Emphysemlunge Mesenchymale Stromazellen konnten Lungenfunktion bessern
Die Zerstörung der alveolären Strukturen geht bei der COPD mit fehlregulierten Reparaturprozessen einher, erläuterte Professor Dr. Pieter Hiemstra, Universität Leiden. Je nach Krankheitsstadium sind unterschiedliche Ansätze denkbar, um dem entgegenzuwirken. In frühen Stadien kann es ausreichen, durch Anstoßen entsprechender Signalkaskaden eine endogene Heilung in Gang zu setzen, in späteren dürften Zelltherapien wirksamer sein. Als Ultima Ratio kommt die Transplantation von per Ex-vivo-Engineering erzeugten Organen oder Organgerüsten infrage, „the lung from the lab“, wie es Prof. Hiemstra formulierte.
MSC aus dem Knochenmark isolieren
Mesenchymale Stromazellen (MSC) gelten aufgrund ihrer multipotenten Differenzierungsmöglichkeiten als Kandidaten für die Zelltherapie. Sie kommen in vielen Organen vor, auch in der Lunge. Sie lassen sich für die Zelltherapie z.B. aus dem Knochenmark isolieren, anhand von Oberflächenmerkmalen unterscheiden, in vitro vermehren und zu verschiedenen Zelltypen ausdifferenzieren.
Wenn man MSC systemisch appliziert, wandern sie zu Geweben, in denen Entzündung stattfindet. Sie modulieren Immunantworten und stimulieren endogene Reparaturprozesse sowohl durch lösliche Mediatoren als auch durch direkten Zell-Zell-Kontakt. Beim Emphysem verstärken sie die Reparaturvorgänge, wandeln sich aber nicht selbst z.B. in Epithelzellen um, um neue Strukturen zu bilden, berichtete Prof. Hiemstra. Der Wirkmechanismus scheint anders zu laufen – wie genau, ist noch nicht geklärt.
Nach vielversprechenden Tierversuchen, in denen die alveoläre Reparatur durch von MSC sezernierte Faktoren verstärkt wurde, gibt es inzwischen auch Studien am Menschen mit positiven Resultaten. Die größte Studie hatte zwar nur 62 Teilnehmer, sie konnte aber zeigen, dass die Gabe von MSC wichtige klinische Endpunkte wie Lungenfunktion und körperliche Belastbarkeit verbesserte.
Prof. Hiemstra berichtete über eine Untersuchung aus dem eigenen Haus an acht Patienten mit schwerem Emphysem, bei denen eine zweizeitige Lungenvolumenreduktion anstand. Zwischen den Operationen, bei denen die Chirurgen jeweils die Bullae auf einer Seite entfernten, bekamen die Patienten ein bis zwei Millionen autologer Knochenmark-MSC intravenös infundiert. Im zweiten Resektat konnten die Wissenschaftler also nachschauen, wie sich die Zellen entwickelt und was sie bewirkt hatten. CD31-positive Zellen (Endothelzellen) hatten sich im Vergleich zur prätherapeutischen Situation deutlich vermehrt. Klinisch imponierten eine bessere Lungenfunktion und eine Gewichtszunahme, wobei sich aber nicht mit Sicherheit sagen lässt, dass dies auf die Zelltherapie zurückzuführen war und nicht auf den Eingriff. Es gab keine Kontrollgruppe, räumte Prof. Hiemstra ein.
Derzeit läuft in Leiden eine placebokontrollierte Studie mit ähnlichem Design, aber allogenen MSC. Prof. Hiemstra denkt derweil schon über Möglichkeiten nach, die Effektivität der MSC-Behandlung zu steigern, z. B. durch Präkonditionierung der Zellen, Identifizierung besonders geeigneter Subpopulationen von Zellen oder Nutzung des MSC-Sekretoms, etwa um endogene Reparaturprozesse in frühen Krankheitsstadien anzustoßen.
Quelle: ERS* International Congress 2021 – virtual
* European Respiratory Society