Durst, Juckreiz, Husten Drei wichtige Punkte am Lebensende
Bei schwer Kranken besteht oft die Befürchtung, sie könnten austrocknen. Doch großzügiges Hydrieren ist gerade in der Palliativsituation nicht unbedingt angezeigt, betonte PD Dr. Gudrun Kreye von der Palliativeinheit am Universitätsklinikum Krems. Wie klinische Beobachtungen gezeigt haben, bringt eine Dehydratation weniger Probleme mit sich als eine Überwässerung. Zu viel Flüssigkeit begünstigt u.a. Ödeme (auch in Lunge und Gehirn), Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, Rasselatmung und Schmerzen. Außerdem ergab eine vergleichende Studie von 100 ml NaCl 0,9 % vs. 1.000 ml NaCl 0,9 % („Placebo/Verum“) täglich über vier Stunden keine abweichenden Effekte auf die untersuchten Dehydratationssymptome Fatigue, Myoklonie, Sedierung und Halluzinationen. Auch das Gesamtüberleben unterschied sich nicht.
Indiziert ist eine (parenterale)Flüssigkeitsgabe nach Aussage von Dr. Kreye bei:
- stark verminderter Aufnahme
- hohen Verlusten (z.B. Erbrechen, Diarrhö, Fieber)
- symptomatischer Exsikkose (z.B. Müdigkeit, Verwirrtheit, orthostatische Hypotonie, Muskelkrämpfe, Oligurie, Durst)
- Stoffwechselentgleisung (z.B. Hyperkalzämie, diabetisch)
- unbekanntem eingetrübtem Patienten
Ansonsten plädierte sie dafür, solange wie möglich alles, was der Patient wünscht, zunächst oral anzubieten. „Eine nicht gewollte Infusion ist Körperverletzung“, mahnte die Kollegin. Bei Schluckstörungen kann man sich mit in Flüssigkeit getränkten Stäbchen, Zerstäubern oder Sprays helfen.
Ein Durstgefühl bei terminal Kranken beruht oft auf Mundtrockenheit bzw. trockenen Schleimhäuten. In einer Untersuchung gaben 86 % der Euhydrierten, aber nur 68 % der Dehydrierten an, Durst zu empfinden. Und man weiß, dass dieses Gefühl weder mit einer i.v. verabreichten Flüssigkeitsmenge noch mit dem Blutharnstoff oder dem Natriumspiegel korreliert. Das Symptom lässt sich am besten durch die Befeuchtung von Lippen und Rachenraum lindern.
Praktisch jede maligne Erkrankung kann mit einem Pruritus einhergehen, berichtete Prof. Dr. Eva Masel von der Klinischen Abteilung für Palliativmedizin am Universitätsklinikum Wien. Bei soliden Tumoren tritt das Symptom manchmal schon Monate bis Jahre vor der Diagnose auf. Allgemein unterscheidet man vier Arten von Juckreiz:
- pruritozeptiv: von der Haut kommend, wird durch Histamin und Tryptase vermittelt
- neuropathisch: von afferenten Nervenbahnen ausgehend (z.B. beim Herpes zoster)
- neurogen: zentral bedingt
- psychogen
Palliativpatienten leiden vornehmlich an der neurogenen Variante, ausgelöst z.B. durch Cholestase oder Urämie. Bei cholestatischem Pruritus greift man therapeutisch vorzugsweise zu Ursodeoxycholsäure oder Cholestyramin. Beide können allerdings zu Übelkeit führen. Alternativ kommen Sertralin, Rifampicin, in Stufe 2 dann Buprenorphin infrage. Der cholestatische Juckreiz scheint einem zirkadianen Rhythmus zu folgen und ist zwischen 12 und 18 Uhr am schlimmsten. In einer kleineren Studie ließ sich diese Rhythmik effektiv mit einer Lichttherapie (10.000 Lux zweimal täglich über jeweils 60 Minuten) erfolgreich durchbrechen.
Allgemeine Tipps gegen Juckreiz
In der Lokaltherapie hat die rückfettende Pflege, z.B. mit Lipolotionen, oberste Priorität. „Schmieren und salben hilft allenthalben“, erinnerte Prof. Masel. Mentholzusätze lindern die Pein aufgrund ihres kühlenden Effekts, betroffene Hautstellen kann man auch zeitweise mit Kühlkompressen behandeln. Sehr gut wirkt zudem die Applikation von Mandelöl (2 x/d), Umschläge mit gekühltem Quark werden oft als wohltuend empfunden. Als Waschzusätze eignen sich v.a. Kamille, Lavendel oder kalter Schwarztee. Die Haut sollte nach einer Anwendung besser trocken getupft als gerieben werden.
Kontakt mit austrocknenden (z.B. Gele, Alkohole) oder irritierenden Substanzen (z.B. Teebaumöl) sowie Seifen gilt es ebenso zu meiden wie eine Reizüberflutung. Prof. Masel riet außerdem dazu, für juckende Areale Sprühflaschen mit einer Wasser-Essigmischung bereitzustellen, die Nägel der Betroffenen kurz zu halten und auf atmungsaktive Kleidung zu achten, vorzugsweise aus Naturfasern.
Bei Urämie zählen die UVB-Fototherapie und – lokal begrenzter Juckreiz vorausgesetzt – topisches Capsaicin zu den Mitteln der ersten Wahl, gefolgt von Doxepin, Pregabalin und Gabapentin. Für den paraneoplastischen Pruritus stehen Sertralin oder Paroxetin an erster Stelle, mit Mirtazapin kann eskaliert werden. Vom unkritischen Einsatz von Antihistaminika riet Prof. Masel generell ab.
Husten wird bei 35–43 % aller Tumorarten beobachtet, erklärte Dr. Dietmar Weixler vom Mobilen Palliativteam des Landesklinikums Horn. Der eigentlich wichtige Schutzreflex lässt sich willkürlich nicht unterdrücken und kann gravierende Folgen wie Rippenfrakturen, Schlafstörungen, Erschöpfung, Inkontinenz oder Atemnot nach sich ziehen.
In der Therapie gilt es, bei produktivem Husten die Hustentätigkeit zu unterstützen, im Falle eines funktionslosen Hustens den Reiz zu unterdrücken. Das Abhusten erleichtern Maßnahmen wie feuchtes Raumklima, Vernebler, Physiotherapie, die Inhalation von Menthol/Eukalyptus oder die Gabe von Acetylcystein, Ambroxol oder Bromhexin. Der Hustenreiz lässt sich z.B. mit Levodropropizin, Cromoglicinsäure, Gabapentin, Opioiden oder Lokalanästhetika im Vernebler dämpfen.
Darüber hinaus sollte man, falls möglich, spezifisch gegen die Ursachen vorgehen. Die Behandlung allgemeiner Erkrankungen wie Asthma, COPD oder Herzinsuffizienz folgt den gängigen Prinzipien. Ein maligner Pleuraerguss wird in der Regel über eine Punktion oder Anlage einer Drainage behandelt. Bei rezidivierenden Ergüssen kommt eine chemische Pleurodese in Betracht, für die sich Talkum als besonders erfolgreich erwiesen hat.
In der Therapie einer Vena-cava-superior-Obstruktion steht die Reduktion der Tumormasse durch Bestrahlung oder Zytostatika im Vordergrund. Wenn das nicht gelingt, kann zur Symptomkontrolle ein Stent eingesetzt werden, medikamentös hilft Dexamethason (16 mg/24 h). „Die Obstruktion ist selten lebensgefährlich und ändert nichts an der Prognose“, unterstrich der Anästhesist. Die (seltenen) Obstruktionen der oberen Atemwege sind dagegen eine Domäne der Interventionalisten. Mit einer endoluminalen Lasertherapie oder einem Stenting lassen sich in bis zu 98 % der Fälle sofortige Erfolge erzielen.
Bei malignomassoziierten Lungenembolien sollten Nutzen und Schaden einer Antikoagulation gut abgewogen werden. „Je näher das Lebensende rückt, umso eher würde ich davon Abstand nehmen“, sagte Dr. Weixler. Ähnliches gilt für die Antibiotikatherapie im Falle einer Pneumonie. Als Pro-Kriterien nannte er eine schwere Symptomatik mit verändertem Befinden und einen potenziell reversiblen Zustand.
Hämoptysen sorgen meist für Angst und Schrecken, lassen sich aber meist gut behandeln. „Die größte Gefahr ist nicht das Verbluten, sondern das Ersticken“, legte der Referent dar. Er empfahl folgende Maßnahmen:
- Antibiotika bei eitrigem Auswurf
- Opiode als Hustendämpfer, um Ausmaß und Symptome der Blutung zu mindern
- richtig Lagerung beim Transport (blutendes Segment tief)
- Adrenalin im Vernebler inhalieren lassen (1:10.000 verdünnt, 2 ml 4 x/d)
- Sauerstoff bei Hypoxie
- evtl. Flüssigkeit i.v.
- evtl. Tranexamsäure geben, um Volumen und Dauer der Blutung zu reduzieren
Außerdem besteht die Möglichkeit, bronchoskopisch die Blutung mittels Eiswasser oder Fibrinogen/Thrombin zu stoppen. Interventionell gelingt es mit Laser, Kryotherapie oder Elektrokauter in 70–90 % der Fälle, die Pulmonalarterien zu embolisieren.
Quelle: Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2024