Konstriktive Perikarditis Das Herz aus dem Panzer befreien
Ein halbes Jahr nach einem grippalen Infekt bemerkte ein 50-jähriger Mann, der sich gerne sportlich betätigte, dass er vermindert leistungsfähig war. Vor allem beim Bergaufgehen litt er unter Dyspnoe und einem epigastrischen Druckgefühl. Abends traten regelmäßig Knöchelödeme auf. Anamnestisch gab er an, dass er während des grippalen Infektes kurzzeitig stechende Thoraxschmerzen gehabt habe. Eine akute Perikarditis wäre damals zwar vermutet worden. Da die Beschwerden jedoch nach wenigen Tagen verschwanden, sei nichts unternommen worden. Schließlich kam der 50-Jährige zur Abklärung ins Krankenhaus, berichten Cyril David Ferro und Prof. Dr. Thierry Carrel von der Universitätsklinik für Herz- und Gefässchirurgie, Inselspital und Universität Bern.
Aktuell war im Thorax-Röntgenbild ein größerer Pleuraerguss rechts zu erkennen. Die Echokardiographie ergab den Verdacht auf eine konstriktive Perikarditis, da sich im transmitralen Doppler ein typisches restriktives Muster zeigte und im Bereich beider AV-Klappen verstärkte respiratorische Schwankungen beobachtet wurden.
Restriktives Muster im transmitralen Doppler
In der Folgezeit verschlimmerten sich die Beschwerden des Patienten. In der CT-Aufnahme zeigte sich ein deutlich verdicktes Perikard. Die Herzkatheter-Untersuchung bestätigte die chronische Konstriktion mit einer typischen Dip- und Plateaubildung in der Druckkurve.
Es wurde eine Perikardektomie per Sternotomie durchgeführt. Die Untersuchung des Perikardgewebes ergab keinen Hinweis auf eine spezifische Erkrankung. Auch eine rheumatische Ursache betrachteten die Kollegen als unwahrscheinlich, weil jegliche damit assoziierte Symptome im Bereich des Bewegungsapparates fehlten. Man nahm deshalb an, dass der vorangegangene virale Infekt die Perikardentzündung ausgelöst hatte. Sechs Monate nach der OP ging es dem Patienten sehr gut, er war symptomfrei und fühlte sich uneingeschränkt belastbar.
In früheren Zeiten führte unter den Ursachen einer konstriktiven Perikarditis die Tuberkulose, heute beruht sie vor allem wie im Fallbeispiel auf Virusinfektionen oder ist idiopathischer Natur. Auch autoimmune oder rheumatische Erkrankungen, eine Urämie, Metastasen oder onkologische Therapien kommen als Auslöser in Betracht. Die schlechteste Prognose besitzt die postaktinische Perikarditis, vor allem deshalb, weil sie andere kardiale Strukturen in Mitleidenschaft zieht. Durch verbesserte Techniken in der Radiotherapie ist diese Form aber deutlich seltener geworden.
Im chronischen Stadium droht die Verkalkung
Der entzündliche Prozess im Perikard führt unabhängig von der Ätiologie zu Verwachsungen zwischen Epi- und Perikard. Das Perikardgewebe wird zunehmend fibrotisch und verdickt sich. Im chronischen Stadium kommt es oft zu Verkalkungen. Dieser „Panzer“ behindert die diastolische Füllung zunehmend, was einen venösen Rückstau mit peripheren Ödemen und Oberbauchschmerzen bedingt. Im späteren Stadium der konstriktiven Perikarditis kann sich eine Linksherzinsuffizienz entwickeln. Das verringerte Herzminutenvolumen führt zu Hypotonie, muskulärer Erschöpfung und Dyspnoe. Pathognomonisch für die konstriktive Perikarditis ist das Kussmaul-Zeichen: Bei Inspiration kommt es nicht zur physiologischen verstärkten Füllung des rechten Ventrikels. Unter den klinischen Symptomen bezeichnen die Autoren die Trias aus Dyspnoe, Oberbauchschmerzen und Ödemen als typisch für die Erkrankung.
Die Diagnose wird mit verschiedenen bildgebenden Verfahren (Röntgen, Echo, CT, MRT) gestellt, die die Verdickung des Perikards zeigen. Als Zeichen der Konstriktion findet man manchmal eine Dilatation der unteren Hohlvene mit fehlendem inspiratorischem Kollaps. Die funktionellen Auswirkungen lassen sich mit der Rechtsherzkatheter-Untersuchung erfassen. EKG-Veränderungen sind uncharakteristisch.
Bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit operieren
Als einzige wirksame Therapie steht bei symptomatischer Entzündung die Perikardektomie zur Verfügung, die in der Regel über eine Sternotomie erfolgt. Der Eingriff sollte stattfinden, wenn die körperliche Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, Leber- und/oder Nierenfunktionsstörungen vorliegen und periphere Ödeme bestehen. Wenig symptomatische Patienten, Ältere und Risikopatienten können auch medikamentös mit Diuretika behandelt werden.
Die 30-Tage-Mortalität nach der Perikardektomie beträgt zwischen 5 und 10 %. Risikofaktoren für ein frühes Versterben sind die postaktinische Ätiologie, eine Niereninsuffizienz, eine pulmonalarterielle Hypertonie, eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion unter 40 % und ein höheres Lebensalter. Fünf Jahre überleben etwa 85 % der Patienten.
Quelle: Ferro CD, Carrel T. Swiss Medical Forum 2022; medicalforum.ch/de/detail/doi/smf.2021.10078