Sepsis Frühreha auf der Intensivstation starten

Autor: Friederike Klein

Eine Frühreha nach einer Sepsis führt zu signifikant besserem Überleben. Eine Frühreha nach einer Sepsis führt zu signifikant besserem Überleben. © Andrey Popov – stock.adobe.com

Durch eine Früh­rehabilitation lässt sich der post­akute Verlauf einer Sepsis positiv beeinflussen. In der Praxis werden derartige Maßnahmen allerdings nur selten umgesetzt.

Pro Jahr werden in Deutschland ungefähr 320.000 Menschen wegen einer Sepsis statio­när behandelt. Die Krankenhausmortalität beträgt 25 %, insgesamt stirbt etwa jeder Zweite innerhalb des ersten Jahres nach dem Ereignis, erklärte Dr. ­Karsten ­Siemon von der Abteilung Pneumologie, Frührehabilitation und Heimbeatmung am Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft in Schmallenberg.

Das belegen ano­nymisierte Gesundheitsdaten von mehr als 23 Millionen AOK-Versicherten aus den Jahren 2009 bis 2017. Allein 2013/14 waren 159.684 Versicherte im Alter über 15 Jahre wegen einer Sepsis stationär aufgenommen worden, davon knapp 70.000 mit schwerer Sepsis oder septischem Schock. Der Datenpool umfasste darüber hinaus Vorerkrankungen und Diagnosen, die bis zu drei Jahre nach der Sepsis neu auftraten. Der daraus resultierende Behandlungsbedarf wurde ebenfalls ermittelt, erläuterte Dr. Siemon.

Folgeerkrankungen auch bei Patienten unter 40 Jahren

116.507 Patienten konnten nach überstandener Sepsis aus dem Krankenhaus entlassen werden. 86.578 von ihnen erhielten im ers­ten Jahr nach dem Klinikaufenthalt eine weitere Diagnose, meist eine somatische. Zum Teil handelte es sich aber auch um neu aufgetretene psychologische bzw. kognitive Störungen – alleine oder zusätzlich zu anderen Diagnosen. Auch in der Subgruppe der unter 40-Jährigen stellten sich bei 56 % innerhalb eines Jahres nach Entlassung Folgeerkrankungen ein, betonte Dr. Siemon. 

Die Sepsis und ihre gesundheitlichen Folgen beeinflussten zudem die Fähigkeit der Betroffenen, den Alltag selbstständig zu meistern. 74.878 Patienten waren vor dem Ereignis nicht pflegebedürftig, ein knappes Drittel von ihnen (23.572) wurde es jedoch im ersten Jahr danach. Für 13 % bedeutete das den Umzug in ein Pflegeheim.

Die Kosten der Sepsis in den ers­ten drei Jahren – von der stationären Therapie über ambulante Behandlungen und Rehabilitation bis zu Medikamenten und Heilmitteln – beliefen sich auf etwa 29.000 Euro pro Fall. In dieser Berechnung nicht enthalten sind beispielsweise Aufwände für Notfälle, Transport, Hilfsmittel und Pflege sowie indirekte Kosten durch Arbeitsausfälle.

Frührehabilitation könnte die Situation deutlich verbessern. Sie ist bei Sepsis, septischem Schock und schweren Infektionen essenziell, betonte Dr. Siemon. Das belegt unter anderem eine retrospektive Auswertung von Daten der Knappschafts-Krankenkasse.

Bei 83.974 Mitgliedern, die zwischen 2009 und 2016 mit Sepsis, septischem Schock oder schwerer Infektion ins Krankenhaus eingeliefert wurden, lag die Mortalitätsrate fünf Jahre später deutlich höher als bei gesunden Kontrollpersonen. Patienten, die nach der stationären Therapie eine stationäre Rehabilitation bekamen, wiesen ein signifikant besseres Überleben auf als diejenigen, die direkt nach Hause entlassen worden waren. Auch die Morbidität war in dieser Gruppe deutlich geringer.

Eine Frühreha ist bereits auf der Intensivstation möglich, erläuterte Dr. Siemon. Allerdings würde die Option wegen der dünnen Personaldecke häufig nicht genutzt. Für sein Anliegen alles andere als zuträglich sei außerdem, dass die aktuelle Sepsisleitlinie bes­tenfalls in Zusammenhang mit der Prophylaxe und Therapie von pulmonalen Funktions­störungen auf die Möglichkeiten eine Frühreha verweist.

Quelle: 63. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin