Dermatophyten als unvergessliches Urlaubssouvenir
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Derzeit kommen viele längst besiegt geglaubte Mykosen nach Deutschland zurück, berichtete Privatdozent Dr. Thomas Jansen, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten aus Düsseldorf. „Außerdem sehen wir Pilze, die es vorher hier gar nicht gab.“ Grund dafür sind neben Migration unter anderem Sportveranstaltungen, Massen- und der immer beliebter werdende Abenteuertourismus.
Verdächtige Ringe
Entwickeln Patienten konfigurierte Ringfiguren, die randwärts rötlich schuppend erscheinen, zentral abgeblasst sind und jucken, sollte man eine Dermatophytose immer im Hinterkopf haben, erklärte Dr. Jansen. „Meistens wird der Pilz aber zunächst für eine Schuppenflechte oder ein Ekzem gehalten.“ Eine Steroidbehandlung reduziert dann zwar oft Entzündung und Schuppung (Tinea incognito), aber die Haut heilt nicht ab. Insbesondere bei schwer verlaufenden Fällen wie dem Thailandpilz sei dann eine schnelle Erregeridentifikation wichtig, z.B. über die Diagnose mittels Polymerase-Kettenreaktion, damit zügig die spezifische Therapie starten könne.
T. verrucosum
Nach der Kameltour noch schnell ein Selfie mit dem Tier – ihr Urlaubsfoto blieb einer jungen Frau noch lange in Erinnerung. Die anfänglich 5 mm große Hautrötung im Mundbereich war nach drei Wochen bereits auf 4 cm angewachsen, juckte stark und sprach weder auf Antibiotika noch Steroide an. Der Labortest ergab: Das Kamel hatte der Frau bei ihrem Küsschen fürs Foto Trichophyton verrucosum überlassen. Wer jetzt denkt, dass man besser nur mit heimischen Tieren kuscheln und für Fotos posieren sollte, liegt falsch. Die fast vergessene Kälberflechte hat sich in Deutschland wieder etabliert und nimmt zu, denn die Tiere sind hierzulande nicht mehr geimpft, warnte der Experte. Bei einer Mutter und ihrer 12-jährigen Tochter sorgte sie nach dem Urlaub auf dem Bauernhof ebenfalls für hochentzündliche, prurulente Läsionen im Gesicht.T. mentagrophytes/M. canis
Der Siebenjährige aus Dr. Jansens nächstem Beispiel entwickelte – mallorquinischer Katze sei dank – eine eitrige Tinea capitis (Kerion Celsi) nach dem Familienurlaub. Anders als angenommen, hatte sich der Junge bei dem Tier aber nicht mit Microsporum canis („Katzenpilz“) angesteckt, sondern mit Trichophyton mentagrophytes sensu stricto. Dieser sorgt mittlerweile zunehmend für Pilzköpfe und macht M. canis als üblichem Verdächtigen bei Mittelmeerurlaubern Konkurrenz, berichtete der Dermatologe. Er kommt aber auch in Deutschland vor.In Italien leuchten die Katzen grün
Für eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist kein direkter Kontakt nötig, (vermeintlich saubere) Haarbürsten und Kleidung genügen. Bei tierischen Überträgern muss das jeweilige Exemplar auch kein räudiges Fell oder Ähnliches haben, um infektiös zu sein. Gerade Kleintiere scheinen bei Dermatophyten oft symptomlos, betonte Dr. Jansen. Mit einer Wood-Lampe (langwelliges UV-A) lassen sich einige Übeltäter sichtbar machen. Beispielsweise würden nahezu alle Katzen Mittelitaliens grün leuchten – aufgrund der Fluoreszenz von Microsporum canis.
Tinea pubogenitalis profunda ist als „Thailand-Pilz“ bekannt
Die hochinflammatorische Variante von Trichophyton mentagrophytes (Genotyp VII) hatte sich ein 25-Jähriger in Thailand eingefangen. Laut dem Experten ist sie vermutlich eine zoophile/anthropophile Zwischenform. Der Urlauber hatte sich zwar vor sexuell übertragbaren Erregern geschützt, allerdings war bei ihm wohl die Intimrasur schuld daran, dass der Pilz leichtes Spiel hatte. Die Infektion endete in einer Tinea pubogenitalis profunda, die oft „Thailand-Pilz“ genannt wird und bei ihm letztendlich eine stationäre Aufnahme erforderlich machte.
T. tonsurans
Trichophyton tonsurans, auch Ringer- oder Mattenpilz genannt, sucht sich andere Matratzen-Sportler. In den USA ist er der führende Tinea-Capitis-Auslöser und verbreitet sich weltweit über internationale Sportveranstaltungen, insbesondere unter Ringern, die den Pilz ihrer Kampfpartner mit nach Hause bringen.T. violaceum
Es muss kein direkter Kontakt zum ursprünglichen befallenen Tier oder Mensch erfolgen, erklärte Dr. Jansen am Beispiel einer 14-Jährigen. Das Mädchen hatte bei sich eine Hautveränderung am Dekolleté bemerkt. Secondhandladen als Infektionsquelle Kontakt zu Tieren verneinte sie. Auch nachdem man Trichophyton violaceum als Erreger identifiziert hatte, blieb die Infektionsquelle unklar. Später fiel der Patientin ein, dass sie in einem Secondhandladen Tücher anprobiert hatte – dies stellte vermutlich den Infektionsweg dar. Der Pilz ist in Deutschland extrem selten, kommt aber im Nahen Osten, Osteuropa und Ost- sowie Westafrika zum Teil endemisch vor.Quelle: Koblenzer Dermatologie für die Arztpraxis 2019