Eisenmangel Herz-Kreislauf-Erkrankungen rauben Eisen

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Eisenmangel steht im Zusammenhang mit vielerlei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, von einer Supplementierung scheinen einige Patient:innen zu profitieren. Eisenmangel steht im Zusammenhang mit vielerlei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, von einer Supplementierung scheinen einige Patient:innen zu profitieren. © Rasi – stock.adobe.com

Eisenmangel ist unter Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen weit verbreitet. Insbesondere Herzinsuffizienzpatienten mit reduzierter Ejektionsfraktion scheinen von einer intravenösen Eisensupplementierung zu profitieren. Inwieweit dies auch für andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen gilt, ist bislang unklar.

Grundsätzlich unterscheidet man zwei Formen von Eisenmangel, berichten Prof. Dr. ­Gianluigi ­Savarese vom Karolinska Institutet in Stockholm und Kollegen. Diese sind:

  • absoluter Eisenmangel: erschöpfte Eisenspeicher in Verbindung mit einer Abnahme des Gesamteisenangebots im Körper aufgrund unzureichender Eisenzufuhr mit der Nahrung, gestörter Resorption oder chronischem Blutverlust

  • funktioneller Eisenmangel: vermindertes zirkulierendes Eisen, ggf. in Verbindung mit chronischen Entzündungsprozessen

Im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird Eisenmangel üblicherweise definiert als eine Ferritinkonzentration im Serum von < 100 ng/ml oder eine Ferritinkonzentration von 100–299 ng/ml in Kombination mit einer Transferrinsättigung von < 20 %.

Herzinsuffizienz

Mehr als 60 % aller Patienten mit Herzinsuffizienz (HF) leiden unter Eisenmangel – unabhängig von der Ejektionsfraktion. Studien zufolge ist das Defizit weitaus öfter anzutreffen bei Frauen, älteren Patienten sowie mit zunehmender Krankheitsschwere.

Klinische Ereignisse scheinen eher mit niedrigem Serumeisen und geringer Transferrinsättigung als mit niedrigen Ferritinwerten in Verbindung zu stehen. Generell ist ein Eisenmangel bei HF-Patienten mit einem erhöhten Risiko für Krankenhausaufenthalte verbunden. Bei Betroffenen mit einer reduzierten oder moderat reduzierten Ejektionsfraktion (HFrEF/HFmrEF) ist darüber hinaus die Gesamtmortalität erhöht, selbst wenn keine Anämie vorliegt. 

Die aktuelle Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien spricht nicht für die Gabe von oralem Eisen zur Behandlung des Mangels bei HF-Patienten. Dahingegen zeigte sich, dass i.v. Eisencarboxymaltose (FCM) bei Patienten mit stabiler HFrEF und solchen, die wegen akut dekompensierter HF mit einer EF von < 50 % eingeliefert werden, die Zahl der Krankenhausaufenthalte verringert sowie Lebensqualität, Symptome und Leistungsfähigkeit verbessert.

Koronare Herzkrankheit

Auch Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) sind bis zu 60 % von Eisenmangel betroffen. Es gibt Hinweise darauf, dass zu niedrige Werte mit einem höheren Risiko für ischämische kardiale Ereignisse und kardiovaskulär bedingte Mortalität bei Menschen mit und ohne KHK verbunden sind. Zudem fällt das Remodeling nach einem Herzinfarkt ungünstiger aus. Derzeit gibt es keine Belege, die eine Supplementierung bei KHK-Patienten mit Eisenmangel, aber ohne Anämie unterstützen.

Zerebrovaskuläre Erkrankungen

Die Prävalenz von Eisenmangel bei Patienten mit zerebrovaskulären Erkrankungen liegt schätzungsweise bei rund 45 %. Daten zur pro­gnostischen Bedeutung des Defizits bzw. von dessen Behandlung fehlen bislang. Es wird vermutet, dass der Mangel mit einem schlechteren funktionellen Status verbunden sein könnte. Derzeit besteht für Menschen mit zerebrovaskulärer Erkrankung bei Fehlen einer Anämie keine Indikation zur Supplementierung.

Aortenklappenstenose

Mehr als die Hälfte der Patienten mit Aortenklappenstenose (bis zu 54 %) weisen einen Eisenmangel auf. Ergebnisse zu daraus erwachsenden Folgen sind widersprüchlich. Während der Mangel speziell bei Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose ein prognostischer Marker sein könnte, ist die Aussagekraft für die Prognose allgemein beschränkt. Auf Grundlage der verfügbaren Daten gibt es bislang keine Indikation zur Behandlung von Eisenmangel ohne Anämie bei Patienten mit Aortenklappenstenose.

Vorhofflimmern

Die Prävalenz von Eisenmangel beträgt rund 50 % bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern (VHF) und 30 % bei Patienten mit persistierendem VHF. In der aktuell laufenden ­IRON-AF-Studie soll an mindestens 84 Patienten mit VHF und Eisenmangel untersucht werden, ob sich durch eine intravenöse Supplementierung mit FCM die maximale Sauerstoffaufnahme verbessern lässt. Bislang reichen die Daten für eine Indikation zur Therapie bei VHF-Patienten ohne Anämie jedoch noch nicht aus.

Pulmonale Hypertonie

Bei präkapillärer pulmonaler Hypertonie (PH) liegt die geschätzte Prävalenz von Eisenmangel bei bis zu 75 %. Besonders hohe Werte scheint sie im Zusammenhang mit pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH) zu erreichen, die ihrerseits mit Bindegewebserkrankungen assoziiert ist. Bei idiopathischer PAH ist Eisenmangel unabhängig von dem Vorhandensein einer Anämie u.a. mit einer schlechteren NYHA-Klasse, geringerer Leistungsfähigkeit und einem höheren mittleren pulmonal-arteriellen Druck verbunden. Auf Grundlage der aktuellen Daten gibt es derzeit keine Indikation zur Behandlung eines Eisenmangels ohne Anämie bei PH-Patienten.

Quelle: Savarese G et al. Eur Heart J 2023; 44: 14-27; DOI: 10.1093/eurheartj/ehac569