Rezept für Personen in Klinik Regressstreit erfordert Einbindung des Beschwerdeausschusses

Verordnungen Autor: Jan Helfrich

Wenn Patient*innen den niedergelassenen Arzt oder die niedergelassene Ärztin anrufen und nach einem Rezept fragen, ist zunächst Vorsicht geboten. Wenn Patient*innen den niedergelassenen Arzt oder die niedergelassene Ärztin anrufen und nach einem Rezept fragen, ist zunächst Vorsicht geboten. © Halfpoint – stock.adobe.com

Bei Regressverfahren wegen Arzneimittelverordnungen für Patientinnen und Patienten, die sich zeitgleich im Krankenhaus befanden, muss zuerst der Beschwerdeausschuss angerufen werden. Erst danach kann der Bescheid rechtlich angefochten werden. 

Ein Arzt einer Gemeinschaftspraxis verordnete im Juni 2014 einem Patienten nach einem Telefongespräch Abstral 600 Sublingualtabletten. Der Versicherte befand sich allerdings zum Zeitpunkt der Verordnung sowie während der Einlösung des Rezepts in vollstationärer Behandlung.

Die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Thüringen setzte auf Antrag einer Kasse einen Regress in Höhe von 253,69 Euro fest. Dagegen reichte die Berufsausübungsgemeinschaft Klage beim Sozialgericht ein. Sie beantragte jedoch zugleich, das Verfahren auszusetzen und das Vorverfahren beim Beschwerdeausschuss nachzuholen. Klage wie Berufung blieben erfolglos.

Das Thüringer Landessozialgericht (LSG) hielt das Vorverfahren für entbehrlich. Die Unzulässigkeit der Arzneimittelverordnung ergebe sich aus § 39 Absatz 1 Satz 3 SGB V. Für die Gemeinschaftspraxis hätten erhöhte Sorgfaltspflichten bestanden, da sie von der Notwendigkeit einer weiteren Operation gewusst und die Klinikeinweisung ausgestellt habe. Da sich die Unzulässigkeit der Verordnung direkt und eindeutig aus dem Gesetz oder aus den Richtlinien des G-BA ableite, liege hier ein „sonstiger Schaden“ nach § 106c Absatz 3 Satz 6 SGB V vor. Demnach sei eine Überprüfung des Bescheids der Prüfungsstelle durch den Beschwerdeausschuss ausgeschlossen.

Die Klägerin zog vor das Bundessozialgericht. Der 6. BSG-Senat bewertete die Revision als teilweise begründet: „Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Prüfungsstelle ist derzeit unzulässig, da das erforderliche Vorverfahren vor dem Beschwerdeausschuss bislang nicht durchgeführt worden ist“, heißt es in einer Presseinformation des Bundessozialgerichts. Vertragsärztinnen und -ärzte müssten grundsätzlich gegen Entscheidungen der Prüfungsstelle den Beschwerdeausschuss anrufen, wenn sie den Rechtsweg zu den Sozialgerichten beschreiten wollen. Ein Ausnahmefall nach § 106c Absatz 3 Satz 6 SGB V – wie vom Landessozialgericht angenommen – liege hier nicht vor.

Zwar sei gesetzlich festgelegt, dass während eines stationären Aufenthalts das Krankenhaus für die Arzneimittelversorgung der Patientinnen und Patienten verantwortlich ist. Der Regress eines sonstigen Schadens gegenüber einem Vertragsarzt, der während des Klinikaufenthalts des Versicherten ein Arzneimittel verordnet, sei aber an die Grundsätze des Schadensersatzrechts angelehnt und deshalb verschuldensabhängig.

BSG verwies zurück an die Vorinstanz

Um das genaue Verschulden zu klären, bedürfe es regelmäßig einer Prüfung aller Umstände des Einzelfalls. Das Bundessozialgericht überwies den Vorgang also wieder zurück ans Landessozialgericht, damit das Vorverfahren vor dem Beschwerdeausschuss nachgeholt werden kann.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht