Familienplanung bei mitochondrialem Diabetes
Hinter dem Begriff „Mitochondriale Erkrankungen“ verbergen sich über 100 Krankheitsbilder. Sie können fast jedes Organ treffen, folgen aber gewissen Pattern, erklärte Dr. Andrew Schaefer, Universität Newcastle. So sollte es aufhorchen lassen, wenn ein Patient mit Diabetes über Hörprobleme klagt. Dann gehört die Familienanamnese unter die Lupe genommen, ob nicht ein mitochondrialer Diabetes mit Schwerhörigkeit (MIDD) im Erbgang liegt. Ein wichtiger Unterschied zum Typ-2-Diabetes liegt darin, dass die Patienten meist normal- oder untergewichtig sind.
Die weitaus häufigste Mutation im Mitochondriengenom bei Patienten mit Diabetes ist der Austausch m.3243A>G im MTTL1-Gen. Sie führt bei vier von zehn Betroffenen zum MIDD. Andere mögliche Folgen der Mutation: gastrointestinale Störungen im Sinne eines Reizdarmsyndroms, Migräne und Myopathie. Auch schlaganfallähnliche Syndrome und Neuropathien kommen vor, aber wesentlich seltener.
Nicht alle Mitochondrien müssen dasselbe Genom tragen
Es gibt Patienten, bei denen nur wenige Mitochondrien die Mutation aufweisen, und andere, bei denen praktisch alle betroffen sind. Das festzustellen ist wichtig für die Beratung von Patientinnen mit Kinderwunsch. Denn eine Frau aus der zweiten Gruppe hat so gut wie keine Chance, ein gesundes Kind zu gebären, da Mitochondrien über die maternale Linie vererbt werden.
Prinzipiell kann die Medizin einer solchen Patientin verschiedene Optionen anbieten, von der Eispende über Präimplantations- bis zur Pränataldiagnostik. „Pränataldiagnostik sollten Sie nur erwägen, wenn Sie und die Patientin genau wissen, was Sie mit der Antwort anfangen werden“, betonte Dr. Schaefer. Relativ neu entwickelt wurde die Mitochondrienspende, die einzige Lösung für eine Frau, bei der im Rahmen der In-vitro-Fertilisation eine hohe Mutationslast in den Eizellen auffällt. Dazu wird der Pronukleus aus dem befruchteten Ei einer gesunden Spenderin gegen den der Patientin ausgetauscht.
Das Verfahren trägt die Kurzbezeichnung Mito-ART (Mitochondriale Assistierte Reproduktionstechnik) und wird – auch in Deutschland – seit wenigen Jahren angewandt, sodass sich auch erste Schlüsse zum Schicksal der so gezeugten Kinder ziehen lassen. Bisher sieht es gut aus, meinte Dr. Schaefer: „Mit gespendeten Mitochondrien geborene Babys zeigen mindestens bis zum 18. Lebensmonat eine normale neurologische Entwicklung.“ Über Langzeitfolgen wird man erst in 15–20 Jahren mehr wissen.
Quelle: EASD 2018