Heiße Angelegenheit Fieber unklarer Genese ist wie ein Kriminalfall

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Gibt es für Fieber keine naheliegende Ursache, wird oft eine seltene Erkrankung vermutet. Gibt es für Fieber keine naheliegende Ursache, wird oft eine seltene Erkrankung vermutet. © Monstar Studio - stock.adobe.com

Trotz moderner Diagnostik bleibt die Ursache von anhaltendem Fieber oft unklar. Definierte Kriterien helfen, Fieber unklarer Genese (FUG) abzugrenzen. Infektionen, entzündliche Erkrankungen oder Neoplasien können dahinterstecken. Eine gezielte Diagnostik und interdisziplinäre Abklärung sind entscheidend.

Gibt es für Fieber keine naheliegende Ursache, wird oft eine seltene Erkrankung vermutet. Doch meist handelt es sich um ein atypisches oder unerwartetes Symptom einer verbreiteten Krankheit. Um dem Auslöser auf die Schliche zu kommen, bedarf es einiges an Spürsinn.

Das Problem gehört in der Praxis quasi zum täglichen Geschäft: Eine Patientin oder ein Patient leidet unter anhaltendem Fieber, doch auch nach umfangreicher Diagnostik oder nach bereits erfolgten Behandlungsversuchen lässt sich keine Ursache finden.

Ob es sich dann um ein Fieber unklarer Genese (FUG) handelt, entscheiden definierte Kriterien, schreibt eine Gruppe um Prof. Dr. William Wright von der Johns Hopkins University School of Medicine, Baltimore. Diese wurden schon mehrfach überarbeitet. Nach den Delphi-Empfehlungen aus dem Jahr 2024 müssen für ein FUG folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Das Fieber besteht seit mindestens drei Wochen.
  • Die Körperkerntemperatur beträgt 38,3 °C oder mehr bei mindestens drei Messungen.
  • Die Standarduntersuchungen liefern keine Erklärung.
  • Die Patientin oder der Patient ist uneingeschränkt immunkompetent.
    Die möglichen Ursachen für FUG umfassen Infektionen wie Tuberkulose, nicht-infektiöse entzündliche Erkrankungen wie Morbus Still des Erwachsenen, Neoplasmen wie Non-Hodgkin-Lymphome, sonstige Auslöser wie Arzneimittelfieber und nicht diagnostizierte Erkrankungen.

In Südostasien stecken oft Infektionen hinter dem Fieber

Da es geografische Unterschiede bei der Prävalenz der ursächlichen Krankheiten gibt, sollte bei der Abklärung von FUG unter anderem der Wohnort der Betroffenen berücksichtigt werden und eine ausgiebige Reiseanamnese erfolgen. Ein Review aus dem Jahr 2019 ergab zum Beispiel, dass in Ländern Südostasiens mit niedrigem oder mittlerem Einkommen häufiger Infektionen die Ursache eines unklaren Fiebers waren als in europäischen Ländern mit hohem Einkommen. Dort wiederum beruhten FUG öfter auf nicht-infektiösen entzündlichen Erkrankungen.  

Weiterhin gilt es, Komorbiditäten wie Endokarditis, Lymphome oder rheumatisches Fieber zu erfassen. Auch zurückliegende Operationen und die Einnahme von Arzneimitteln sollte man erfragen, auch von nicht verschreibungspflichtigen Präparaten. Im Rahmen einer Familienanamnese lassen sich Hinweise auf genetisch bedingte Ursachen wie das familiäre Mittelmeerfieber finden. Bei Frauen und Mädchen mit Verdacht auf FUG ist außerdem eine geburtshilfliche und gynäkologische Anamnese sinnvoll. Anhaltspunkte bei der körperlichen Untersuchung sind zum Beispiel Gewichtsverlust, Herzgeräusche und pulmonale Anomalien.

Beim Fehlen von Symptomen oder bei Anzeichen auf eine chronische Erkrankung wie eine Anämie oder bei erhöhten Entzündungsmarkern empfiehlt das Delphi-Komitee, folgende Untersuchungen durchzuführen:

  • Die Blutuntersuchung sollte ein  großes Blutbild mit Differenzialblutbild umfassen, ein Stoffwechselpanel einschließlich Kalzium- und Leberfunktionstests, BSG, CRP, reaktives Protein, Ferritin, TSH, Rheumafaktor, antineutrophile zytoplasmatische Antikörper und antinukleäre Antikörper.
  • Die mikrobiologische Untersuchung soll Blutkulturen (mindestens drei Ansätze mit zeitlichem Abstand, Inkubation fünf Tage) beinhalten, Urinanalyse (mindestens ein Ansatz, bei signifikanter Pyurie zusätzlich Kultur), HIV-1/2-Serologie sowie Tuberkulin-Hauttest oder Interferon-gamma-Freisetzungstest.
  • An bildgebenden Verfahren führt man eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens durch und beauftragt eine posteroanterior-laterale Röntgenuntersuchung des Thorax oder die Computertomografie von Thorax, Abdomen und Becken.

Bleibt die Ursache für das Fieber weiterhin unklar oder wird bei der weiteren Aufklärung fachliche Unterstützung nötig, sollte die Überweisung an eine Spezialistin oder einen Spezialisten (z. B. für Infektionskrankheiten oder Rheumatologie) erfolgen. Bei Bedarf können dann weitergehende Untersuchungen wie FDG*-PET/CT, Knochenmarkspunktion und molekulargenetische Tests erfolgen.

Ab ins Krankenhaus bei Symptomverschlechterung

Eine sofortige Klinikeinweisung ist bei Verdacht auf FUG oder bestätigtem FUG angezeigt, wenn die oder der Betroffene hämodynamisch instabil ist oder sich das klinische Bild schnell verschlechtert. Gleiches gilt, wenn die Möglichkeit einer Riesenzellarteriitis oder einer Infektion mit Mycobacterium tuberculosis besteht oder falls bei der Erstuntersuchung eine Immunschwäche oder eine Neutropenie festgestellt wird. 

*18F-Fluordesoxyglukose

Quelle: Wright WF et al. BMJ 2025; 388: e080847; doi: 10.1136/bmj-2024-080847