Energiesparen Stromfresser in der Praxis finden und eliminieren

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Isabel Aulehla

Vor dem Unterschreiben eines Mietvertrags sollten sich Interessierte in jedem Fall den Energieausweis des Gebäudes vorlegen lassen. Vor dem Unterschreiben eines Mietvertrags sollten sich Interessierte in jedem Fall den Energieausweis des Gebäudes vorlegen lassen. © HNFOTO – stock.adobe.com

Die Energiekosten belasten viele Hausärzt:innen enorm. Wo gibt es Einsparmöglichkeiten? Eine Praxis­­­bege­­h­ung mit einem Energieberater liefert Antworten.

Angesichts der hohen Preise für Strom und Gas ist auch in Praxen Sparen angesagt. Die Heizung also auf 19 °C herunterregulieren? Kommt nicht infrage, meint die Saulheimer Allgemeinärztin Dr. ­Barbara Römer, die auch Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Hausärzteverbandes ist. „Wir haben kranke Patienten hier und die müssen sich auch dann wohlfühlen, wenn sie in Unterwäsche auf der Liege sitzen.“ 

Um andere Einsparpotenziale zu ermitteln, hat die Hausärztin den Energieberater Klaus-Jürgen Friedrich aus Bad Kreuznach zu Gast. Bei den Heizkosten stehe die mit Fußbodenheizung ausgerüstete Praxis ohnehin sehr gut da, lautet sein Urteil nach einem Blick auf die Abrechnung des letzten Jahres. 

Für die rund 150 m2 großen Räumlichkeiten fallen lediglich 3.500 kWh Gas pro Jahr an. Das Gebäude, in dem die Räume gemietet sind, wurde erst 2015 gebaut – die Wände sind gedämmt, die Fensterflächen klein. Haben Ärztinnen und Ärzte noch die Wahl, kann es sich folglich rechnen, eine Praxis entweder direkt in einem Neubau zu gründen oder dort hineinzuziehen. 

Vor dem Unterschreiben eines Mietvertrags sollten sich Interessierte aber in jedem Fall den Energieausweis des Gebäudes vorlegen lassen, empfiehlt Friedrich. Vermieter seien zwar gesetzlich dazu verpflichtet, bedürften manchmal aber doch der Aufforderung. Auch das Team in Saulheim ließ sich den Ausweis für die Praxisbegehung vorlegen. Er offenbarte eine unverhoffte Einsparmöglichkeit: Laut Unterlagen gibt es eine zentrale Solarthermieanlage für die Aufbereitung von Warmwasser. Damit wären die beiden Durchlauferhitzer verzichtbar, die bislang in Labor und WC benötigt werden und rund 1.000 kWh Energie im Jahr schlucken. 

Auch an anderen Stellen ist der Stromverbrauch der Praxis optimierbar. Er beträgt insgesamt 12.200 kWh. Die größten Verbraucher sind Beleuchtung (3.000 kWh im Jahr), Serveranlage (2.300 kWh) sowie die 13 Drucker, die den Tag hindurch überwiegend auf Standby laufen (1.300 kWh).

Insbesondere der Stromverbrauch der Lampen ist leicht zu unterschätzen – mit dem Einschrauben von LEDs ist keineswegs alles getan. Selbst ein sparsamer Verbrauch summiert sich auf beträchtliche Werte, wenn das Licht den ganzen Tag hindurch brennt. Um sich dies für die eigene Praxis zu verdeutlichen, reicht es zu zählen, wie viele Leuchtmittel installiert sind. In Saulheim sind es 71. 

PC-Arbeitsplätze und Drucke per Steckerleiste abschalten

Der Stromspartipp liegt auf der Hand: Licht ausschalten, wo es nicht gebraucht wird. Eine technische Lösung wäre beispielsweise durch die Steuerung der Beleuchtung über dimmbare Lampen und tageslichtempfindliche Sensoren möglich. Wenn es ohnehin hell genug ist, regeln die Sensoren die Lampen herunter. In Bereichen, die seltener genutzt werden, kann auch ein Bewegungsmelder helfen.

Der Verbrauch der 13 PC-Arbeitsplätze, die jeweils über einen eigenen Drucker verfügen, ließe sich laut Ener­gieberater Friedrich bereits durch eine Steckerleiste mit Kippschalter reduzieren. Diese müsste abends nur konsequent betätigt werden, damit Monitore und Drucker nicht die ganze Nacht hindurch auf Standby laufen. Zudem könne es sinnvoll sein, die Zahl der Drucker zu reduzieren und benötigte Dokumente nicht im Sprechzimmer, sondern zentral ­auszudrucken. 

Die Serveranlage hingegen lässt sich nur schwer optimieren. Auf Anfrage von Medical Tribune antwortet Eric Sesterhenn, Principal Security Consultant des IT-Unternehmens X41 D-SEC aus Aachen: Man könne zwar neue Hardware kaufen, aber es dauere lange, bis sich dies amortisiere. Auch für die Umwelt sei dies mit Blick auf die Energiekosten der Herstellung nicht die beste Lösung. 

Radiologisches Zentrum wird Solarkraftwerk

Noch besser als Energie zu sparen ist es, sie gleich selbst zu produzieren – vor allem, wenn man nebenher ein Gebäude verschönert. Im hessischen Marburg wird dies an einem radiologischen Zentrum erprobt: Der bisher wenig ansehnliche Bau am Bahnhofsvorplatz wurde in eine moderne Fassade aus Photovoltaik-Modulen gehüllt. 
„Wir möchten das erste klimaneutrale radiologische Zentrum in Deutschland werden“, erklärt Gebäudeeigentümer Prof. Dr. ­Siegfried Bien. Er nutzt beispielsweise auch die Abwärme der Computertomografen zum Heizen der Räume.

Für das Solarprojekt arbeitet er unter anderem mit dem Verein „Sonnenintiative“ und den Stadtwerken Marburg zusammen – sowie mit vielen Bürgern. Denn diese konnten die eigens gefertigten Solarmodule für 12.300 bis 26.200 Euro kaufen. 20 Jahre lang erhalten sie nun das Geld für den Strom, der in das Netz der Stadtwerke eingespeist wird. Die Vergütung ist besser als gesetzlich vorgesehen, von 5 % Rendite pro Jahr ist die Rede. Insgesamt kostete die Anlage 3 Millionen Euro. 

Von energetischer Autarkie ist das Zentrum dennoch weit entfernt. Aufgrund der medizinischen Großgeräte hat es einen jährlichen Stromverbrauch von 650.000 kWh, die Solarfassade produziert „nur“ 25.000 kWh. Künftig sind aber weitere Optimierungen geplant – z.B. durch ergänzende Module im Dachgeschoss und eine transparente Photo­voltaik-Folie auf den Fenstern.

PC-Arbeitsplätze und Drucke per Steckerleiste abschalten

Der Stromspartipp liegt auf der Hand: Licht ausschalten, wo es nicht gebraucht wird. Eine technische Lösung wäre beispielsweise durch die Steuerung der Beleuchtung über dimmbare Lampen und tageslichtempfindliche Sensoren möglich. Wenn es ohnehin hell genug ist, regeln die Sensoren die Lampen herunter. In Bereichen, die seltener genutzt werden, kann auch ein Bewegungsmelder helfen.

Der Verbrauch der 13 PC-Arbeitsplätze, die jeweils über einen eigenen Drucker verfügen, ließe sich laut Ener­gieberater Friedrich bereits durch eine Steckerleiste mit Kippschalter reduzieren. Diese müsste abends nur konsequent betätigt werden, damit Monitore und Drucker nicht die ganze Nacht hindurch auf Standby laufen. Zudem könne es sinnvoll sein, die Zahl der Drucker zu reduzieren und benötigte Dokumente nicht im Sprechzimmer, sondern zentral ­auszudrucken. 

Die Serveranlage hingegen lässt sich nur schwer optimieren. Auf Anfrage von Medical Tribune antwortet Eric Sesterhenn, Principal Security Consultant des IT-Unternehmens X41 D-SEC aus Aachen: Man könne zwar neue Hardware kaufen, aber es dauere lange, bis sich dies amortisiere. Auch für die Umwelt sei dies mit Blick auf die Energiekosten der Herstellung nicht die beste Lösung. 

Finanzielle Entlastung bis April 2024

Wie für Privathaushalte greift auch für kleine und mittlere Unternehmen seit Januar die Strom- und Gaspreisbremse. Die finanziellen Effekte werden allerdings erst im März rückwirkend berechnet. Die Gaspreise werden bis April 2024 auf 12 Cent pro Kilowattstunde begrenzt, bei Fernwärme sind es 9,5 Cent. Dies gilt jedoch nur für 80 % des bisherigen Verbrauchs. Wer mehr benötigt, muss für jede weitere Kilowattstunde den vollen Preis gemäß Liefervertrag zahlen. Die 80 % bemessen sich am im September 2022 ermittelten Jahresverbrauch. 

Die Strompreise werden für Haushalte und Unternehmen mit einem Bedarf von weniger als 30.000 kWh bei 40 Cent gedeckelt, sofern 80 % des bisherigen Verbrauchs nicht überschritten werden. Firmen mit einem jährlichen Strombedarf von mehr als 30.000 kWh erhalten 70 % zu einem garantierten Netto-Arbeitspreis von 13 Cent pro Kilowattstunde. Steuern, Abgaben und Umlagen fallen zusätzlich an. Für die Strompreisbremse bemisst sich der bisherige Verbrauch entweder am durch die Netzbetreiber prognostizierten Wert oder am Bedarf des Jahres 2021. 

Beratung wird mit bis zu 6.000 Euro gefördert

Wie viel Strom medizinische Geräte verbrauchen, hängt davon ab, wie oft sie für Untersuchungen genutzt werden. Für genaue Werte müssen Praxisteams daher protokollieren, wie oft sie zum Einsatz kommen. In Saulheim haben die beiden Sonografen den höchsten Verbrauch (je 225 kWh im Jahr). Das Ergometer (30 kWh), die Zentrifuge (9,75 kWh) und akkubetriebene Geräte wie Langzeit-EKG oder -blutdruckmessgerät tragen weniger zur Stromrechnung bei.

Wollen Praxisinhaber wissen, wie viel Energie ihre Praxis verbraucht, bietet sich ein Energieaudit nach DIN EN 16247 an. Dabei begeht ein Energieberater die Räumlichkeiten und erfasst systematisch, welche Verbräuche und Einsparmöglichkeiten es gibt. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fördert die Maßnahme: Bei monatlichen Energiekosten von über 10.000 Euro netto übernimmt es 80 % des förderfähigen Beraterhonorars, maximal jedoch 6.000 Euro. 

Sind die Energiekosten geringer, werden ebenfalls 80 % des Honorars gezahlt, die maximale Förderhöhe liegt jedoch bei 1.200 Euro. Ein qualifizierter Auditor findet sich über die Website des Deutschen Energieberater-Netzwerks. Wer Bürokratie vermeiden möchte, bevollmächtigt den Experten, beim BAFA den Antrag auf Förderung zu stellen. 

Im Vorfeld der Begehung können Praxisinhaber bereits die wichtigsten Dokumente heraussuchen: beispielsweise die Energiekostenabrechnungen der letzten drei Jahre oder eine Auflistung der medizinischen Geräte. Bei der Begehung sei dann „Detektivarbeit“ gefragt, berichtet Friedrich. In Saulheim muss er etwa die Typenschilder der Geräte suchen, die oft auf der Rück- oder Unterseite kleben. Im Handbuch seien die gewünschten Werte zum Energieverbrauch nicht immer zu finden. Wenige Tage nach dem Termin erhält der Auftraggeber dann eine genaue Auflistung aller Stromverbräuche – inklusive Einspartipps.

Medical-Tribune-Bericht