Lungenemphysem: Dyspnoe und körperliche Belastbarkeit lassen sich verbessern

Autor: Maria Weiß

Wer dauerhaft viele Schadstoffe einatmet, dessen Lunge sieht am Ende aus wie ein Schweizer Käse. Wer dauerhaft viele Schadstoffe einatmet, dessen Lunge sieht am Ende aus wie ein Schweizer Käse. © current_value – stock.adobe.com

Ein schweres Lungenemphysem im Rahmen einer COPD muss kein Grund zur Resignation sein. Bei diesem Befund kann man den Patienten unter bestimmten Voraussetzungen noch einiges anbieten, um die Symptome zu lindern und die Belastbarkeit zu erhöhen.

Zur Behandlung der COPD stehen heute viele Medikamente und die pulmonale Rehabilitation zur Verfügung. Bei fortgeschrittenem Emphysem und der damit einhergehenden Überblähung kommt man mit konservativen Mitteln aber gegen die Dyspnoe nicht mehr an und die Patienten sind im Alltag stark eingeschränkt.

Das ist kein Grund, aufzugeben, schreibt Dr. Tobias­ M. Benoit­ von der Klinik für Pneumologie am Universitätsspital Zürich. Heute stehen mehrere Verfahren zur Lungenvolumenresektion (LVR) zur Verfügung, mit denen sich Dyspnoe und körperliche Belastbarkeit verbessern lassen. Um von solchen Maßnahmen profitieren zu können, müssen die Patienten folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • relevante obstruktive Ventilationsstörung (FEV1 20–45 % des Solls) mit objektivierbarer schwerer Lungenüberblähung (Residualvolumen > 175 %)
  • alltagsrelevante Belastungsdyspnoe (Gehstreckendistanz im 6-Minuten-Gehtest 150–450 m)
  • Ausschöpfung der konservativen Therapiemaßnahmen (inklusive Rauchstopp und pulmonaler Rehabilitation)

Als Kontraindikation gilt das fortgesetzte Rauchen – relative Kontraindikationen sind je nach Verfahren relevante pulmonale Hypertonie, eine CO-Diffusionskapazität < 20 % des Solls, eine respiratorische Globalinsuffizienz, KHK sowie eine doppelte Thrombozytenaggregations­hemmung.

Zuerst stehen LuFu und CT an

Neben den Lungenfunktionstests ist eine Untersuchung und Charakterisierung des Emphysems mittels hochauflösendem CT wichtig. Anschließend sollten interventionell tätige Pneumologen, Radiologen und Thoraxchirurgen gemeinsam im „Emphysem-Board“ über die besten Behandlungsmöglichkeiten entscheiden. Es ist wichtig zu wissen, dass eine geplante Lungentransplantation keine Kontraindikation für eine LVR ist – sie wird im Gegenteil sogar häufig zur Überbrückung der Wartezeit eingesetzt.

Eine Möglichkeit ist die chirurgische Lungenvolumenre­duktion. Dabei werden die am stärksten zerstörten und am wenigsten perfundierten Lungenabschnitte zumeist thorakoskopisch reseziert. Am besten belegt ist der positive Effekt auf Lebensqualität und Lungenfunktion beim heterogenen oberlappenbetonten Lungenemphysem – aber auch beim homogenen und unterlappenbetonten Emphysem wurde eine Wirksamkeit in retrospektiven Studien und Fallberichten erzielt. Einen hohen Stellenwert hat die Resektion auch bei großen Emphysemblasen.

Neben dem chirurgischen Verfahren stehen heute vier bronchoskopisch anwendbare Methoden zur Verfügung. So können beispielsweise Einwegventile in die Segmentbronchien zu den am stärksten emphysematös veränderten Lungenanteilen eingesetzt werden. Bei Exspiration kann dann Luft aus diesen Lappen entweichen, bei Einatmung geht keine Luft hinein. Auf die Dauer entsteht so eine Ate­lektase, wodurch die Überblähung auf der entsprechenden Thoraxseite abnimmt und die Funktionsfähigkeit der anderen Lungenanteile und des Zwerchfells erhöht wird. Als einziges LVR-Verfahren ist die Ventileinlage komplett reversibel. Häufigste Komplikation vor allem in den ersten vier Tagen ist ein Pneumothorax. Voraussetzung für eine erfolgreiche Ventileinlage sind intakte Fissuren mit fehlender Kollateralventilation der seitengleichen Lungenlappen.

Narbige Atelektase durch heißen Wasserdampf

Bei sogenannten Coils handelt es sich um Drähte aus Titan und Nickel (Nitinol), die im gestreckten Zustand über das Bronchoskop in die Subsegmentbronchen des Ziellappens eingeführt werden. Dort nehmen die Coils wieder ihre Ursprungsform an und raffen das umgebende emphysematöse Lungengewebe zusammen. Um einen Nutzen zu erzielen, müssen 10–14 Coils pro Lungenlappen eingebracht werden. Trotzdem muss noch genügend Lungengewebe verbleiben, das den Coils Halt gibt. Für große bullöse Bereiche ist das Verfahren somit nicht geeignet.

Die thermische Wasserdampfabla­tion arbeitet – wie der Name vermuten lässt – mit heißem Wasserdampf. Dieser wird über einen bronchoskopisch eingebrachten Katheter gezielt in emphysematös veränderte Lungenareale appliziert. Dadurch kommt es zu Entzündungsreaktionen und nach zwei bis sechs Wochen zu einer irreversiblen narbigen Atelektase. Auch dies reduziert die Überblähung und verbessert die Atemmechanik. Der Eingriff selbst dauert nur wenige Minuten, der Patient kann schon am Folgetag nach Hause entlassen werden. Mögliche Komplikationen sind Fieber und Hämoptysen durch die Entzündungsreaktion, seltener auch eine COPD-Exazerbation.

Die chemische Lungenvolumenresektion funktioniert ähnlich wie die Wasserdampfablation, nur dass statt heißen Dampfs ein polymerischer Schaum eingebracht wird. Dieser verschließt die zuführenden Bronchien und führt dadurch ebenfalls zur narbigen Atelektase.

Die letzten beiden Verfahren sind vor allem für Patienten geeignet, die für die endobronchiale Ventil- oder Coil-Behandlung nicht infrage kommen. Vorteil ist, dass bei Emphysemheterogenität auch nur innerhalb eines Lappens gezielt behandelt werden kann. 

Quelle: Benoit TM et al. Swiss Med Forum 2020; 20: 7-11; DOI: 10.4414/smf.2020.08432