Bionisches Pankreas Einfachere Bedienung und bessere HbA1c-Werte beim Typ-1-Diabetes
Es ist ein ehrgeiziges Ziel, das die Entwickler von Insulinpumpen schon seit Jahren fest im Blick haben: Sie wollen ein vollautomatisches System für die Insulinverabreichung auf den Markt bringen, das ohne viel Zutun permanent den Blutzuckerwert von Menschen mit Diabetes einstellt.Zuverlässig muss so ein Gerät sein, und vor allem muss es jedermann leicht bedienen können.
Die bereits zugelassenen und am Markt verfügbaren Closed-Loop-Systeme würden dem Träger noch immer einiges an Mitarbeit abverlangen und seien deswegen nicht für jeden Anwender geeignet, berichten die Mitglieder der Boston Bionic Pancreas Research Group
Closed-Loop-Systeme benötigen viele Eingaben
Bei der Inbetriebnahme müssten diese Geräte mit den Werten für Basalrate und Insulinsensitivität gefüttert werden, der Träger müsse das Kohlenhydrat-Insulin-Verhältnis, die Insulin-Tagesgesamtdosis und vor jeder Mahlzeit die erwartete Menge an Kohlenhydraten eingeben. Oft bräuchten die Geräte zudem eine gewisse Vorlaufzeit, in der sie von Korrekturen von außen „lernen“. Beim sogenannten bionischen Pankreas eines US-amerikanischen Unternehmens sei das anders, schreibt das Team um Dr. Stephen Russel vom Massachusetts General Hospital. Bei diesem System müsse zu Beginn lediglich das Körpergewicht eingegeben werden, der Insulinbedarf werde dann automatisch angepasst. Zu den Mahlzeiten reiche es aus, die Menge an Kohlenhydraten grob mit „viel“, „mittel“ oder „wenig“ einzugeben.
In einer klinischen Studie haben Dr. Russel und Kollegen die künstliche Bauchspeicheldrüse bei 219 Patienten mit Typ-1-Diabetes im Alter zwischen 6 und 79 Jahren getestet und mit anderen Insulintherapien verglichen. Primärer Endpunkt der Untersuchung war das HbA1c nach 13 Wochen.
Bei den Personen mit bionischem Pankreas sank der mittlere HbA1c-Wert von 7,9 % auf 7,3 %, während er in der Standardgruppe konstant blieb (7,7 % zu beiden Zeitpunkten). Mit der neuen Technik waren die Patienten 11 Prozentpunkte länger im Zielbereich (3,9–10 mmol/l), was zweieinhalb Stunden täglich entsprach. Die Zeiträume mit einem Glukosespiegel < 3 mg/dl waren in beiden Gruppen ähnlich, auch wenn schwere Hypoglykämien beim künstlichen Pankreas im Trend etwas häufiger waren (17,7 vs. 10,8 pro 100 Patientenjahre). Diabetische Ketoazidosen traten in keiner der beiden Gruppen auf.
Quellen:
1. Russel SJ et al. N Engl J Med 2022; 387: 1161-1172; DOI: 10.1056/NEJMoa2205225
2. Sherr J. N Engl J Med 2022; 387: 1228-2129; DOI: 10.1056/NEJMe2210686