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Schlafapnoe Arousalschwelle anheben und Schlaffragmentierung vorbeugen

Autor: Manuela Arand

Die CPAP ist in der Therapie der obstruktiven Schlafapnoe Standard. (Agenturfoto)
Die CPAP ist in der Therapie der obstruktiven Schlafapnoe Standard. (Agenturfoto) © Stephen – stock.adobe.com
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Die apparative Medizin kann seit Längerem Erfolge in der Therapie der obstruktiven Schlafapnoe verbuchen. Jetzt richten sich aktuelle Forschungen darauf, die Atmung medikamentös zu beeinflussen.

Will man bei Patienten mit obstruktivem Schlafapnoesyndrom (OSAS) anatomische Gegebenheiten pharmakologisch beeinflussen, ist u.a. an abschwellende Nasentropfen oder medikamentös unterstützte Gewichtsreduktion zu denken. Funktionell kann man an der Muskulatur der oberen Atemwege über serotonerge, noradrenerge, anticholinerge und nikotinerge Wirkstoffe ansetzen. Gegen ventilatorische Dysfunktionen werden Cholinesterasehemmer, Opioidrezeptorantagonisten und Carboanhydrasehemmer erprobt.

Tatsächlich gibt es für einige dieser Ansätze positive Studienergebnisse, berichtete Dr. Ludovico Messineo, Harvard University Boston. 

Was bisher nicht gut funktioniert, ist nach seiner Aussage, die Arousalschwelle zu modifizieren, die bei jedem dritten OSAS-Patienten einen kritischen Punkt in der Pathogenese darstellt. Die Arousalschwelle wird definiert als der Punkt, an dem der Atemantrieb eine kritische Grenze überschreitet, sodass die intensivierte Atmung den Menschen erwachen lässt. 

Hoher Loop Gain verstärkt ventilatorische Instabilität

Hinzu kommt, dass Schlafapnoe­patienten auf geringe ventilatorische Störungen mit einer unverhältnismäßig starken Steigerung der Ventilation reagieren (hoher Loop Gain), was die ventilatorische Instabilität verstärkt. Häufige Arousals fragmentieren den Schlaf, vermindern Tiefschlafphasen und deren Erholungswirkung und erhöhen das kardiovaskuläre Risiko. Die Schwelle medikamentös anzuheben, könnte daher ein sinnvolles Ziel abgeben. 

Es gibt eine Reihe etablierter Wirkstoffe, welche die „Arousability“ des Gehirns insgesamt verringern, etwa Benzodiazepine, Z-Substanzen oder das serotonerg wirksame Anti­depressivum Trazodon, berichtete Dr. Messineo. Benzodiazepine sind bei OSA-Patienten erprobt worden, allerdings ohne einen durchschlagenden Erfolg. 

Außerdem besteht der Verdacht, dass sie durch Muskelrelaxation den Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) steigern. Z-Hypnotika scheinen einen konsistent günstigen Effekt auf die Arousalschwelle auszuüben, die Ergebnisse zu Wirkungen auf die Pharynxmuskulatur sind jedoch widersprüchlich. Als Monotherapie dürfte ihr Stellenwert gering sein, „vielleicht eine Option in Kombinationen“, meinte Dr. Messineo. Ähnliches gilt für Trazodon, sowohl hinsichtlich der Wirkungen als auch der Einsetzbarkeit in Kombitherapien. 

Potenzieller Nutzen durch Pimavanserin

Eine andere Möglichkeit ist, CO2-induzierten Arousals vorzubeugen, zum Beispiel durch Blockade serotonerger Neurone im dorsalen Raphe-Kern. Sie springen normalerweise an und setzen die Arousalkaskade im ZNS in Gang, wenn der pH des Blutes steigt. Der Charme dieses Ansatzes liegt darin, dass die ventilatorische Antwort nicht inhibiert wird. Ein Kandidat dafür ist Pimavanserin, das Dr. Messineo und Kollegen kürzlich erprobt haben. Einen konsistenten Effekt auf die Arousalschwelle konnten sie zwar nicht zeigen, aber bei der Subgruppe von Patienten, bei denen die Schwelle stieg, nahmen AHI und Hypoxielast deutlich ab. „Wahrscheinlich eine Frage der richtigen Dosis“, vermutet der Schlafmediziner. Er hält Pimavanserin auf jeden Fall für vielversprechend genug für weitere Studien.

Kongressbericht: European Respiratory Society (ERS) International Congress 2022