Die Herzinsuffizienz entwickelt sich schleichend und wird oft zu spät diagnostiziert, gerade in ländlichen Gebieten. Ein Projekt in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern setzt seit Kurzem mobile Diagnostikeinheiten auf dem Land ein. Stellvertretend für das Konsortium wird dafür Professor Dr. Sebastian Kelle vom Deutschen Herzzentrum Berlin für den 1A-Award nominiert.
Die Herzinsuffizienz ist eine tückische Krankheit. Betroffene bringen die Symptome anfangs nicht mit einer Herzschwäche in Verbindung und halten sie z.B. für typische Alterserscheinungen. Zunehmende Abgeschlagenheit und leichte Müdigkeit sind erste Symptome, ebenfalls eine schnelle Gewichtszunahme oder Atemnot. Eigentlich mehrere Gründe für einen Arztbesuch, aber viele scheuen den Weg zum Experten. Bei anderen sind die Anzeichen dagegen oft untypisch, da in diesen Fällen das Herz erst einmal keine Schwächen zeigt. Diese asymptomatische Herzinsuffizienz bleibt häufig lange unerkannt.
MRT mit gleicher Qualität wie in einer Klinik
Seit dem 1. Juli gibt es ein Modellprojekt, das die Früherkennung von Herzinsuffizienz verbessern soll: HerzCheck (www.herzcheck.org). Mobile Trailer mit einem Magnetresonanztomographen (MRT) werden in ländlichen Regionen stationiert.
Die umgebauten Lkw ermöglichen eine MRT in gleicher Qualität wie in einer Klinik. Damit lässt sich eine Herzinsuffizienz schnell und zuverlässig feststellen. Zusätzlich erfolgt eine Blutuntersuchung sowie die Erfassung der Lebensqualität mithilfe von Fragebögen. Der erste Einsatz der innovativen Diagnostikeinheit fand in Templin in Brandenburg statt. Alle Standorte und Termine können auf der Projektwebsite unter www.herzcheck.org/patienten abgerufen werden.
Dieses einmalige Projekt ermöglicht jetzt in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ein innovatives Versorgungsmodell zur Früherkennung asymptomatischer Herzinsuffizienz in der Bevölkerung. „Ziel ist es, bei den betroffenen Patienten so früh wie möglich geeignete Maßnahmen zur Therapie und zur Minimierung von Risikofaktoren einleiten zu können, um so das Auftreten einer Herzschwäche möglichst zu verhindern“, erklärt Prof. Kelle.
Personen mit Risikofaktoren, die bei der AOK Nordost versichert sind, können sich in den mobilen Diagnostikeinheiten untersuchen lassen. Zu den Risikofaktoren zählen Alter (Teilnahme zwischen 40–69 Jahren), Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Nierenschwäche oder erhöhte Cholesterinwerte. Die Untersuchung dauert maximal 15 Minuten und ist schmerzfrei. Eine Gabe von Kontrastmitteln oder Medikamenten ist nicht erforderlich.
Sollte eine asymptomatische Herzinsuffizienz erkannt werden, wird ein sogenannter Versorgungspfad etabliert. Das kann im Einzelfall ein Online-Präventionsprogramm sein, aber auch eine weitere diagnostische Abklärung oder eine Therapie. Ganz wichtig: Eine telemedizinische Vernetzung zwischen kardiologischen Experten, niedergelassenen Ärzten sowie Spezialeinrichtungen für die ambulante und stationäre Versorgung von Herzinsuffizienzpatienten wird sofort hergestellt.
Der „Herzlaster“ dient auch der Forschung. Dabei soll die Veränderung des Grades der Herzinsuffizienz zwischen Erst- und Folgeuntersuchung nach zwölf Monaten gemessen werden. Sekundäre Endpunkte sind unter anderem das Auftreten von kardialen Ereignissen, die Rate an Krankenhauseinweisungen sowie die Lebensqualität der Betroffenen.
Das Projekt unter medizinischer Leitung des Deutschen Herzzentrums Berlin wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses mit über sieben Millionen Euro gefördert. Konsortialpartner sind die AOK Nordost, die Firma medneo als Betreiberin der mobilen MRT-Systeme und der IT-Technologie, das Herz- und Gefäßzentrum Bad Bevensen, die Universitätsmedizin Göttingen sowie die Universitätskliniken Köln und Heidelberg.
„Im Erfolgsfall kann das Projekt dazu beitragen, eine effiziente und kostengünstige Möglichkeit zur Früherkennung der Herzinsuffizienz in Wohnortnähe, auch in strukturschwachen Regionen, zu schaffen“, so Prof. Kelle. Mit einer frühzeitigen leitliniengerechten Betreuung der Patienten können die fachärztliche Versorgung entlastet und der Kostendruck im Gesundheitssystem reduziert werden. „Am wichtigsten ist jedoch das Angebot einer Hochleistungsmedizin im ländlichen Raum, um auf diese Weise auch die Attraktivität vor Ort sowie die Lebensqualität für die Patienten, aber auch die Möglichkeiten der behandelnden Ärzte zu stärken.“