Digitale Nachsorgekonzepte Amputation – was nun? Hier kommen die Antworten!
© Die sogenannte Spiegeltherapie hilft, Phantomschmerzen nach Amputationen in den Griff zu bekommen.
Nach einer Amputation ist nichts mehr, wie es vorher war. Das Unternehmen Routine Health hat das zum Anlass genommen, eine Telereha zu entwickeln. Ursprünglich als Forschungsprojekt gestartet, sind die Düsseldorfer inzwischen die erste Adresse für Eigentraining nach einer Amputation. „Als wir 2013 mit dem Projekt ‚Telereha-Phantomschmerz‘ begannen, hatten wir noch keine Idee davon, dass wir durch die Digitalisierung ein so hochwertiges Angebot entwickeln können“, erklärt Ilja Michaelis.
Der Nominierte
Ilja Michaelis studierte in Bristol (England) Jura und hatte schon immer eine große Affinität zu IT und digitalen Lösungen. Er war viele Jahre in Indien und Singapur als Unternehmensberater tätig, bevor er 2011 begann, sich dem Thema digitale Gesundheitsanwendungen zu widmen. Daraus wurde 2018 die Routine Health GmbH.
Die größte Herausforderung dabei war nicht die digitale Abbildung der therapeutischen Übungen, sondern die Motivation der Patienten. Laut Studien setzen bis zu 80 % der Betroffenen ihre Therapieübungen zu Hause nicht fort. Und genau da setzt die „Routine Reha-App“ an, indem sie digitale Anreize zum täglichen Eigentraining schafft.
„Das Schöne an der App ist, dass man wirklich überall trainieren kann. Es hilft mir ganz einfach und schnell gegen meine Phantomschmerzen. Für mich gehört das Training zu meiner Morgen-Routine“, sagt Dr. Thomas Frey, sogenannter Peer Coach bei Routine Health, von Haus aus Agrarbiologe und selbst am Oberschenkel amputiert. „Die Therapieerfolge stellen sich ein und bedeuten für jeden ganz persönlich eine deutlich höhere Lebensqualität.“ Im Idealfall werden Phantomschmerzen reduziert, die Patienten können zu einem selbstbestimmten Alltag zurückkehren.
Durch die App wird Menschen mit einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS) und Phantomschmerzen ein stark motivierendes Eigentraining zur Verfügung gestellt. „Die Patienten können die Trainings in ihren Alltag integrieren, das war uns wichtig“, unterstreicht Geschäftsführer Michaelis. So ist die digitale Anwendung eine perfekte Ergänzung zu der ambulanten Therapie, kann aber auch in der langfristigen Nachsorge eingesetzt werden. Vor allem Berufsgenossenschaften sehen einen konkreten Nutzen in dem Programm und sind bereit, in Kooperationen mit Routine Health zu investieren. Inzwischen hat das zehnköpfige Team das Angebot erweitert: Nutzen Patienten die Software, ist ein persönliches Coaching der Experten inklusive.
Zweite App mit Antworten rund um die Amputation
Die Erkenntnis bei fast jedem Gespräch: Es existieren zum Thema Amputation unzählige Alltagsfragen, die fast alle Betroffenen beschäftigen. Und deshalb wurde ein wichtiger Punkt hinzugefügt – ein Servicesektor. Erfahrungsgemäß durchlebe jeder Mensch nach einer Amputation ein absolutes Tief, erklärt Peer-Coach Dr. Frey. Dabei geht es nicht nur um Fragen an Mediziner oder Therapeuten, sondern auch um das Leben nach der Amputation. Das Team hat schnell festgestellt, dass es mehr ist als nur ein Reha-Anbieter. Und so entstand die Idee zu einer weiteren App – mit Antworten rund um eine Amputation. „Wir möchten Orientierung auf den ersten Schritten in der neuen Lebenssituation geben“, schreiben die Macher auf ihrer Homepage (https://routine.health). Hierfür sammelte Dr. Frey über einen Monat lang alle Fragen, die Betroffene nach der Amputation stellen. Ob zur Beantragung eines Behindertenparkplatzes oder zum Umgang mit Freunden oder der Familie. Und die Liste ist noch nicht vollständig. Soll sie auch nicht sein, das Ziel: eine ständige Weiterentwicklung. Um das zu erreichen, kann die Routine Health auch auf die Erfahrungen des Bundesverbandes für Menschen mit Arm- oder Beinamputation e.V. (BMAB) bauen, der an dem Smartphone-Programm mitgearbeitet hat. „Eine umfangreiche App zum Thema Amputation gab es bisher nicht, ‚Amputation – was nun?‘ füllt hier eine Lücke, die geschlossen werden musste“, sagt Detlef Sonnenberg, Vizepräsident des BMAB, auf den Seiten des Vereins (https://www.bmab.de). Und wie sehen die Pläne für die Zukunft aus? „Aktuell erforschen und entwickeln wir Handtherapie-Lösungen, die auf Augmented Reality basieren“, erklärt Ilja Michaelis. Dabei handelt es sich um motivierende Therapiespiele, die Koordination, Feinmotorik und Beweglichkeit der Patienten trainieren sollen. Ein neuer Meilenstein für das Team der Motivations-Profis aus Düsseldorf.1A-Award
Der 1A-Award wird von 1 A Pharma in Kooperation mit der Medical Tribune, der Deutschen Apotheker Zeitung und PTAheute für Verbesserungen der medizinischen Versorgung in Deutschland verliehen – in den Kategorien „Arzt“ und „Apotheke“. In der Medical Tribune werden fünf nominierte Projekte in der Kategorie „Arzt“ vorgestellt. Eine unabhängige Jury entscheidet über die Gewinner.