Praxisservice für Patientenverfügungen Was bei vorsorglichen Willensbekundungen zu beachten ist

Praxismanagement , Patientenmanagement Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Mit einer Vorsorgevollmacht können Personen für den Fall von Geschäfts- und/oder Einwilligungsunfähigkeit eine Vertrauensperson zum Bevollmächtigten in Gesundheitsangelegenheiten bestimmen. Mit einer Vorsorgevollmacht können Personen für den Fall von Geschäfts- und/oder Einwilligungsunfähigkeit eine Vertrauensperson zum Bevollmächtigten in Gesundheitsangelegenheiten bestimmen. © MQ-Illustrations - stock.adobe.com

Im Abfassen von Patientenverfügungen können Hausärztinnen und -ärzte eine „Führungsrolle“ übernehmen. Die Abrechnung kombiniert EBM- und GOÄ-Leistungen. 

§1901a Bürgerliches Gesetzbuch regelt die Patientenverfügung. Die in einer solchen Verfügung hinterlegten Willensbekundungen ermöglichen das Selbstbestimmungsrecht auszuüben. Und zwar in Situationen, in denen ein Mensch aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, über medizinische Belange zu entscheiden oder Wünsche hierzu zu kommunizieren. 

Laut einer repräsentativen Befragung von 1.000 Menschen im Jahr 2023 kennen zwar über 90 % die Möglichkeit der Patientenverfügung, aber nur 37 % haben eine für sich verfasst.* Die Bereitschaft nimmt mit dem Alter zu. Nach einer Erhebung des RKI haben rund 30 % der 50- bis 64-Jährigen eine Patientenverfügung, im Alter über 75 Jahren sind es hingegen mehr als 70 %. 

Das offenbart eine Fehleinschätzung der Notwendigkeit dieser Maßnahme: Bekanntlich kann in jeder Lebensphase durch Unfall oder Erkrankung eine Einwilligungsunfähigkeit eintreten. Bei jüngeren Menschen kommt hinzu, dass die Entscheidung über eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende sinnvollerweise mit einer Patientenverfügung sowie einer Vorsorgevollmacht verknüpft werden kann.

Vorsorgevollmacht oder bestellter Betreuer

Mit einer Vorsorgevollmacht können Personen für den Fall von Geschäfts- und/oder Einwilligungsunfähigkeit eine Vertrauensperson zum Bevollmächtigten in Gesundheitsangelegenheiten bestimmen. Eine sog. Generalvollmacht reicht diesbezüglich nicht aus, da sie eher finanzielle Dinge regelt und die denkbaren medizinischen Situationen nicht ausreichend beleuchtet. Eine Vorsorgevollmacht sollte schriftlich verfasst werden, muss aber nicht notariell beurkundet werden. Sie sollte insbesondere Entscheidungssituationen konkretisieren, die den Tod oder eine länger anhaltende Gesundheitsschädigung zur Folge haben können. 

Liegt keine Vorsorgevollmacht vor, kann eine Betreuungsverfügung durch das zuständige Amtsgericht (Betreuungsgericht) beantragt und ein Betreuer bestellt werden. Dieser kümmert sich um eine Person, die z. B. infolge einer Krankheit nicht mehr oder nur noch eingeschränkt in der Lage ist, die eigenen Angelegenheiten selbstständig zu regeln. 

Seit Anfang 2023 kann in solchen Fällen aber auch das gesetzliche Ehegattennotvertretungsrecht für Gesundheitsangelegenheiten gelten. Ehepartner dürfen hier Entscheidungen über medizinische Maßnahmen treffen, beispielsweise über ärztliche Untersuchungen oder den Abschluss eines Behandlungsvertrages, wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt oder dort nicht ausdrücklich einer solchen Vertretung widersprochen wird.

Eine Patientenverfügung richtet sich vornehmlich an Ärztinnen und Ärzte und deren Behandlungsteam, indem für den Fall einer Einwilligungsunfähigkeit in medizinischen Angelegenheiten festgelegt wird, welche konkreten Maßnahmen in Lebens- oder Behandlungssituationen ergriffen werden dürfen oder nicht gewünscht sind oder sogar untersagt werden. An dieser Stelle kann auch eine Erklärung zur Organ-/Gewebespende abgegeben werden.

Unter Bezugnahme auf bestimmte Diagnosen, Krankheitsstadien und Therapieziele sollte eine Patientenverfügung möglichst genau Behandlungssituationen und daraus resultierende Anweisungen beschreiben. Laut Bundesgerichtshof stellen pauschale Formulierungen, wie „keine lebenserhaltenen Maßnahmen“ keine hinreichend konkrete Behandlungsanweisung dar, wenn sie nicht situationsspezifisch präzisierend ergänzt und erläutert werden. 

Werden ärztliche Maßnahmen genannt, die einen Eingriff in die körperliche Integrität darstellen (z. B. eine Operation), kann die Erklärung nur nach vorheriger ärztlicher Aufklärung oder im Fall eines ausdrücklichen Verzichts auf Aufklärung wirksam werden. Die Patientenverfügung ist für Behandlungsteam, Krankenhaus- und Pflegepersonal verbindlich. Eine Missachtung kann als Körperverletzung gewertet werden und ist somit strafbar.

Fallbeispiel: Abrechnung der Hilfe bei einer Patientenverfügung
EBMLeistungsbeschreibungPunkte/Euro
03003Versichertenpauschale im 52. Lebensjahr114/14,13
03220Zuschlag zur Versichertenpauschale nach GOP 03000 für die Behandlung und Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung130/16,11
01480Beratung über Organ- und Gewebespenden65/8,06
GOÄLeistungsbeschreibungEuro (Faktor 2,3)
A860Erhebung einer biografischen Anamnese mit einer Bedingungs- und Funktionsanalyse des bisherigen Krankheitsgeschehens mit schriftlicher Aufzeichnung des Patientenwillens, nach § 6 GOÄ analog berechnet123,34
A34Erörterung der Details der gemeinsam erarbeiteten Patientenverfügung, nach § 6 GOÄ analog berechnet40,23
80Erstellen der schriftlichen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht40,23
96Schreibgebühr, je angefangene DIN-A4-Seite – 10 Seiten zu 0,17 Euro1,70 (Einfachsatz)

Textbausteine helfen, die Erklärung zu individualisieren

Es existiert eine Menge an Formularen für Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten. Bei Mustern aus dem Internet sollten Formulierungen im Hinblick auf die Individualität kritisch geprüft werden. Onlineportale bieten die Möglichkeit, anhand von Textbausteinen eine geeignete Patientenverfügung zusammenzustellen.

Eine Hausarztpraxis kann anbieten, eine Kopie der Willensbekundungen zur ärztlichen Dokumentation zu nehmen. Das ermöglicht es ihr auch, den Betroffenen bei relevanten Veränderungen des Gesundheitszustands eine Aktualisierung oder Konkretisierung vorzuschlagen.

Ein Fallbeispiel: Der 52-jährige, alleinstehend lebende Patient ist nach einem Unfall auf einen Rollstuhl angewiesen. In der Arztpraxis ist er wegen einer Hypertonie ohne bisherige Folgeerkrankungen in Behandlung. Die Versorgung wird über einen Pflegedienst sichergestellt.

Der Patient erscheint in Begleitung der Tochter in der Praxis und bittet, ihm beim Erstellen einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung behilflich zu sein. Er wird über den aus ärztlicher Sicht notwendigen Untersuchungs- und Beratungsumfang aufgeklärt, erneut zur Organ- und Gewebespende beraten. Da nicht alle Maßnahmen zulasten seiner gesetzlichen Krankenversicherung berechnungsfähig sind, wird ein Behandlungsvertrag  abgeschlossen. Es ist der erste Arzt-Patienten-Kontakt im Quartal.

Da der Patient in der Praxis bekannt ist, können die Ergebnisse der bisherigen körperlichen und ggf. psychischen Untersuchungen für die Unterlagen verwendet und deshalb nicht gesondert nach GOÄ berechnet werden. Bei der biografischen Anamnese ist dies anders. Hier geht es um Leistungen in direktem Zusammenhang mit dem Erstellen der Patientenverfügung und der Vollmacht. Diese haben prospektiven Charakter und werden in der Regel nicht durch die kurativen EBM-Leistungen abgedeckt. Gleiches gilt für die Erörterung, die sich nicht ausschließlich an vorhandenen Erkrankungen orientiert und deshalb nicht nach der GOP 03230 des EBM berechnet werden kann.

Die Berechnung von Schreibgebühren neben der Nr. 80 GOÄ ist nur möglich, wenn die Patientenerklärung und die Vollmacht nicht mithilfe vorgefertigter Formulare erfolgt, sondern durchgängig individuell. Möchte der Patient Kopien der Unterlagen, können je Kopie die Nr. 96 GOÄ oder nach JVEG 0,50 Euro je Seite zusätzlich in Rechnung gestellt werden. Die ggf. angefertigte Kopie für den Arzt betrifft das nicht. 

* Gesundheitswesen. 2023 Jun 2;86:130-136; DOI: 10.1055/a-2055-1002