Die neue Gewaltopferambulanz agiert nicht isoliert, sondern kann sich eines großen Netzwerks bedienen. „Wir stehen in engem Kontakt mit Jugendämtern, Frauenhäusern, Hausärzten und natürlich den Ambulanzen für Pädiatrie und Gynäkologie unserer Uniklinik hier in Ulm. Obwohl es dauern wird, bis unser Angebot weitreichend bekannt ist, haben bereits einige Betroffene unser Angebot in Anspruch genommen“, resümiert Prof. Kunz. „Unser Ziel ist es, überregional Opfern von Gewalt zu helfen“, so der Chef der Rechtsmedizin weiter.
Die Gewaltopferambulanz bietet werktags von 9:00 bis 16:00 Uhr nach telefonischer Anmeldung unbürokratische und kostenlose Hilfe. Melden kann sich jeder, der körperliche Gewalt erfahren hat und die Spuren dokumentieren lassen möchte. „Erfahrungsgemäß sind das eher Frauen, was jedoch nicht heißt, dass Männer nicht betroffen sind. Bei ihnen ist die Hemmschwelle, Hilfe zu suchen, nur deutlich höher“, erklärt Prof. Kunz.
Er erwähnt auch, dass gerade Frauen mit Migrationshintergrund manchmal gar nicht wissen, dass man in Deutschland Misshandlungen zur Anzeige bringen kann.
Für die Ambulanz wurden eigene Räumlichkeiten am Standort Michelsberg ausgebaut und renoviert, sodass nun ein Wartebereich und ein speziell ausgestattetes Untersuchungszimmer zur Verfügung stehen. Geleitet wird die Station von der Rechtsmedizinerin Anna Müller.
Trotz des persönlichen Engagements des Teams um Prof. Kunz war die Einrichtung der neuen Gewaltopferambulanz nur möglich, weil das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration in Baden-Württemberg das Projekt finanziell unterstützt – mit 450.000 Euro bis Ende 2021.
Der Baden-Württembergische Sozialminister Manfred Lucha überzeugte sich selbst vor Ort davon, wie notwendig eine solche Institution ist. „Gerade die Möglichkeit der verfahrensunabhängigen und gerichtsfesten Spurensicherung sehe ich als entscheidenden Schritt zu einem besseren Opferschutz“, so der Minister. „Da Opfer von Vergewaltigungen oder sexueller Gewalt häufig die Anzeigeerstattung unmittelbar nach der Tat scheuen und selten den direkten Weg in eine Klinik zur medizinischen Notfallversorgung suchen, bietet die Gewaltambulanz ein wichtiges Angebot.“