Diskussion um Früherkennung von Prostatakrebs bleibt mühsam
Das Prostatakarzinom steht bei den Männern an zweiter Stelle der krebsbedingten Mortalität. Seit Jahren wird diskutiert, ob ein regelmäßiges Screening anhand des PSA-Wertes die Mortalität durch eine Vorverlagerung der Erstdiagnose reduzieren könnte. Bislang demonstrierte nur eine Studie einen Vorteil des Screenings, ohne jedoch einen klinisch relevanten Überlebensvorteil zu generieren, erläuterte Professor Dr. Peter Albers, Klinik für Urologie, Universitätsklinikum Düsseldorf. Daten aus Großbritannien besagen, dass durch ein Screening lediglich mehr Niedrigrisikokarzinome diagnostiziert werden, die ohne klinische Relevanz sind.
Relevante Zielgruppe identifizieren
Finanziert von der Deutschen Krebshilfe startete die Deutsche Prostatakrebs-Screening-Studie PROBASE, eine multizentrische randomisierte Studie zum risikoadaptierten PSA-Screening mit geplant 50 000 Männern. Entscheidend sei, so Prof. Albers, die richtige Zielgruppe zu finden, bei der ein Screening sinnvoll ist. In der PROBASE-Studie wurde deshalb auf das Lebensalter fokussiert.
45-jährige Männer randomisierte man in zwei Studienarme: In Arm A wurde bei Studieneinschluss der PSA-Wert bestimmt und im weiteren Verlauf ein risikoadaptiertes Screening durchgeführt. Ziel ist es, Männer mit niedrigem Risiko zu identifizieren, um das Screening auf die deutlich kleinere Gruppe der Patienten mit erhöhtem Risiko zu beschränken. In Arm B wurde den Teilnehmern bei Studieneintritt zwar Blut abgenommen, eine PSA-Bestimmung soll aber erst fünf Jahre später im Alter von dann 50 Jahren erfolgen. Danach wird ebenfalls ein risikoadaptiertes Screening durchgeführt. Primäre Endpunkte sind:
- der Nachweis einer Nicht-Unterlegenheit bei der Detektion von Metastasen und
- eine Überlegenheit des um fünf Jahre verzögerten Screenings, weil unnötige diagnostische Ereignisse vermieden werden.
In die aktuelle Auswertung sind die Daten von 46 496 Teilnehmern eingeflossen, die sehr gleichmäßig auf beide Arme verteilt sind. Wie erwartet fielen fast 90 % der Personen in Arm A in die Niedrigrisikogruppe (PSA < 1,5 ng/ml), so der Referent. Die Hochrisikogruppe (PSA ≥ 3 ng/ml) bestand aus lediglich 345 Patienten. Bemerkenswert ist laut Prof. Albers, dass sich die Zahl halbiert, wenn eine zweite PSA-Bestimmung durchgeführt wird. Eine konfirmatorische PSA-Messung sei daher wichtig, um die Gruppe der Hochrisikopatienten besser zu definieren.
Etwa drei Viertel der Patienten aus der Hochrisikogruppe wurden biopsiert. In 43 Fällen wurde ein Karzinom diagnostiziert. Das entspreche einer Prävalenz von 0,19 % auf fünf Jahre. Ein weiteres wichtiges Ergebnis sei, dass entgegen publizierter Daten die Mehrzahl dieser Karzinome nach den ISUP*-Kriterien als harmlos eingestuft wurden. Nur vier Tumoren waren unmittelbar behandlungsbedürftig.
Obwohl es sich überwiegend um Niedrigrisikokarzinome handelte, wünschten 63 % der Patienten eine radikale Prostatektomie, die möglicherweise eine Übertherapie darstellt, betonte Prof. Albers. Nur 16 % entschieden sich für eine aktive Überwachung. Ein Patient wünschte keine Therapie und acht hatten sich noch nicht festgelegt.
Im Arm B hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, entsprechend den deutschen Empfehlungen für Männer ab dem 45. Lebensjahr, jährlich eine digital-rektale Untersuchung (DRE) durchführen zu lassen. Knapp 30 % haben diese in Anspruch genommen. Bei nur 61 Patienten (0,93 %) war der Tastbefund suspekt und bei dreien lag ein Karzinom vor (0,05 %). Diese wurden allesamt als Niedrigrisiko eingestuft. Damit werde die Empfehlung einer jährlichen DRE bei Männern ab dem 45. Lebensjahr „ad absurdum“ geführt, so das Urteil des Onkologen.
Ein Tropfen auf den heißen Stein?
Finale Auswertung soll Klarheit bringen
Daten zum metastasenfreien Überleben liegen noch nicht vor. Die Screening-Detektionsrate war mit 0,19 % (Arm A) und 0,05 % (Arm B) sehr niedrig. 70 % der detektierten Karzinome waren zudem von niedrigem Risiko. Die Auswertungen der Studie werden fortgeführt und auf Teilnehmer ab dem 50. Lebensjahr ausgedehnt, berichtete Prof. Albers abschließend. Um definitive Schlussfolgerungen für den klinischen Alltag zu ziehen, müsse die finale Datenauswertung abgewartet werden.* International Society of Urological Pathology
Quelle: Deutscher Krebskongress 2020