Verordnungen am Lebensende Stufenweise Hilfe von Pflege bis Palliativ
Mit der Verordnung der Unterstützungspflege veranlasst der Arzt eine Kontrolle der Schmerzsymptomatik sowie ein Erkennen von Übelkeit, Erbrechen, pulmonalen oder kardialen Symptomen oder Obstipation durch den Pflegedienst. Gegenstand der Verordnung sind außerdem Kontrollen und Behandlungen bei exulzerierenden Wunden sowie die Krisenintervention, z.B. bei Krampfanfällen, Blutungen und/oder akuten Angstzuständen.
Die Behandlung kann bei schwerstkranken und sterbenden Patienten in jedem Alter verordnet werden. Sie ermöglicht z.B. eine Übergangslösung für Patienten, die noch keine Leistungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung erhalten oder erhalten wollen (SAPV nach § 37b SGB V, Voll- oder Teilversorgung). Die Leistung umfasst das Erkennen und Erfassen sowie Behandeln von Krankheitszeichen und Begleiterscheinungen im Rahmen der pflegerischen Tätigkeiten.
Voraussetzung für die Verordnung ist – wie in der Palliativversorgung generell – das Vorhandensein einer oder mehrerer nicht-heilbarer fortschreitender und so weit fortgeschrittener Erkrankungen, dass nach fachlicher Einschätzung des behandelnden Arztes die Lebenserwartung auf wenige Tage, Wochen oder Monate limitiert ist. Lediglich bei Kindern und Jugendlichen ist die Leistung auch bei länger prognostizierter Lebenserwartung verordnungsfähig, sofern die genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Verordnungsdauer für die Erst- und Folgeverordnung beträgt jeweils bis zu 14 Tage. Die Häufigkeit richtet sich nach dem individuellen Bedarf und unterliegt keiner Beschränkung hinsichtlich der Anzahl der täglichen Pflegeeinsätze.
Die Verordnung erfolgt mit dem Formular 12 unter Angabe der „Leistungsziffer 24a“ oder „Symptomkontrolle bei Palliativpatienten“. Weitere behandlungspflegerische Maßnahmen können auf der Verordnung zusätzlich angegeben werden.
Ziel ist es, den Hospiz- und Palliativgedanken stärker in der Regelversorgung zu verankern und die ambulante Palliativversorgung zu stärken. Insbesondere Hausärzten soll damit die Gelegenheit gegeben werden, sich umfassend an der Behandlung palliativmedizinischer Fälle zu beteiligen. Die Verordnung einer Unterstützungspflege kann so gesehen als erste Stufe der hausärztlichen Versorgung von Palliativpatienten angesehen werden.
Auf Formblatt 63 zunächst nur „Teilversorgung“ angekreuzt
Wird der Einsatz eines Palliativteams erforderlich, beginnt die zweite Stufe. Dabei ist es wichtig, dass bei der Verordnung auf dem Formblatt 63 zunächst nur eine „Teilversorgung“ angekreuzt wird. Dann können Hausärzte im Fall einer in der Regel nicht vermeidbaren Inanspruchnahme, z.B. auch durch Angehörige, die hierfür vorgesehenen Leistungen im hausärztlichen Abschnitt IIIa 3.2.5 weiterhin erbringen und über die GOP 03370 bis 03373 EBM berechnen. Dem Einsatz eines Palliativteams muss die Krankenkasse zustimmen. Das Ausfüllen der Verordnung kann nach GOP 01425 und eine Verlängerung nach GOP 01426 berechnet werden. Der Antrag selbst muss auf der Rückseite des Vordrucks 63 vom Versicherten bzw. SAPV-Leistungserbringer gestellt werden.
Schrittweises Vorgehen bei der Betreuung von Palliativpatienten
Schritt 1: Bei der Verordnung häuslicher Krankenpflege mit Formular Muster 12 kann zusätzlich eine Unterstützungspflege veranlasst werden.
Schritt 2: Bei der Versorgung des Palliativpatienten kann der Hausarzt auf jeden Fall zunächst die „Palliativmedizinische Ersterhebung des Patientenstatus“ (GOP 03370 EBM, 341 Punkte, 39,19 Euro) berechnen. Die Leistung ist einmal im Krankheitsfall, in gleicher Sitzung nicht neben den GOP 03220, 03230, 03360. 03362 und im Krankheitsfall nicht neben der GOP 37300 berechnungsfähig.
Schritt 3: Mit dem Muster 63 wird ein Antrag auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung gestellt:
Erst- und Folgeverordnung der SAPV | |||
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EBM | Legende | Punkte | Euro |
01425 | Erstverordnung der SAPV | 253 | 29,07 |
01426 | Folgeverordnung zur Fortführung der SAPV. | 152 | 17,47 |
Schritt 4: Wird bei der Verordnung „Additiv unterstützende Teilversorgung“ angekreuzt, können vom Hausarzt weiterhin die eigenen palliativmedizinischen Leistungen berechnet werden:
Zuschläge für die palliativmedizinische Betreuung | |||
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EBM | Legende | Punkte | Euro |
03371 | Zuschlag zur Versichertenpauschale nach | 159 | 18,27 |
03372 | Zuschlag zu den GOP 01410 oder 01413 für die palliativmedizinische Betreuung in | 124 | 14,25 |
03373 | Zuschlag zu den GOP 01411, 01412 oder 01415 für die palliativmedizinische Betreuung in der Häuslichkeit, je Besuch | 124 | 14,25 |
Die Kasse übernimmt wegen der Dringlichkeit bis zu ihrer Entscheidung über die weitere Leistungserbringung die Kosten für die verordneten und erbrachten Leistungen, wenn ihr die Verordnung spätestens am dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag vorgelegt wird.
In dem Stadium, in dem Palliativteam und Hausarzt den Patienten gemeinsam betreuen, ist die GOP 03371 als Zuschlag zur Versichertenpauschale bei einer palliativmedizinischen Betreuung in der Praxis nicht mehr denkbar, aber dafür stehen die GOP 03372 und 03373 bei Hausbesuchen zur Verfügung. Der Zuschlag nach GOP 03372 erfolgt für die Regelbesuche nach GOP 01410/01413 und kann je 15 Minuten berechnet werden. Die Leistung hat allerdings einen Höchstwert pro Behandlungstag von 620 Punkten (71,25 Euro), was aber theoretisch für ein Verweilen beim Patienten von einer Stunde und 15 Minuten und damit z.B. für eine Sterbebegleitung reichen würde. Da neben Akutbesuchen nach den GOP 01411, 01412 und 01415 lediglich die GOP 03373 bei gleichem Honorar von 14,25, aber nur einmal je Besuch berechnungsfähig ist, muss man überlegen, was die „Bestregelung“ der Abrechnung wäre. Die Entscheidung scheint einfach zu sein, da die Summation der Bewertungen der GOP 01410 und 5 x GOP 03372 mit 95,61 Euro ein deutlich höheres Honorar ergibt als die Summe z.B. aus GOP 01415 und 1 x GOP 03373 mit 76,99 Euro. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Ansatz der GOP 01410 und 5 x GOP 03372 zu einer Gesamtzeitvorgabe von 89 Minuten bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit führt, während die GOP 01415 und 03373 keine diesbezüglichen Zeitvorgaben beinhalten.
Zum Behandlungsstart ist eine Videoverordnung möglich
Folgeverordnungen für die häusliche Krankenpflege und für die Unterstützungspflege können auch in Videosprechstunden und in Ausnahmefällen sogar nach telefonischem Kontakt, z.B. mit Bezugspersonen, ausgestellt werden. Voraussetzung ist, dass der Patient der Praxis bekannt ist. Die erstmalige Verordnung setzt eine persönliche Untersuchung in der Praxis oder beim Hausbesuch voraus.
Medical-Tribune-Bericht