Bei Demenz die Essbiografie berücksichtigen
Wie jede Biografie ist auch die Biografie des Essens individuell und persönlich. Und meist prägt bereits die Küche aus der Kindheit einen Teil unserer späteren Vorlieben, erklärte Markus Biedermann, Koch und diplomierter Gerontologe aus Herzogenbuchsee. Diese Präferenzen bleiben häufig in der Erinnerung erhalten – sogar wenn der Verstand schwindet. Der Großteil derer, die mit einer Demenz im Heim leben, wurde zwischen 1920 und 1960 geboren. Wer sie heute bekocht, sollte sich fragen, mit welchen Lebensmitteln sie aufwuchsen.
Wenig Freude mit neumodischer Garnierung
Menschen, die ihren Kartoffelbrei immer frisch gestampft mit Butter und Milch gegessen haben, schieben Tütenpüree vermutlich angewidert beiseite. Und der Braten kommt sonntags auf den Tisch, „es gibt ja schließlich auch keinen Montagsbraten“, so Markus Biedermann. Unmut kann zudem aufkommen, wenn jüngere Mitarbeiter gesund kochen wollen, das dann aber kaum einer isst. Mit „neumodischen“ Garnierungen oder Kräutern wie Basilikum macht man Dementen ebenfalls wenig Freude. Ein weiterer wichtiger Punkt: die Portionsgröße anpassen. Ältere Generationen sind es gewohnt, ihren Teller leer zu essen. Schaffen sie das nicht mehr, schämen sie sich dafür.
„Essen ist ein Leben lang mehr als nur Nahrungsaufnahme“, betonte der Referent. „Deshalb sollten wir diesen wichtigen Bestandteil für demenziell veränderte Menschen bis zum Schluss lustvoll gestalten. Nicht zuletzt, um ihnen unsere Wertschätzung zu zeigen.“
Quelle: Ernährung 2018