Mehrfachverordnungen eRezept-Funktion winkt mit Regress

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Auch wenn im Sommer 2023 das Einlösen von eRezepten über die Gesundheitskarte möglich wird, bleiben einige Stolpersteine zunächst liegen - z.B. wenn Mehrfachverordnungen Einfluss auf prüfungsrelevante Verordnungskosten haben. Auch wenn im Sommer 2023 das Einlösen von eRezepten über die Gesundheitskarte möglich wird, bleiben einige Stolpersteine zunächst liegen - z.B. wenn Mehrfachverordnungen Einfluss auf prüfungsrelevante Verordnungskosten haben. © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

Noch verharrt das elektronische Rezept in den Kinderschuhen – doch mit den geplanten Funktionen, die es erfüllen soll, kündigt sich schon ein erstes Problem an und droht mit Arzneimittel-Regressen. Bei onkologischen Praxen ist der Knackpunkt der Preis des Arzneimittels.

Erst Mitte des Jahres 2023 soll das Einlösen von elektronischen Rezepten per Gesundheitskarte möglich werden. Bislang können Versicherte elektronische Rezepte in der Apotheke nur über eine spezielle App einlösen. Mit diesem Prozedere sind allerdings viele und insbesondere ältere Versicherte überlastet. Sie nutzen dementsprechend diesen Bezugsweg kaum. Ärztinnen und Ärzte, die bereits das eRezept nutzen und die Verordnungsdaten elektronisch übermitteln, müssen deshalb ihren Patienten weiterhin einen Papierausdruck aushändigen. Mit dem darauf aufgedruckten QR-Code kann das Personal in der Apotheke die Verordnung vom Server abrufen. 

Bis zum Stichtag will die Gematik nun die Spezifikation des eRezepts so anpassen, dass die Gesundheitskarte selbst zum Einlösen von Medikamenten datenschutzkonform eingesetzt werden kann und damit deutlich benutzerfreundlich wird. Wann die Umstellung genau erfolgt, hängt auch vom Rollout des eRezepts in den Testregionen ab. 

Dieser Startschuss wird aber auch ein anderes Problem zum Klingen bringen. Seit dem 1. April 2023 können Vertragsärztinnen und Vertragsärzte nämlich chronisch Kranken für ihre Dauermedikation eine Mehrfachverordnung ausstellen. Über diese dürfen Apotheken das entsprechende Arzneimittel bis zu vier Mal innerhalb eines Jahres abgeben, wenn das Rezept eine entsprechende Kennzeichnung der Verordnung trägt. Der Arzt bzw. die Ärztin legt dann die Anzahl der Abgaben sowie den Beginn ihrer jeweiligen Einlösefrist fest. Das Ende der Frist kann optional ebenfalls angegeben werden, sofern es maximal 365 Tage nach dem Ausstellungsdatum liegt. 

Damit ist also – theoretisch – heute schon eine längerfristige Versorgung von Versicherten mit einem kontinuierlich benötigten Arzneimittel möglich. Praktisch ist eine solche Mehrfachverordnung auf den aktuell noch papiergebundenen Verordnungen aber aus technischen Gründen gar nicht umsetzbar

Werden nun aber Verordnungen künftig über die Gesundheitskarte getätigt, muss die Praxissoftware bei eRezepten auch die Ausstellung von Mehrfachverordnungen ermöglichen. Und damit wird die Regelung der Mehrfachverordnung auf einmal „virulent“.

Es fehlt der Behandlungsfall für die Verordnungskosten

Das Problem: Eine mehrfache Verschreibung kann Auswirkungen auf die gegebenenfalls prüfungsrelevanten Verordnungskosten haben – und zwar in jenen Quartalen, in denen die jeweiligen Einzelverordnungen eingelöst werden. Denn diesen Verordnungskosten steht möglicherweise im betreffenden Quartal kein Behandlungsfall gegenüber. 

Das Problem ist bekannt. Die KBV empfiehlt deshalb bei der Ausstellung von eRezepten über die Versichertenkarte solche Mehrfachverordnungen zu dokumentieren. Dann könne man im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung entsprechend argumentieren. 

Eine Regelung auf Verwaltungsebene, die eine solche „statistische“ Regressgefahr verhindert, sei nicht möglich. Aufgrund der freien Konfigurierbarkeit der Gesamtgültigkeit sowie der variablen Einlösefristen der einzelnen Verordnungen, die nicht zwangsläufig in mehreren Quartalen liegen müssen, sei es nicht möglich, einen allgemeingültigen Mechanismus zu definieren, der diesen Budgeteffekt der Mehrfachverordnung berücksichtigt.

Auf diese Entwicklung sollte man auch in der onkologischen Praxis vorbereitet sein. Dann ist es zum Beispiel gut zu wissen, dass die Nutzung der Mehrfachverordnung im Ermessen der Ärztin/des Arztes liegt und Versicherte keinen gesetzlichen Anspruch darauf haben. Das eröffnet eine (einfache) Möglichkeit, das Problem zu lösen. Solange, bis es dafür eine grundsätzliche Lösung gibt.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht