Bei COPD-Patienten frühzeitig nach Komorbiditäten suchen
Die GOLD-Leitlinie verweist darauf, dass es wichtig ist, im Management von COPD-Patienten Komorbiditäten zu erfassen und zu behandeln. Leider gibt sie aber wenig Hilfestellung, wie ein Screening in der Praxis funktionieren soll. Lediglich das Low-dose-CT-Screening auf Lungenkrebs bei Rauchern mit hohem Risiko wird von den Autoren angesprochen.
Aus neueren Studien geht hervor, dass bestimmte CT-Parameter als Kenngrößen für verschiedene Begleiterkrankungen von COPD-Patienten nützlich sein könnten, schreiben Dr. Deepti Singhvi und Dr. Jessica Bon vom Department of Medicine der University of Pittsburgh. Sie haben den derzeitigen Erkenntnisstand zusammengefasst.
Koronarkalk in der Low-dose-CT quantifizieren
Herz-Kreislauf-Erkrankungen treffen COPD-Kranke häufiger, selbst wenn man den Einfluss gemeinsamer Risikofaktoren wie Alter und Rauchen herausrechnet. Gerade bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Lungenfunktionseinschränkung trägt die kardiovaskuläre Morbidität zu einer erhöhten Mortalität bei.
Ein Biomarker, der unabhängig von traditionellen Faktoren das kardiovaskuläre Risiko anzeigen kann, sind koronare Kalzifikationen. Bei COPD-Patienten besteht eine Assoziation zu schlechtem Outcome, bevorstehenden koronaren Ereignissen und Mortalität. Um den Koronarkalk zu quantifizieren, braucht man keine EKG-getriggerten Multidetektor-CT-Scans, es genügt die einfache Low-dose-CT.
In einer großen internationalen Beobachtungsstudie fanden sich für die Lungenkranken höhere Kalkscores als für Raucher ohne Obstruktion und Nichtraucher. Die koronaren Kalzifikationen waren mit höherem Lebensalter, größerem Tabakkonsum, höheren Symptomscores, kürzerer Gehstrecke und höheren Spiegeln proinflammatorischer Mediatoren verknüpft. Sie korrelierten zudem mit der Gesamtmortalität, mit oder ohne Korrektur für Alter, Geschlecht und Packungsjahre.
Kein Zusammenhang zeigte sich mit Emphysem, FEV1, Abnahme der Lungenfunktion oder der Häufigkeit von Exazerbationen. Hohe Werte im Score für die großen Koronarien (Weston-Score) erwiesen sich als prädiktiv für kardiovaskuläre Ereignisse. Eine Risikostratifizierung unter Einschluss der Koronarkalkmessung könnte also Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko frühzeitig identifizieren. Dies würde ein frühzeitiges Eingreifen ermöglichen.
Eine COPD erhöht auch das Osteoporoserisiko. Eine dadurch bedingte Hüftfraktur geht mit schlechteren Überlebensaussichten einher. Vertebrale Frakturen können die Lungenfunktion zusätzlich beeinträchtigen. Doch Leitlinien zum Osteoporose-Screening führen die COPD nicht immer als Risikofaktor auf. Aus der GOLD-Leitlinie kommt ebenfalls keine klare Empfehlung für gezielte Tests.
Die Computertomographie des Thorax bietet allerdings die Möglichkeit, die Brustwirbel genauer zu inspizieren und Hochrisikokandidaten einer Knochendichtemessung zuzuführen. Der Befund eines Emphysems korreliert zudem mit einer niedrigen Knochendichte in der CT und in der DXA-Knochendichtemessung.
Erst die Sarkopenie, dann die Kachexie
Die besonders vom Schwund betroffenen Lendenwirbel kann man zwar in der Thorax-CT nicht sehen. Aber ein abgeschwächtes Knochensignal steht mit einer erniedrigten Knochendichte in LWS und Hüfte in Verbindung.
Lange bevor sich im Endstadium der COPD eine Kachexie entwickelt, findet sich häufig eine Sarkopenie. Sie wirkt sich negativ auf die funktionelle Kapazität, die systemische Inflammation und die Mortalität des Betroffenen aus. Der Verlust von Muskelmasse wird aber kaum im BMI sichtbar.
Den Pectoralis vermessen
Um ihn zu ermitteln, ist die Ganzkörper-DXA Standard. Doch auch aus einer nativen Thorax-CT kann man Rückschlüsse ziehen. So weist eine verminderte Fläche des M. pectoralis auf die Sarkopenie hin. Bei COPD-Patienten korreliert die Pectoralisfläche gut mit der mittels DXA gemessenen fettfreien Masse. Der Verlust an Pectoralisfläche geht Hand in Hand mit der FEV1-Abnahme.
Zwischen 30 und 70 % der COPD-Patienten entwickeln zusätzlich eine pulmonale Hypertonie (PH). Sie stellt einen Risikofaktor für akute Exazerbationen und Mortalität dar, außerdem mindert sie die Belastbarkeit. Wenn man die PH früh erkennt und behandelt, lassen sich diese Folgen vermindern.
Zum Screening kommt der diagnostische Standard, die Rechtsherzkatheteruntersuchung, nicht in Betracht. Stattdessen kann man die Thorax-CT heranziehen. Als Surrogatparameter für den Druck in der Pulmonalarterie dient das Verhältnis zwischen Durchmesser der Pulmonalarterie (PA) und der aufsteigenden Aorta (A). Bei einem PA/A-Verhältnis > 1 ist eine pulmonale Hypertonie sehr wahrscheinlich. In einer Untersuchung war ein PA/A-Verhältnis > 1 unabhängig assoziiert mit schweren Exazerbationen, erklären die beiden Autoren.
Quelle: Singhvi D, Bon J. CHEST 2021; 159: 147-153; DOI: 10.1016/j.chest.2020.08.2053