Ernährungsberatung ist essenzieller Teil der Aknetherapie

Autor: Dr. Andrea Wülker

Ungesunde Kost mögen auch die Aknebakterien. Sie vermehren sich und wandeln Talg in Entzündungsmediatoren um. Ungesunde Kost mögen auch die Aknebakterien. Sie vermehren sich und wandeln Talg in Entzündungsmediatoren um. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

Nahrungsmittel mit hohem glykämischem Index und Molkereiprodukte verschlechtern das Hautbild von Aknepatienten. Viele steigen daher auf pflanzlichen Milchersatz um. Sojaerzeugnisse sind für Betroffene allerdings keine gute Alternative.

Der Acne vulgaris liegen unter anderem eine gesteigerte Talgdrüsenaktivität mit Seborrhö, die Freisetzung von Entzündungsmediatoren und eine übermäßige Kolonisierung der Haut mit Cutibacterium  acnes zugrunde, schreibt Dr. Anne Gürtler­ von der Hautklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Neben Faktoren wie Stress, Schlafdefizit und Luftverschmutzung wirken sich auch die Ernährungsgewohnheiten auf die Entstehung und den Verlauf der Akne aus.

Zwischen den Mahlzeiten mehrstündige Pausen einlegen

Inzwischen gibt es solides Wissen über die pathophysiologischen Zusammenhänge zwischen Ernährung und Akne. Kritisch sind hochglykämische Lebensmittel, die den Insulinspiegel rasch und stark ansteigen lassen. Erhöhte Spiegel an Insulin und Insulin-like growth factor 1 (IGF-1) beeinflussen in den Zellen u.a. die Proteinkinase mTORC1. Dies hat eine vermehrte Talgproduktion zur Folge, was die Akne verschlimmert. Daher sollten Aknepatienten auf mehrstündige Pausen zwischen den Mahlzeiten achten, um die Insulin und IGF-Spiegel wieder zu senken. Milch und Milchprodukte aktivieren mTORC1 auch auf direktem und indirektem Weg und stimulieren dadurch eine aknefördernde Seborrhö. So wirken z.B. die in der Molke enthaltenen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin stark insulinotrop.

Gerade der „westliche“ Ernährungsstil mit viel Zucker, Weißmehl, Milchprodukten und mehrfach gesättigten Fetten setzt der Haut von Aknepatienten zu. Eine wichtige Rolle scheint dabei die Ausschüttung von Insulin und die Induktion von IGF-1 zu spielen . Im Gesamtkonzept der Aknebehandlung darf demnach ein Gespräch über die Ernährung nicht fehlen. Allerdings sollte man dabei offene Fragen à la „Wie ernähren Sie sich?“ vermeiden und sich besser konkret nach dem Konsum der jeweiligen Trigger erkundigen, erläuterte die Expertin.

Weniger Medikamente durch mehr Vollkorn

So kurbeln z.B. Lebensmittel mit einem hohen glykämischen Index wie Limonade, Süßigkeiten, Weißmehlprodukte und Fast Food die Talgproduktion an, was vermehrt Komedonen und die Proliferation von C. acnes nach sich zieht. Die Bakterien spalten den Talg zu proinflammatorischen freien Fettsäuren, die Papeln und Pusteln fördern. Eine entsprechende Umstellung der Ernährung auf Vollkornprodukte und die Reduktion von Süßem kann das Hautbild deutlich bessern und helfen, Akne­medikamente einzusparen.
Lebensmittel, die Aknepatienten reduzieren bzw. bevorzugen sollten
Bitte weniger
Gerne mehr
Kohlenhydrate
  • Haushaltszucker
  • Fast Food
  • Fertigbackwaren
  • Frittiertes
  • Weißbrot, Cornflakes
  • Süßigkeiten
  • Chips
  • Vollkornprodukte
  • Quinoa
Obst und Gemüse
  • Sojaprodukte
  • Vielfalt an Obst und Gemüse
  • Hülsenfrüchte
Milch(ersatz)produkte
  • Milch
  • Joghurt, Quark, Frischkäse, Sahne, Sauerrahm etc.
  • Milcheis, Milchschokolade
  • Molkenprotein z.B. in „Fitness“- Produkten
  • Sojamilch
  • Nuss- oder Hafermilch
  • gereifter Hartkäse
  • Reis-, Hanf-, Erbsenprotein
  • Bitterschokolade (mind. 70 % Kakaoanteil)
Weitere tierische Produkte
  • Eier
  • Fleisch, Speck, Wurst
  • Seefisch (Lachs, Hering, Makrele, Thunfisch)
Öle und Fette
  • Schmalz, Kokosfett, Palmöl
  • Sonnenblumenöl, Sojaöl
  • Avocado, Nüsse
  • Lein-, Walnuss-, Rapsöl
  • Chia-, Hanf-, geschrotete Leinsamen
Getränke
  • Softdrinks
  • Alkohol
  • Wasser, schwarzer Kaffee
  • Tees, insbesondere grüner Tee (ungezuckert!)

Kuhmilch- und insbesondere Molkeprodukte enthalten insulinotrope Aminosäuren, die eine mTORC1-Aktivierung provozieren und die Seborrhö verschlimmern. Gerade bei jungen Männern in der Fitnessszene sind molkebasierte Proteinshakes beliebt – doch sie bauen nicht nur Muskelzellen auf, sondern aktivieren auch Sebozyten. Deutlich besser für die Haut sind dagegen pflanzliche Proteine aus Erbse, Reis oder Hanf sowie Nuss- und Hafermilch. Von Sojamilch rät die Kollegin ab, weil sie insulinotrop wirkt. Günstig für die Haut von Aknepatienten sind Omega-3-Fettsäuren, die einerseits die Freisetzung von IGF-1 drosseln und andererseits die Ausschüttung von antientzündlichen Leukotrienen sowie Prostaglandinen­ fördern. Wichtige Quellen für langkettige Omega-3-Fettsäuren sind Fisch, Meeresfrüchte, Algen, Chia-, Lein- und Hanfsamen. Groß angelegte placebokontrollierte Studien dies­bezüglich, die einen therapeutischen Nutzen der Supplementierung klinisch belegen­, fehlen allerdings bislang. Es gibt Hinweise darauf, dass bei vielen Aknepatienten eine Dys­biose des Darm- und Hautmikrobioms vorliegt. Da die Antibiotika, die in der Aknetherapie eingesetzt werden, zusätzlich die Darmflora stören, diskutiert man, ob sich Probiotika und Präbiotika möglicherweise präventiv und therapeutisch einsetzen lassen. Aber es sind weitere Studien erforderlich, um klare Empfehlungen für eine entsprechende Behandlung geben zu können.

Frisch, pflanzlich und saisonal kochen

Ziel sollte es sein, eine langfristige Umstellung auf frische, pflanzliche, saisonale und möglichst wenig verarbeitete Lebensmittel zu erreichen. Es geht nicht darum, bestimmte Nahrungsmittel als „Superfoods gegen Akne“ zu empfehlen, sondern um eine abwechslungsreiche, pflanzen­fokussierte Kost, betont die Autorin. Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index und reichlich Omega-3-Fettsäuren tun der Aknehaut gut. Auf die Akne­trigger müsse der Patient aber nicht vollständig verzichten. Diätische Empfehlungen werden von den Patienten nicht nur gerne angenommen, sondern geben ihnen auch das Gefühl, selbst etwas zu ihrer Gesundheit beitragen zu können, schließt Dr. Gürtler.

Quelle: Gürtler A. Kompendium Dermatologie 2021; 35-41