassen zu können: Der Tiefpunkt eines seit rund fünf Jahren schwelenden Streits zwischen mehreren Brandenburger Landkreisen und den Krankenkassen über die Finanzierung von Rettungseinsätzen. 

In Brandenburg gilt eine besondere Finanzierungsvereinbarung. Sie schreibt vor, dass die 14 Landkreise und vier kreisfreien Städte als Träger des Rettungsdienstes auch für die Sicherstellung seiner Finanzierung verantwortlich zeichnen. Weiter ist geregelt, dass zwar die Krankenkassen die Kosten für medizinisch notwendige Fahrten übernehmen, für Einsätze ohne Transport (z. B. Vor-Ort-Behandlungen) aber nicht.

Während in den meisten anderen Bundesländern die Kassen eine Pauschale an die Rettungsdienste zahlen, unabhängig davon, ob ein Transport stattfindet oder nicht, erfolgte in Brandenburg die Abrechnung bislang pro Einsatz. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Träger zusätzliche Gebühren für Einsätze ohne Transport erheben können. Diese Kosten tragen die Landkreise.

Zum 1. Januar 2025 änderten die Krankenkassen nun ihre Zahlungsmodalitäten für Rettungseinsätze. Seither erstatten sie nur noch feste Pauschalen, was zu den aktuellen Differenzen führte. Denn die neuen Pauschalen fallen deutlich geringer aus als die tatsächlichen Kosten vieler Einsätze. Gegen diese Finanzierungslücke wehrten sich nun einige Landkreise, darunter Märkisch-Oderland und Teltow-Fläming, mit Gebührenbescheiden, die sie für diese Einsätze ohne Transport aus- und per Post direkt den betroffenen Patientinnen und Patienten zustellten – mit teilweise erheblichen Zahlungsaufforderungen. 

Hintergrund

Die Gebührenbescheide, die in einigen Brandenburger Landkreisen an Patientinnen und Patienten verschickt wurden, betrafen grundsätzlich alle Rettungseinsätze, bei denen kein Transport ins Krankenhaus notwendig war. Die Gebühr fiel an, wenn

  • ein Rettungswagen oder Notarzt alarmiert sowie eine medizinische Versorgung vor Ort erfolgte oder geprüft wurde und
  • eben auch kein Transport ins Krankenhaus stattfand (egal, ob Leerfahrt oder Vor-Ort-Versorgung).

Die Höhe der Gebührenbescheide variierte je nach Landkreis und Einsatzart.

Spitzengespräch verschafft Luft für Verhandlungen

In einem Fall in Märkisch-Oderland fielen für einen Rettungswageneinsatz etwa 200 Euro an, für den zusätzlichen Notarzteinsatz weitere 251 Euro, insgesamt also rund 450 Euro. In Teltow-Fläming übernahmen die Kassen bei einem Rettungswageneinsatz nur noch 794,91 Euro der tatsächlichen Kosten, die 1.384 Euro betrugen. Die Betroffenen durften sich demnach mit einer Zuzahlung von 589,09 Euro herumärgern.  

Trotz der intensiven Debatten über das Dilemma „Kostenkalkulation“, besonders in jüngster Zeit: Acht Brandenburger Landkreise konnten sich bislang noch nicht mit den Krankenkassen einigen:

Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Oder-Spree, Oberspreewald-Lausitz, Spree-Neiße und Barnim.

Damit Rettungsdienste und Kassen zu einer schnellen Lösung und der Intensivpatient „Notfallrettung“ endlich zur Ruhe kommt, wurde ein Spitzengespräch im Brandenburger Gesundheitsministerium angesetzt. Landkreise und Krankenkassenverbände haben nun eine Vereinbarung getroffen: Seit dem 1. April 2025 gilt eine sogenannte Friedenspflicht von mindestens acht Wochen. Die Beteiligten wollen die beiden Monate nutzen, um über eine transparente und kostendeckende Kosten-Leistungsrechnung zu verhandeln, hieß es aus dem Ministerium.

Die Verbände der Krankenkassen in Berlin und Brandenburg begrüßten die Einigung. Nun könnten die Verhandlungen zu einer „fairen Finanzierung der Rettungsdienstgebühren“ starten. Ziel sei es, bis Ende Mai eine rechtssichere und nachvollziehbare Gebührenkalkulation vorzulegen. Allerdings müssten auch die Landkreise „ihrer Verantwortung für die Daseinsvorsorge nachkommen und ihre Rettungsdienste wirtschaftlicher und effizienter aufstellen als bisher“. 

„Ich bedaure, dass es überhaupt zu dieser Situation gekommen ist“, sagte der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nach dem Spitzengespräch. Umso entscheidender sei das Treffen der Landkreise und kreisfreien Städte mit den Krankenkassen auf Initiative der Landesregierung gewesen.

„Wichtig ist, dass die Brandenburgerinnen und Brandenburger mit keinem Cent zusätzlich belastet werden. Sie müssten sich weiter, „egal ob in Städten oder Dörfern, auf eine schnelle medizinische Erstversorgung verlassen können“. Unabhängig von den aktuellen Entwicklungen hatte er jedoch bereits im März in einer Regierungserklärung aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage seines Landes auch im Bereich der Rettungsfahrten Ausgabenkürzungen angekündigt.

Gesundheitsministerin: „keine Gebührenbescheide“

Auch Gesundheitsministerin Britta Müller (parteilos), die seit Wochen im Dialog mit den beiden Seiten ist, wertete das Ergebnis des Spitzengesprächs als Erfolg: „Der Notruf 112 bleibt ohne Rechnung.“

Quelle: Medical Tribune-Beitrag