Darmkrebsscreening ab 75 Jahren überdenken
Die meisten Fachgesellschaften sind sich einig: Ab einem Alter von 50 Jahren lohnt es sich, regelmäßig zur Koloskopie zu gehen. Jenseits von 75 Jahren werden die Empfehlungen in Sachen Darmkrebsscreening dagegen schwammig. Zwar steigt das Risiko für den Tumor mit den Lebensjahren – nur gilt dasselbe, so der Verdacht, womöglich auch für koloskopiebedingte Komplikationen.
Dr. Natalia Causada-Calo von der Gastroenterologie des St. Michael’s Hospital der University of Toronto und Kollegen haben nun versucht, diese Wissenslücke zu stopfen. Anhand der Daten von 38 069 Patienten in einem durchschnittlichen Alter von 65 Jahren, die sich in der kanadischen Provinz Ontario einer Koloskopie unterzogen hatten, haben sie untersucht, inwieweit älteren Menschen das Screening gefährlich werden kann. Sie konnten zeigen: In den ersten 30 Tagen nach der Untersuchung tauchen sie 2,3-mal häufiger in der Notfallambulanz auf oder werden im Krankenhaus aufgenommen als jüngere Gescreente.
6,8 % der über 75-Jährigen hatten solche Probleme, bei Menschen zwischen 50 und 74 lag die Quote bei 2,6 %. Und ab diesem Wendepunkt stieg das Risiko mit dem Alter sogar noch weiter an.
(Ex-)Raucher zählen zu den Risikopatienten
Dies galt besonders, wenn das achtzigste Lebensjahr bereits überschritten war. Aber: Je mehr Darmspiegelungen die Patienten davor bereits hatten, desto niedriger die Komplikationsgefahr.
Risikofaktoren waren Herzinsuffizienz, Anämie, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, chronische Niereninsuffizienz, Leberkrankheiten oder der Status Raucher oder Ex-Raucher. Gefunden und operiert wurde ein maligner Darmtumor jedoch nur bei 1,6 % der Älteren und 0,5 % der Jüngeren, auch das gibt den Autoren zu denken. Die Vor- und Nachteile einer Koloskopie sollten bei älteren Menschen deshalb vorsichtig abgewogen werden, dies gelte besonders bei solchen mit Komorbiditäten, lautet ihr Rat.
Quelle: Causada-Calo N et al. JAMA Netw Open 2020; e208958; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2020.8958