Speiseröhrenkrebs Aktuelles Modell sagt Risiko voraus
Die meisten Speiseröhrentumoren werden erst diagnostiziert, wenn die Erkrankung bereits fortgeschritten ist. Um die Karzinome früher zu erkennen, erscheint ein Screening sinnvoll, wobei die Risikoprädiktion eine große Rolle spielt, schreiben Forschende um Dr. Junming Han, Shandong Universität, Jinan. Bisherige Modelle weisen ihrer Ansicht nach aber einige Mängel auf. Die Wissenschaftler:innen entwickelten und validierten daher ein neues Prädiktionsmodell für das Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre (ESCC), um u.a. das Krebsscreeningprogramm zu optimieren.
Sie sammelten Daten, die aus Endoskopien des oberen Gastrointestinaltrakts und histopathologischen Untersuchungen von einer Hochrisikopopulation gewonnen worden waren. Die erste Gruppe umfasste 59.481, die Validierungkohorte
44.648 Individuen. Die Forschenden berechneten zwei Modelle: Das erste (A) beinhaltete die Kovariablen Alter, Geschlecht und die Anzahl der Läsionen. Modell B bezog zusätzlich Raucherstatus, Alkoholkonsum, BMI, jährliches Haushaltseinkommen, vorangegangene GI-Erkrankungen, den Konsum von gebeizter Nahrung, ausgeprägte Läsionen sowie eine leichte oder moderate Dysplasie mit ein. Die beiden Modelle wurden anhand verschiedener statistischer Methoden, u.a. dem Harrell-C-Index, der als Maß für Risikomodelle dient, evaluiert.
Verglichen mit einem Referenzwert hatten Patient:innen mit einer, zwei und mindestens drei Läsionen im Screening ein um 52 %, 212 % und 455 % erhöhtes Risiko, innerhalb von drei Jahren ein ESCC zu entwickeln. Auch auffällige Läsionen und eine leichte/moderate Dysplasie ließen das Risiko steigen – und zwar um 62 % bzw. 201 %. Der Harrell-C-Index, betrug für das Modell B in den beiden Kohorten 0,83 und 0,91.
Leichte/moderate Dysplasie als relevanter Faktor
Wie die Autor:innen betonen, erwiesen sich beide Modelle als klinisch nützlich: Ihre Anwendung war vorteilhafter, als wenn die Gesamtpopulation entweder komplett als Hochrisiko- oder als Niedrigrisikogruppe kategorisiert wurde. Insgesamt schnitt das Modell B besser ab. Sowohl die Charakteristika der Teilnehmenden als auch die ESCC-Inzidenzen unterschieden sich zwischen den Kohorten; dennoch hätten die Modelle in beiden Datensätzen gut performt und könnten daher auch auf größere Populationen angewandt werden. Laut Modell B ist eine leichte oder moderate Dysplasie ein wichtiger Risikofaktor für die ESCC-Entwicklung. Betroffene könnten von Interventionen, die Dysplasien adressieren, profitieren. Auch sei es sinnvoll, Personen mit (auffälligen) Läsionen intensiver zu beobachten.
Quelle:
Han J et al. JAMA Netw Open 2023; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.53148