Adipositas Bariatrische Operationen verringern Krebsrisiko
Adipositas, Diabetes und Krebs stehen in einem engen Zusammenhang, erinnerte Prof. Dr. Till Hasenberg, Helios St. Elisabeth Klinik Oberhausen. Schon eine Erhöhung von 5 BMI-Punkten lässt das Risiko steigen – im Falle des hepatozellulären Karzinoms sogar um 30 %.
Für einzelne Patient:innen mit Adipositas kommt ein chirurgischer Eingriff infrage. Wie der Referent erläuterte, machen Schlauchmagen und Magenbypass weltweit gut 90 % der Adipositasoperationen aus.
„Die Nachsorge ist umso relevanter“
Der überschüssige BMI-Verlust – d.h. das Gewicht, das die Betroffenen oberhalb eines BMI von 25 kg/m2
verlieren und langfristig halten können – beträgt ca. 70–80 %. „Natürlich gibt es hier aber eine deutliche Schwankungsbreite“, so Prof. Hasenberg. Er appellierte: „Die Adipositaschirurgie ist keine kausale Behandlung der Adipositas. Die Vorbereitung ist relevant, die Nachsorge ist umso relevanter.“
Dass der Eingriff das Krebsrisiko positiv beeinflusst, demonstrierten Forschende in einer Metaanalyse, in die 23 Studien mit rund 300.000 operierten Teilnehmer:innen und 8,4 Millionen Kontrollpersonen eingingen. „Sowohl die Inzidenz als auch die Mortalität von Tumorerkrankungen sinkt nach einem bariatrischen Eingriff deutlich“, erläuterte der Experte.
Bestätigt werden diese Daten unter anderem durch die Ergebnisse einer großen Studie mit etwa 22.000 bariatrisch Operierten und 66.000 Kontrollpatient:innen. Die Adipositaschirurgie führte über einen relevanten Zeitraum zu einer deutlichen Reduktion der Häufigkeit neu diagnostizierter Tumorerkrankungen. Die größten Effekte wurden bei den gynäkologischen Krebsarten beobachtet – was mit einem Frauenanteil von 81 % nicht weiter verwundert. Das Phänomen, dass Frauen sich häufiger einem bariatrischen Eingriff unterziehen als Männer, sei aber bekannt.
Ohne Medikamente
Etabliert habe sich der Effekt bariatrischer Operationen auch in der Diabetesbehandlung, so Prof. Hasenberg. Eine Übersichtsarbeit randomisierter Studien ergab, dass ca. die Hälfte der Patient:innen drei Jahre nach dem chirurgischen Eingriff keine Diabetesmedikamente mehr benötigte.
„Patient:innen bleiben weiterhin adipös“
Die Datenlage zum Effekt einer Adipositasoperation auf diabetesassoziierte Tumoren sei „relativ mau“, so der Referent. Hinweise liefert eine aktuelle Publikation aus Schweden, in die die Daten von 393 operierten Patient:innen und 308 Kontrollpersonen einflossen. Rund 40 % der Teilnehmenden wiesen zu Beginn einen Diabetes auf. In der Gruppe mit bariatrischem Eingriff erreichten nach zwei Jahren knapp 70 % eine Diabetesremission, in der Kontrolle wurde dies bei ca. 16 % beobachtet. Ein Drittel der operierten Personen konnten die Remission über 10 Jahre lang halten. Innerhalb der ersten Jahre kam es in der Gruppe mit bariatrischer Chirurgie zum deutlichsten Gewichtsverlust, anschließend stellte sich ein Plateau ein. „Die Patient:innen bleiben weiterhin adipös“, hob Prof. Hasenberg hervor. Viele erreichten aber eine Verringerung der Adipositas von Grad 3 auf einen Grad 1/2.
Seltener Karzinome unter langanhaltender Remission
Nach einem Follow-up von 28 Jahren war das kumulative Krebsrisiko der nicht operierten, adipösen Menschen mit Diabetes deutlich höher als das derjenigen, die sich einem bariatrischen Eingriff unterzogen hatten. Die Ergebnisse fielen nur für die Frauen signifikant aus. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Diejenigen Patient:innen, die zehn Jahre nach der Operation noch in Diabetesremission waren, hatten ein niedrigeres kumulatives Krebsrisiko als jene ohne langfristige Remission. Insgesamt sei die Adipositas ein beeinflussbarer Risikofaktor für zahlreiche maligne Erkrankungen, resümierte der Referent, der sich durch bariatrische Operationen verringern lässt.
Quelle:
Hasenberg T. Diabetes Kongress 2023; Vortrag „Stellenwert der Adipositas-Chirurgie für die Krebsprävention bei Typ 2-Diabetes“